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Die Versteckte Stadt: Thriller

Die Versteckte Stadt: Thriller

Titel: Die Versteckte Stadt: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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Untergrund der Stadt eingestiegen, zumindest hätte sie ihnen gegenüber das angedeutet. Und in einem Punkt passt diese Angabe für Butz auch tatsächlich ganz gut ins Bild: Das Klinkerbaustein-Häuschen befindet sich kaum zehn Minuten Fußweg von dem Parkplatz entfernt, auf dem man Nadjas Leiche gefunden hat.
    „Gab es denn in Berlin damals noch mehr von diesen Abhörtunneln?“ Butz und der Beamte steigen die Eisentreppe hinab, die Stufen klirren. „Außer dem hier und dem in Rudow, meine ich.“
    Butz hört den Beamten vor ihm lachen. „Wer weiß! Je mehr im Boden unter der Stadt herumgewühlt wird, auf desto mehr Überbleibsel stoßen wir ja.“
    Der Beamte hat Butz erzählt, dass der Tunnel, in den sie gerade hinabsteigen, von den Amerikanern im Kalten Krieg benutzt worden ist, um unter der Sektoren-Grenze zwischen Ost- und West-Berlin hindurch unbemerkt in den Ost-Teil der Stadt zu gelangen. Und zwar aus nur einem Grund: Um sich dort bis zu den Telefonleitungen vorzugraben, die zwischen Ost-Berlin und Moskau verliefen, und sie abzuhören. Gerade so, wie es der amerikanische Geheimdienst bereits in den fünfziger Jahren in dem Rudower Tunnel getan hatte.
    „Dabei haben sie diesen Tunnel hier aber gar nicht erst graben müssen.“ Der Beamte bleibt stehen und sieht sich zu Butz um, der Strahler auf seinem Helm ist jetzt eingeschaltet. „Der Tunnel hier ist viel älter als der in Rudow, er stammt noch aus den vierziger Jahren.“ Der Beamte deutet an die Wand - und als Butz den Kopf wendet, kann auch er es erkennen: Hinweisschilder, die direkt auf die Tunnelwand gemalt worden sind, Beschriftungen in altdeutschen Buchstaben: ‚Ausgang‘, ‚Bunker‘, ‚Klinik‘ …
    „Die Spionageabwehr im Osten hatte keine Ahnung, dass der Tunnel existierte. Die Pläne waren nach dem Krieg im Westen geblieben. So konnten die Amerikaner ohne Schwierigkeiten die bereits existierende Röhre benutzen, um unterirdisch bis in den anderen Teil Berlins einzudringen, ohne dass irgendjemand, geschweige denn die Dienste der DDR, das mitbekam.“
    „Und was war das ursprünglich?“
    „Der Tunnel hier?“
    Butz nickt.
    „Das hat zum sogenannten ‚Gesamtbauplan Reichshauptstadt‘ gehört. Hitlers größenwahnsinnige Vision.“
    „Germania.“
    „Hieß das so?“ Der Beamte kneift ein Auge zusammen. „Oder wurde der Name erst später dazu erfunden?“ Er winkt ab. „Wie auch immer. Der Tunnel gehörte jedenfalls zum Verkehrswesen - die große Ost-West Achse. Da sollten ja gigantische Eisenbahnlinien bis weit nach Russland verlegt werden, die sogenannte Breitspurbahn. Züge so groß wie Schiffe, mit denen Hitler meinte, Waren in riesigen Mengen aus der Gegend hinter dem Ural nach Deutschland karren zu können. Alles ein Irrsinn natürlich, fast nichts ist über das Stadium der Planung hinausgekommen. Aber ein bisschen haben sie damals doch schon angefangen, haben Friedhöfe umgesetzt, Wohnungen geräumt, den Boden probebelastet, ob er das Gewicht dieser Irrsinns-Bauten überhaupt tragen kann … Und sie haben begonnen, ein paar von diesen Tunneln zu graben, die bis heute nicht alle erschlossen sind.“
    Butz sieht an dem Beamten vorbei in die schwarze Röhre, die sich vor ihnen in den Untergrund bohrt. Für einen Augenblick hat er das Gefühl, sehen zu können, wohin die Röhre führen sollte, wie Berlin angeschlossen werden sollte an die unermesslichen Steppen Russlands, wie die gewaltigen, zweistöckigen Züge der Breitspurbahn bis nach Moskau und darüber hinaus rollen.
    Er zwingt sich zurück in die Gegenwart. „Kann es sein, dass jemand hier reinkommt?“
    „Klar“, der Beamte lässt die Schlüssel klingeln, die er in der Hand hält. „Vorn ist zwar ein Sicherheitsschloss - aber der Schlüssel geht durch viele Hände … “ Er setzt sich wieder in Bewegung. „Immerhin haben wir vor kurzem eine Anlage installiert - da!“ Ohne stehen zu bleiben, weist er auf eine kleine Überwachungskamera, die oben an der Tunnelwand angebracht ist.
    „Und die geht?“
    „Ich denke schon.“
    „Kann ich die Bilder sehen?“
    „Was denn jetzt?“ Der Beamte bleibt stehen und schaut Butz zweifelnd an. „Bilder checken oder Tunnel abgehen?“


     
    Es gibt zwar einen Plan von dem Tunnel, aber der Mann von der Stadtverwaltung leugnet nicht, dass die Angaben unvollständig sind. „Das ganze System der Tunnel, Gänge und Röhren ist nie systematisch erschlossen worden. Wo es überall Zugänge gibt - das allein festzustellen ist

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