Die Versuchung der Hoffnung
Herz für ein paar Schläge aus und fängt dann in einem dreimal so schnellen Rhythmus wieder an zu schlagen.
John lässt mich kurz los und geht ohne eine Antwort auf meine Frage ein paar Schritte auf Frank und Valerie zu. Dann dreht er sich plötzlich noch einmal zu mir um, kommt zu mir zurück und küsst mich.
„Bleib genau hier stehen. Und rühr dich nicht vom Fleck. Ich bin gleich zurück.“
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Sie kommt tatsächlich mit! Nie im Leben hätte er damit gerechnet. Er war fest davon ausgegangen, dass sie ihn würde zappeln lassen, wie alle braven Mädchen das eben machen. Normalerweise ist es so vorhersehbar, dass es beinah schon langweilig ist. Genau wie es der Sex mit solchen Mädchen meistens ist. Im Prinzip den Aufwand kaum wert.
Hope war bisher in vielerlei Hinsicht eine angenehme Überraschung. Nicht zuletzt, weil er so stark auf sie reagiert. Ungewöhnlich stark. Im Moment will er sie so sehr, dass es beinah schon wehtut. Ob das nun gut oder schlecht ist, das wird sich wohl erst noch herausstellen.
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Wie angewurzelt bleibe ich an exakt der Stelle stehen, die John mir zugewiesen hat. Er spricht zu leise, als dass ich verstehen könnte, was er zu seinem Freund sagt. Aber ich kann sehen, dass dieser grinsend mit den Schultern zuckt, während Valeries Kopf hochschießt und sie mit hochgezogenen Augenbrauen meinen Blick sucht. Als ich breit lächelnd kurz hinüberwinke, stellt sich auch auf ihrem Gesicht ein Grinsen ein.
„Viel Spaß!“, formt sie dann stumm mit den Lippen und gibt mir anschließend ein Zeichen, dass ich sie morgen anrufen soll.
Was ich natürlich ohnehin getan hätte, auch ohne ihre Aufforderung. Ich bin zwar nicht sonderlich redselig, aber über solche Dinge kann selbst ich nicht schweigen.
Bis John wieder zurück bei mir und seinem Auto ist, dauert es weniger als eine Minute. Er küsst mich noch einmal, bevor er mir die Beifahrertür öffnet.
Mit hoher Wahrscheinlichkeit werde ich heute Abend noch Sex haben!
Dieser Gedanke bildet sich klar in meinem Kopf und scheint sich dann aufregend und warm kribbelnd in meinem Bauch fortzusetzen.
Und vielleicht wird es sogar mein allererster One-Night-Stand sein!
Langsam rollen wir vom Parkplatz und ich winke Valerie noch einmal kurz zu, die mich noch immer breit grinsend anstarrt. Ich komme mir gerade wahnsinnig verwegen vor. Und ich freue mich darüber wie ein kleines Kind.
Die halbe Fahrt über sitzen wir schweigend nebeneinander und mein Hochgefühl weicht einer gewissen Unsicherheit. Eine Fahrt von über einer Stunde kann unendlich lang werden und man hat genug Zeit, sich über alle möglichen Entscheidungen Gedanken zu machen. Seufzend streiche ich mir mein Haar aus dem Gesicht und frage mich, ob die Idee, mit John mitzugehen, wirklich so gut war, wie sie mir vorhin vorkam.
„Alles in Ordnung bei dir?“ Vermutlich hat ihn mein Seufzen irgendwie alarmiert und jetzt wirft er mir einen leicht besorgten Seitenblick zu.
Bestimmt macht er sich Gedanken, ob ihm seine Beute doch noch wieder entkommt.
Ich seufze noch einmal. „Normalerweise mache ich das nicht …“
„Was, seufzen?“ Seine Lippen kräuseln sich leicht amüsiert.
„Nein. Beim ersten Date mit jemandem mitgehen.“
Ich hätte erwartet, dass er jetzt seufzt, weil er das bestimmt ständig hört, aber er wirft mir nur einen kurzen Seitenblick zu.
„Fühlst du dich unwohl damit?“
„Ein bisschen. Ja“, gebe ich ehrlich zu und John nickt nur, dann scheint er kurz nachzudenken.
„Gibt es für dich einen festgelegten Zeitraum, der zwischen zwei Dates liegen muss?“
Verwundert über diese Frage drehe ich meinen Kopf in seine Richtung und sehe ihn an.
„Nicht dass ich wüsste. Nein.“
„Und nur mal rein theoretisch betrachtet: Würde eine Einladung zu einem Glas Wein bei Kerzenlicht und Mondschein für dich prinzipiell als Date zählen?“
„Prinzipiell schon. Warum fragst du?“
Warum fragst du. Wie nett. Die Frage, die jeden Mann in den Wahnsinn treibt.
John nimmt es wie ein Mann: Er tut so, als hätte er mein nerviges Nachgefrage gar nicht gehört. Irgendwann hält er irgendwo im Nirgendwo an und stellt kommentarlos den Motor ab. Da ich nicht so wirklich weiß, was wir hier wollen, bleibe ich so lang sitzen, bis John von außen die Tür aufmacht und mir die Hand entgegenstreckt.
Er führt mich zu einer Holzbank, die hier unter einem großen Baum steht, der im Sommer bestimmt ein grünes Dach bildet, dessen unbelaubte Äste jetzt aber den
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