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Die Verstoßenen (Verlorene Erinnerungen) (German Edition)

Die Verstoßenen (Verlorene Erinnerungen) (German Edition)

Titel: Die Verstoßenen (Verlorene Erinnerungen) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Arnold
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euch bleibt nicht mehr viel Zeit.“ Mit diesen Worten kehrte
er ihnen den Rücken zu und steuerte auf einen der anderen Busse weiter hinten
zu.
    „Was war das denn eben?“, fragte Ceela verwundert.
    „Keine Ahnung. Aber ich habe langsam Zweifel, ob ich unsere Lage
vielleicht doch unterschätzt habe.“ Sorgenfalten traten auf Jays Stirn hervor.
    Ceela lachte und sagte:
    „Du bist doch stark und groß und …dir wird schon nichts passieren. Mach
dir da mal keine Gedanken!“ Sie lachte immer noch. Als Jay nicht mitlachte,
verstummte sie. Dieses bedrückende Schweigen trat ein, als sie endlich begriff,
was er meinte.
    „…Es geht um mich, ich verstehe…“, hauchte sie leise.
    „Ich mache mir ernsthaft Gedanken. Du bist blind, verstehst du? Blind!
Wie willst du denn bitte diesen Test bestehen…?“, keuchte Jay verzweifelt.
    „Was für einen Test denn bitte?“ Sie wollte es einfach nicht verstehen.
    „Diese Probephase, die Jason erwähnt hat, im Venus-Raum, er meinte,
wenn man das nicht schafft, ist man eine Belastung für die Gruppe, gefährdet
die anderen und man wird aus der sicheren Dorfgemeinschaft verbannt…“
    Sie schwieg, nahm alles in sich auf. Ihr Gesicht verkrampfte sich.
    „Ich schaff das schon, ich kann das! Warum vertraust du mir nicht? Ich
bin nicht bemitleidenswert oder eine Belastung für die Gruppe, okay? Was denkst
du dir eigentlich? Sehe ich denn wirklich so erbärmlich aus? Werd erwachsen,
Jay! Ich brauch keine Hilfe! …“ schnaubte sie und drehte sich hastig um. Sie
stampfte los.
    „Fall nicht hin!“, schrie ihr Jay noch nach, nur weil er sich sorgte,
wie sie so blind durch die Gegend wanderte.
    „Ich glaub es nicht! Warum verstehst du das denn nicht?! Ich brauch
deine Hilfe nicht! Such‘ dir jemand neuen zum Bemuttern!“ Sie hielt sich an dem
Außengeländer des Busses fest und marschierte mit schnellem Schritt, weg von
ihm, bis sie schließlich hinter dem Bus verschwand. Jay stand reglos da, an
derselben Stelle wie die Minuten zuvor. Er rührte sich nicht. Er musste alles
verarbeiten. Er wollte ihr nur helfen, machte sich Sorgen. Er unterschätzte sie
nicht, er wusste nur einfach nicht, wie man als Blinder so etwas überstehen
konnte. Er wusste nicht, was er von dieser Probephase halten sollte. Er wollte
die Umstände nicht mildern, machte sich auf das Schlimmste gefasst. So konnte
er nicht unangenehm überrascht werden. Ein Rauschen durchbrach die Stille. Ein
starkes konstantes Rauschen. Abrupt stoppte das Rauschen und eine Stimme
ertönte. Jason. Er stand im Bus und sprach in den Voluminizer. Dieser SD-Karten
große Verstärker gab seine Stimme bis zu zehnmal so laut wieder. Allerdings war
bei dieser Durchsage die Lautstärke nicht ganz aufgedreht. Der Voluminizer 
schickt die aufgenommene Stimme in Millisekunden an die Empfänger weiter, die
das Tonmaterial auswerten und wie eine Art Lautsprecher ertönen lassen. Sechs
Empfänger waren installiert. Jeweils einer außen und einer innen, an jedem Bus.
Jay blieb an seinem Platz, etwas entfernt von den Bussen, stehen und folgte
gebannt den Worten des Reservaten-Leiters:
    „Alle mal herhören! Sowohl die, die wach sind, als auch die, die ich
eben geweckt habe! Also, wir durchqueren noch diese Waldebene und dann folgt,
neben den Rocky Mountains, die unbarmherzige Wüste, dort ist es sehr heiß an
den Tagen und nachts wird es extrem abkühlen. Wir teilen die passende Kleidung
nun aus, also begebt euch bitte alle auf eure Plätze und bleibt dort, bis die
nächsten Anweisungen folgen. Vielen Dank.“
    Dann brach das Sprachsignal ab und das Rauschen ertönte kurz, doch die
Voluminizer wurden früh abgestellt, aber die erwartete Stille trat nicht ein,
es herrschte gewaltige Unruhe, Lärm, denn alle stürmten auf ihre Plätze und
schrien und lachten und stolperten durch die Gegend. Jay verstand diese Leute
nicht. Waren sie immer so oder hatten sie etwa Angst, sie würden keine Kleidung
mehr abbekommen, wenn sie zu spät kommen? Er lief gemütlich in Richtung
Fahrzeug, trödelte. Er wollte Ceela nicht mehr ins Gesicht gucken, nachdem er
sie so verletzt hatte, unbeabsichtigt natürlich. Egal. Er würde sich einfach
still zu ihr setzten und schweigen. Sie würde gar nicht merken, dass er da ist.
Sie konnte ihn nicht sehen. Die Hände in den Hosentaschen, schlenderte er zum
Bus, stieg durch die Vordertür ein und schlurfte langsam durch den Gang, darauf
bedacht, keinen Laut von sich zu geben. Er steuerte die vorletzte Sitzbank

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