Die Versuchung
ganz aufgeben.“
„Das wäre in der Tat sicher das Beste für dich“, sagte seine Schwester. „Sowohl der Papa als auch die Mama können sehr hart sein in diesen Dingen, wie du weißt. Sag einfach diesen Ausflug mit den Rosenbergs unter irgendeinem Vorwand ab und komm mit uns nach Hohenfels.“
„Nein!“
„Du bist also fest entschlossen, morgen mit ihnen zu reisen?“
„Ja, das bin ich.“
„Wenn das so ist, dann werde ich versuchen, mit dem Papa zu reden, sobald du fort bist. Wenn ich ihm schmeichle, wird er vielleicht nicht allzu wütend sein, und wenn ich ihm erkläre, dass du sehr unglücklich, geradezu verzweifelt bist ...“
„Ja, sag ihm, dass ich mich in einem Zustand tiefster Verzweiflung befinde, und zu allem bereit bin! Sag ihm, ich hätte davon gesprochen, mit Isabelle nach Amerika auszuwandern. Sag ihm, was du willst, Schwesterherz, wenn du ihn damit irgendwie erweichen kannst. Und nun wollen wir einen Spaziergang machen, und du sollst meine Pläne für die Zukunft erfahren.“
Hamilton blieb zurück, hörte aber noch, wie Zedwitz sagte: „Ich werde natürlich die Armee verlassen. Vater wird mir wahrscheinlich Schloss Wolfstein geben, da er sich in den Bergen sowieso nicht besonders wohl fühlt. Das wäre mir sehr recht, das ist auch ganz in der Nähe der Zanders.“
Am nächsten Morgen reiste Herr Rosenberg unmittelbar nach dem Frühstück ab. Er schien mit der Vereinbarung seiner Frau einverstanden zu sein, denn als er Hamilton zum Abschied die Hand reichte, sprach er davon, dass er ihn ja in Kürze in München wiedersehen werde.
Die kleine Reisegruppe, bestehend aus der Familie Rosenberg, Major Stutzenbacher, Hamilton und Zedwitz, bestieg ihre Kutschen und stieg in Traunstein in einen großen geschlossenen Wagen um, der Char-à-banc genannt wurde. Es war schon recht spät am Nachmittag, als sie das Bauernhaus erreichten, in dem der Kutscher und seine Pferde übernachten sollten, während sie ihren Weg zu Fuß fortsetzten. Der Pfad war steiler als erwartet und die Hitze drückend. Isabelle, Sophie und die Knaben mit dem Kindermädchen erwiesen sich als gute Fußgänger, Major Stutzenbacher schien die Hitze jedoch stark zuzusetzen. Madame Rosenberg entschied schließlich, dass es wohl das Beste sei, wenn er sich im Schatten ein wenig ausruhe, während die Übrigen ihre Wanderung fortsetzten, um gegen Abend ihr Ziel zu erreichen. Sie würde ihm einen Bergführer dalassen.
Sophie pflückte gemeinsam mit ihrer Schwester und den Jungen Brombeeren. Wie zufällig ergab es sich, dass Isabelle und Zedwitz schließlich in einiger Entfernung an der Spitze der Gruppe gingen, dahinter folgten Sophie und Hamilton. Ohne den Major wirkte sie wieder völlig unbefangen, und sie plauderte von diesem und jenem und auch davon, dass Isabelle sich manchmal für ihre Stiefmutter schäme, weil sie so furchtbar gewöhnlich sei.
„Aber eigentlich scheint sie doch eine ganz gutmütige Person zu sein“, sagte Hamilton.
„Ja, vielleicht – aber Isabelle kann gutmütige Personen nicht leiden.“
„Wirklich? Darf ich fragen, was für Personen sie überhaupt leiden kann?“
„Ich weiß nicht, ob ich Ihnen das sagen darf.“
„Warum sollten Sie es nicht dürfen? Ist es ein Geheimnis?“
„Nein, eigentlich nicht. Es ist ja auch nichts dabei, wenn man eine Vorliebe für Barone und Grafen hat.“
„Nein, sicher nicht. Aber wenn das so ist, dann werden ihr die Aufmerksamkeiten von Graf Zedwitz sicher zusagen.“
„Das weiß ich nicht. Isabelle spricht nie von diesen Dingen, obwohl sie von mir alles ganz genau wissen will ... Ich habe die alte Gräfin Zedwitz gestern im Garten mit ihr sprechen sehen – es sah aber nicht so aus, als wäre es eine angenehme Unterhaltung, beide waren ziemlich blass. Ich habe sie gefragt, worüber sie gesprochen haben, aber sie wollte es mir nicht sagen.“
„Sie wissen also nicht, was Ihre Schwester von Zedwitz hält?“
„Nein. Sie hat nur einmal gesagt, dass ein Mann für sie nicht unbedingt schön sein muss.“
„Das würde auf ihn passen. Aber er ist ihr so ergeben, dass sie ihn allein deshalb für unwiderstehlich halten könnte.“
„Ich weiß nicht, ob das die richtige Art ist, um Isabelle zu gefallen.“
„Wie kommen Sie darauf?“
„Einmal, als wir die Schule verließen, hat sie zu einer Freundin gesagt, sie könne nur einen Mann lieben, vor dem sie auch Respekt habe!“
Isabelle, Zedwitz und Franz gingen weit vor ihnen, Madame Rosenberg, das
Weitere Kostenlose Bücher