Die Versuchung der Hoffnung
One-Night-Stands mit ihm habe ich offenkundig einen wichtigen Faktor außer Acht gelassen: Nämlich den, dass Menschen Gefühle haben und dass diese manchmal Dinge mit uns anstellen, die wir nicht über unseren Verstand steuern können.
Kapitel 13
Zwar ist die große Prüfungswelle vorbei, aber an der Uni gibt es trotzdem noch jede Menge zu tun. Ich bin froh, dass ich dadurch kaum Zeit habe, um mich in Grübeleien über irgendetwas zu verlieren.
Naja, nicht über irgendetwas. Sondern über Jonathan Petterson.
Erstaunlicherweise schaffe ich es die meiste Zeit relativ gut, mich irgendwie abzulenken. Von der einen oder anderen langweiligen Vorlesung mal abgesehen. Und von der Zeit, die ich abends vor dem Einschlafen noch wach im Bett liege natürlich. Und von den langen Momenten, die ich in der Bibliothek sonst mit Lesen verbringe. Und von der Zeit, die ich … Ach, lassen wir das lieber.
Fakt ist, in den Momenten, in denen ich mir mal ausnahmsweise nicht selbst etwas vormache, muss ich zugeben, dass ich mehr an John denke, als mir guttut. Leider bringt mir diese Erkenntnis herzlich wenig, denn wirklich ändern kann ich die Situation nicht. Irgendwie habe ich ja bereits vorher gewusst, worauf ich mich einlasse und nun muss ich da eben durch.
Am Mittwoch entdecke ich Jonathan einmal ganz kurz aus der Ferne, aber er sieht mich offenbar nicht. Vielleicht über sieht er mich auch. Kurz steigt in mir der Drang auf, ihm wie eine Irre zu winken, um sicherzugehen, dass er mich nicht vielleicht doch nur zufällig übersieht. In letzter Sekunde fällt mir ein, dass ich mich zu einem absoluten Volltrottel machen würde, wenn sich dadurch herausstellen sollte, dass er mich absichtlich übersieht und ich lasse meinen bereits erhobenen Arm sofort wieder sinken. Dabei schlägt mein Herz deutlich schneller, als es mir lieb ist.
Am Donnerstag graut es mir vor dem Freitag, weil ich mir schon jetzt darüber im Klaren bin, dass ich dann den halben Tag dieses dämliche „heute vor einer Woche hat er mit mir telefoniert“-Gedankenspielchen spielen werde. Und am Samstag wird es mit „heute vor einer Woche hat er mit mir gevögelt“ garantiert eher schlimmer als besser werden. Da hilft nur tapfer sein!
Wenn ich heute Abend freihabe, werde ich Valerie anrufen, sie wird bestimmt nicht Nein sagen, wenn ich sie darum bitte, mit mir auszugehen. Und vielleicht kann ich sie sogar dazu überreden, am Samstag mit mir auf einen Kaffee bei meiner Familie vorbeizufahren. Auch wenn das irgendwie herzlos klingen mag, aber wenn ich Besuch mitbringe, dann reißt sich meine Mutter einfach ein bisschen mehr zusammen und die Stimmung ist nicht ganz so bedrückend wie sonst.
Zufrieden mit meinem Plan verbringe ich meinen Nachmittag fast, aber eben auch nur fast, im Einklang mit mir selbst in der Bibliothek.
Nach Feierabend zücke ich schon mein Handy, als ich die Bibliothek noch nicht ganz verlassen habe, um Valerie umgehend eine Nachricht zu schicken. Weit komme ich jedoch nicht, denn mein Weg ins Freie wird abrupt von einem Meter und neunzig aus sehnigen Muskeln mit verschränkten Armen gestoppt.
„Hi!“ Mit noch immer verschränkten Armen schaut John auf mich herunter und ich kann nicht so ganz deuten, ob er amüsiert oder vielleicht doch eher verärgert ist.
„Oh, John!“
Messerscharf beobachtet, Hope!
Statt noch irgendetwas zu sagen, starre ich ihn einfach wortlos an.
„Ich wollte nur mal schauen, ob du noch lebst, nachdem du am Sonntag weg warst, als ich mit dem Frühstück zurückkam. Auf meine SMS hast du übrigens auch nicht reagiert. Ich hoffe doch, Sie haben einen triftigen Grund für Ihre schlechten Manieren, junge Dame?“, fragt er mich streng und klingt dabei so, wie meine Mutter bei den seltenen Malen klang, die ich etwas ausgefressen hatte, und ich muss lachen.
+++
John hatte nicht damit gerechnet, dass er so viel würde an Hope denken müssen. Als er mit dem Frühstück zurückkam und sie weg war, da hätte er sich bei jeder anderen vermutlich gefreut. Eine Sorge weniger und kein Stress damit, ihr möglichst elegant den Laufpass zu geben.
Zugegeben: Normalerweise hätte er sich dieses „Problems“ auch schon irgendwann in der Nacht entledigt und sie einfach kurz und ohne auch nur einen Anflug von schlechtem Gewissen vor die Tür gesetzt. Dass er eine Frau hat zum Frühstück bleiben lassen, ist ihm schon seit … eigentlich noch nie passiert.
Leider musste er dann allein frühstücken und statt sich mit
Weitere Kostenlose Bücher