Die Versuchung der Hoffnung
spät!
Normalerweise bin ich absolut pünktlich und es kommt selten vor, dass ich mich beeilen muss. Heute allerdings war die letzte Viertelstunde, die ich noch hatte, bis ich zur Arbeit in die Bibliothek los musste, plötzlich und unerwartet vorbei. Als wäre die Zeit irgendwie schneller abgelaufen, als sie es normalerweise tut.
Zugegeben, die logischere Erklärung wäre, dass ich schlicht herumgetrödelt habe. Aber das kann natürlich auf keinen Fall sein. Ich bin super strukturiert und habe einen tollen Zeitplan. Immer. Bis auf die Male, wo es nicht so ist …
Aber ob es nun eine Gemeinheit des Universums oder vielleicht doch meine eigene Schuld war: Fakt ist, ich bin viel zu spät dran.
Zu allem Unglück muss ich vorher auch noch in den Drugstore und eine Bestellung für meine Mutter abholen. In aller Eile laufe ich auf die altmodische, gläserne Drehtür zu. Dabei suche ich aus meiner Handtasche den Zettel für ihre dämlichen Hormonpflaster heraus, die hier sagenhafte 98 Cent günstiger sind als in ihrer Apotheke vor Ort. Was es in ihren Augen völlig rechtfertigt, mich die Dinger regelmäßig besorgen zu lassen. Und jedes Mal, wenn ich zu Hause bin, fühle ich mich irgendwie zu geschwächt, um ihr zu widersprechen.
Als ich das Rezept endlich gefunden habe und wieder nach oben schaue, schaffe ich es gerade eben noch, nicht gegen die Tür zu laufen, die stehen geblieben ist, weil sie niemand mehr dreht. Ich sollte wirklich besser aufpassen. In so einer Tür einen Unfall zu erleiden, würde aussehen wie in einer schlechteren Slapsticknummer - und vor allem wäre es unglaublich peinlich.
Zum Glück gibt es mal ausnahmsweise keine Schlange vor dem Tresen und ich bin sofort dran. Nachdem ich bezahlt habe, raffe ich mein Wechselgeld und die kleine Schachtel mit den Pflastern zusammen und stürze mich wieder in Richtung Glastür. Gleichzeitig versuche ich, all meine Habseligkeiten wieder in meiner Handtasche unterzubringen. Al s ich kurz aufschaue, um sicherzugehen, dass ich die Drehtür unfallfrei passiere, sehe ich etwas auf der gegenüberliegenden Seite der Tür. Jemanden, um ganz genau zu sein. Und dieser jemand ist niemand Geringeres als Jonathan Petterson. Unsere Blicke kreuzen sich und meiner bleibt fasziniert an seinem Gesicht hängen, auf dem sich ein Lächeln ausbreitet, als er mich erkennt. So sehr ich mich auch bemühe, meinen Blick wieder von ihm abzuwenden, es klappt einfach nicht. Und dann stehe ich, sozusagen plötzlich und unvermittelt, wieder im Laden drin, statt mich auf der anderen Seite im Freien wiederzufinden. Offenbar war ich so sehr mit Glotzen beschäftigt, dass ich einfach weitergelaufen bin, anstatt die Tür zu verlassen, als ich draußen angekommen war. Diese Erkenntnis schockiert mich dermaßen, dass ich nun umgehend den nächsten blöden Fehler mache: Statt einfach weiterzugehen, bleibe ich wie erstarrt stehen. Was eindeutig keine besonders gute Idee ist, wenn man in einer sich drehenden Tür steht. Unsanft knallt in exakt diesem Moment auch schon die Tür gegen meinen Po, lässt mich nach vorne stolpern und ich falle hin. Natürlich nicht ohne vorher Kleingeld, die mütterlichen Hormonpflaster sowie meine geöffnete Handtasche fallen zu lassen.
Elende, mistverdammte Scheiße!
Was würde ich jetzt für ein Erdloch geben, in dem ich mich verkriechen und umgehend in Tränen ausbrechen könnte und aus dem ich dann nie wieder auftauchen müsste!
Aber auch meine Stoßgebete helfen nicht. Kein Loch im Boden, so weit das Auge reicht. Nur hässlicher, grauer Linoleumbelag. Und ein Paar abgewetzte, schwarze Stiefel, die sich jetzt in mein Sichtfeld schieben. Ich schaue mich noch einmal um, nur um ganz sicher zu gehen, dass ich auch wirklich kein Erdloch übersehen habe, dann fange ich hektisch an, meine Sachen wieder einzusammeln. Als Allererstes schnappe ich mir die verschiedenen Tampons, die ich immer in meiner Handtasche habe, und stopfe sie zurück, um sie außerhalb des sichtbaren Bereichs zu bringen. Albern eigentlich. Ich meine, jeder erwachsene Mensch weiß, dass Frauen so etwas eben ab und an brauchen, und trotzdem sorgt es jetzt dafür, dass ich rote Ohren bekommen. Auf die Tampons folgen zwei Lippenstifte, ein Labello und ein Puderdöschen. Dann meine Schlüssel. John hat sich ebenfalls gebückt und sammelt das Kleingeld für mich ein, das ich habe fallen lassen. Und … Oh nein, bitte nicht …
„Hormonpflaster gegen Wechseljahresbeschwerden, Hope? Bist du dafür nicht
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