Die Versuchung der Hoffnung
zu erwischen, um dann die Gelegenheit zu ergreifen, mich nach allen Regeln der Kunst auszuquetschen. Aber sie bekommt keine Chance dazu, denn John hat den Arm fest um mich gelegt und lässt mich nicht los.
Nachdem unsere Becher irgendwann leer sind, machen wir uns wieder auf den Weg zurück zum Parkplatz. Ich bekomme das alles nur am Rande mit, denn die ganze Zeit drehen sich meine Gedanken nur darum, was ich wohl gesagt hätte, vorhin am Telefon, wenn ich mich tatsächlich hätte entscheiden müssen: Wäre ich mit ihm mitgegangen? Oder hätten meine Bedenken gewonnen und ich wäre mit Valerie heimgefahren? Und vor allem: Wie entscheide ich mich jetzt? Denn noch stehen mir ja nach wie vor beide Möglichkeiten offen. Noch immer stehe ich auf dem Parkplatz herum und bin weder in ihr, noch in sein Auto gestiegen.
Valerie und Frank fachsimpeln über irgendeinen Song von irgendeiner Band, die ich nicht kenne, während ich mich an Jonathan kuschle und so tue, als würde ich zuhören. Was natürlich nicht den Tatsachen entspricht. Ich grüble und grüble und komme doch zu keinem Ergebnis. Um dabei keine auffälligen Löcher in die Luft zu starren, betrachte ich mit gespieltem Interesse die in der Dunkelheit hell erleuchteten Beschriftungen der einzelnen Jahrmarktbuden.
„Playing Games“ steht in strahlendem Hellblau an einem Stand, bei dem man vermutlich irgendetwas gewinnen kann. Spiele spielen.
Aus irgendeinem Grund lese ich den Schriftzug noch ein zweites und dann ein drittes Mal. Und dann wird mir plötzlich etwas klar: Spielchen zu spielen ist nicht mein Ding. Zumindest nicht, wenn es um Beziehungen oder Ähnliches geht.
Ich meine, klar kann es beim Sex mal ganz reizvoll sein, jemanden zappeln zu lassen, den Moment der Erfüllung hinauszuzögern oder so etwas in der Art. Aber nicht bei einem Date. Wenn mich jemand hinterher nur deshalb haben will, weil er denkt, ich sei unmöglich zu bekommen: Was bringt mir das langfristig?
Es bringt mir rein gar nichts.
Ich weiß auch dann nicht, ob er es ehrlich mit mir meint, oder ob ich nur seinen Jagdinstinkt geweckt habe.
Man kann also letztendlich nur eines damit erreichen: dass sich jemand mal kurzfristig mehr Mühe gibt. Echte Gefühle kann man doch in niemandem erwecken, indem man sich ziert und rarmacht. Denn wenn man auf eine Beziehung aus ist, kommt man ja zwangsläufig irgendwann an den Punkt, an dem man nicht mehr schwer zu haben ist.
Ich habe auf solche Spielchen keine Lust. Ich will mir keine Gedanken darüber machen müssen, ob ich jetzt drei Tage warten muss, bis ich mich das nächste Mal bei ihm melden kann, oder ob ich mich besser nicht melden sollte, weil er an der Reihe ist. Ich will es dann tun können, wenn mir danach ist. Und entweder klappt es, oder es klappt eben nicht. Aber zumindest muss ich mich dann nicht verstellen und verbiegen.
Und wenn er mich für ein Flittchen hält, weil ich gleich am ersten Abend mit ihm ins Bett gegangen bin … Tja, was soll ich sagen? Mit einem Typen, der in so antiquierten und stereotypen Bahnen denkt, würde ich sowieso keine Beziehung führen wollen. Wenn es so sein sollte, dann weiß ich wenigstens Bescheid und weiß, woran ich bei ihm bin. Hat er ernsthaftes Interesse an mir, wird er das auch noch haben, wenn ich jetzt mit ihm mitgehe.
Und wenn er nur auf das eine aus ist … Naja, dann hätte ich zumindest mal wieder Sex.
Als könne er meine Gedanken lesen, dreht sich John in genau diesem Moment zu mir um und küsst mich. So intensiv, dass mir die Knie weich werden.
Herr im Himmel, hilf!
Dann hätte ich nicht nur mal wieder einfach Sex, sondern ich wage zu prophezeien, dass ich dann sogar sehr guten Sex hätte.
Die Entscheidung ist also ganz einfach. Das Leben ist ohnehin viel zu kurz und ich bin meistens viel zu brav.
„Ich sollte mich langsam auf den Heimweg machen“, flüstert Jonathan in mein Ohr, wobei seine Lippen mich streicheln und kitzeln. Mein ganzer Körper beginnt zu kribbeln.
„Gut. Ich finde auch, dass wir fahren sollten.“
Ich nehme wahr, dass er einen kurzen Moment irritiert den Atem anhält, aber ich war wohl nicht eindeutig genug. Also ziehe ich ihn noch ein bisschen näher heran und küsse ihn auf eine Art, die im Prinzip keine Zweifel mehr an meinen Plänen zulassen dürfte.
„Oder hast du es dir anders überlegt und willst mich doch nicht mehr mitnehmen?“ Das sollte jetzt aber wirklich eindeutig genug gewesen sein. Als er mich einen Moment von sich wegschiebt, setzt mein
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