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Die Versuchung der Hoffnung

Die Versuchung der Hoffnung

Titel: Die Versuchung der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Kaiser
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knurren beginnt, machen wir uns auf den Rückweg, fahren bei „unserem“ Inder vorbei und kaufen uns Essen zum Mitnehmen.
     
    Als wir später zusammen im Bett liegen, male ich die Kontur seines Drachentattoos mit dem Zeigefinger nach, fühle die Muskeln darunter, die sich unter meiner Berührung zusammenziehen und entspannen.
    „Wir vermissen dich, wenn du nicht bei uns bist“, sagt John lächelnd, bevor er mich küsst und mich auf andere Gedanken bringt.
    Wir lieben uns, langsam und bedächtig, beinah andächtig.
    „Wenn ich einen HIV-Test vorlege, könnten wir dann die blöden Gummis weglassen?“, fragt John mich, als wir später aneinandergekuschelt im Bett liegen.
    „Sex ohne Kondom gibt es nur für meinen Ehemann. Ich bin eine Frau mit Prinzipien!“
    Er lacht leise, zieht mich noch etwas enger an sich. Streicht mir übers Haar und summt ein leises Lied für mich, wie er es oft macht, damit ich besser einschlafen kann. Als ich schon fast eingeschlafen bin, flüstert er etwas in mein Ohr. Und ich könnte schwören, dass es „Ich liebe dich“ ist.

 
Kapitel 17
     
    „Heute in einem Monat ist schon Weihnachten!“ Ich schaue den Schneeflocken zu, die träge vor dem Fenster hinabfallen. Der Winter ist dieses Jahr wirklich viel zu früh und zu kalt.
    „Musst du Weihnachten zu deiner Familie nach Hause?“ John fährt mit zwei Fingern die nackte Haut über meiner Wirbelsäule nach. Es kitzelt ein bisschen, gleichzeitig bekomme ich am ganzen Körper eine Gänsehaut.
    Träge drehe ich mich zu ihm herum.
    „Ja, die töten mich, wenn ich Weihnachten nicht nach Hause komme.“
    „Das wäre sehr … sehr … schade.“ Nach jedem Wort verteilt er Küsse auf meiner Halsbeuge. „Wenn sie dich töten würden, dann könntest du gar nicht mehr meinen Namen schreien, wenn du kommst.“ Jetzt küsst er meine nackte Schulter.
    „Was machst du denn Weihnachten?“
    „Am Vierundzwanzigsten habe ich abends ein Konzert. Es wird bestimmt spät.“ Seine Küsse landen wieder auf meinem Hals und ich habe leichte Schwierigkeiten, mich zu konzentrieren.
    „Du fährst nicht zu deinem Vater?“
    „Nein, ganz bestimmt nicht. Ich glaube, er ist ohnehin mit Ehefrau Nummer acht irgendwo in Europa über Weihnachten.“
    „Oh!“ Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie das ist, Weihnachten nicht nach Hause fahren zu können. „Und ich kann vermutlich nicht mal zu deinem Konzert kommen …“ Mir war vorher gar nicht so richtig bewusst gewesen, dass wir uns Weihnachten wohl nicht werden sehen können. Wenn ich jetzt darüber nachdenke, finde ich die Vorstellung schrecklich. Auch dass John Weihnachten ohne Familie wird feiern müssen, finde ich furchtbar. Als könne er meine Gedanken lesen, hält er mit dem Küssen inne, lächelt mich an und küsst dann meine Nasenspitze.
    „Nicht traurig sein, meine Schöne! Mir ist Weihnachten nicht so wichtig. Eigentlich ist es doch ein Tag wie jeder andere. Außer dass man morgens länger schlafen kann und alle irgendwie verrückt spielen.“
    „Schade, dass du das so siehst. Ich jedenfalls mag Weihnachten. Die Geschenke, die Gerüche, den schön geschmückten Baum …“
    „Du riechst auf jeden Fall besser als jeder Weihnachtsmorgen.“ Er vergräbt sein Gesicht an meinem Hals und schnuppert an mir, sodass ich lachen muss. „Schöner aussehen als ein Weihnachtsbaum tust du übrigens zweifelsohne auch.“ Ich muss noch mehr lachen und erst, als er mich fordernd und leidenschaftlich zu küssen beginnt, werde ich wieder ernst.
     
    Als ich mich am 23. Dezember von John verabschiede, um anschließend mit Valerie nach Hause zu fahren, bin ich traurig und überhaupt nicht in Weihnachtsstimmung. Während Val im Auto fröhlich die im Radio laufenden Weihnachtslieder mitsingt, sitze ich schlecht gelaunt neben ihr. Irgendwann stelle ich das Radio einfach aus.
    „Seit wann bist du denn so ein Weihnachtsmuffel?“ Ihre Lippen kräuseln sich einen Moment zwischen amüsiert und verächtlich, dann stellt sie das Radio wieder an und dreht es noch ein bisschen lauter. Schwer seufzend lehne ich mich zurück und ergebe mich in mein Schicksal. Allerdings mit demonstrativem Schweigen.
    „Letztes Jahr war es irgendwie lustiger, mit dir Weihnachten nach Hause zu fahren!“
    Bei dem Gedanken daran muss ich lachen. Im letzten Jahr haben wir trotz der winterlichen Temperaturen die Fenster heruntergekurbelt, das Radio so laut wie möglich gestellt und fast genauso laut mitgegrölt.
    Dann sind wir zu ihr

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