Die Versuchung der Hoffnung
zusammen einen Kaffee trinken.
Auch als Sam schon wieder zu Hause ist, besucht John ihn regelmäßig, spielt mit ihm Computerspiele, bringt ihm Gitarrespielen bei oder ist einfach nur da.
Nach drei Wochen darf Sam endlich wieder zur Schule gehen und ich glaube, er hätte selbst nie gedacht, dass er diesem Tag mal entgegenfiebern würde.
Das Haus ist tagsüber seltsam leer ohne Sam und John. Ich muss zugeben, dass ich mich schon fast an ihre ständige Anwesenheit gewöhnt hatte. Dafür komme ich endlich wieder in Ruhe zum Schreiben, was auch nicht zu verachten ist. Der Abgabetermin für mein Manuskript drängt nämlich und ich hasse es, unter Zeitdruck arbeiten zu müssen.
Der Alltag stellt sich also nach und nach wieder ein und auch wenn ich diesen Zustand im Prinzip sehr begrüße, lässt sich das Gefühl, dass mir irgendetwas fehlt, einfach nicht abstellen. Zwar gelingt es mir, mich einigermaßen abzulenken, aber meine innere Ruhe ist dahin.
Langsam geht es auf Weihnachten zu und Sam besteht darauf, seinen Vater zu uns einzuladen. Ich möchte ihm diesen Wunsch nicht verwehren, aber ich habe trotzdem ein komisches Gefühl dabei, dass John mit uns zusammen feiern wird. Es hat so sehr den Anschein einer heilen Familie und ich frage mich, ob Samuel wohl wirklich begreift, dass wir keine heile Familie sind. Dass sein Vater und ich nicht in der Beziehung zueinander stehen, wie es bei den meisten anderen Eltern, die zusammen Weihnachten feiern, wohl der Fall sein mag.
Für einen Augenblick bin ich versucht, John einfach doch nicht einzuladen, sondern allein mit Sam und später mit Val und Mike zusammen zu feiern. So wie jedes Jahr. Aber als ich Sam anschaue, erkenne ich, wie wichtig ihm das ist. Und wenn ich an John denke, kann ich auch nicht anders. Er hat schließlich keine Familie außer uns. Natürlich hat er die letzten neun Jahre auch irgendwie ohne uns Weihnachten verbringen müssen, aber jetzt, wo wir wieder Kontakt zueinander haben, fühle ich mich auch wieder so etwas wie zuständig für ihn. Letztendlich einigen wir uns sogar darauf, dass John schon am Vierundzwanzigsten zu uns kommen und hier übernachten wird, damit er morgens beim traditionellen Geschenkeauspacken dabei sein kann.
Ich habe ein mulmiges Gefühl, als er am frühen Abend ankommt und bin seltsam unruhig, ohne dass ich einen triftigen Grund dafür finden könnte. Angespannt laufe ich auf und ab. Ich überprüfe den Weihnachtsbaum, überprüfe meine Kleidung und meine Frisur sowie mein Make-up, lege noch ein bisschen Parfüm auf und zupfe an Sam herum, der genervt die Augen verdreht.
Als Johns Auto endlich vor dem Haus anhält, habe ich schon die Tür geöffnet, bevor er überhaupt geklingelt hat. Nervös bleibe ich in der geöffneten Haustür stehen, während meine Finger unstet über die Perlen meiner Kette gleiten. John steigt aus seinem Wagen und als sich unsere Blicke treffen, verdunkeln sich seine Augen für einen Moment, während gleichzeitig dieses ganz bestimmte Glitzern darin erscheint. Und auf einmal weiß ich genau, warum ich schon den ganzen Tag so angespannt gewesen bin.
Johns Augen verweilen viel zu lang auf mir - als würde er mich ausgiebig inspizieren - und als er schließlich auf mich zukommt, hat er den Blick und den Gang einer Raubkatze. Weich, elegant, tödlich und sich seiner eigenen Kraft und Gefahr völlig bewusst.
„Hallo, meine Schöne!“ Seine Stimme ist ein tiefes Summen und versetzt meinen Körper in Schwingung; meine Haut beginnt zu prickeln.
„Hi John.“ Mein Versuch, möglichst lässig zu klingen, scheitert leider schon allein daran, dass ich mich zweimal räuspern muss, bevor ich meine Stimme wiederfinde.
Im Vorbeigehen beugt er sich zu mir herunter und küsst meine Schläfe, so wie er es schon immer getan hat. Seine Lippen berühren meine Haut und ich ziehe die Luft scharf ein, viel zu laut, aber ich kann es nicht verhindern.
Wieder treffen sich unsere Blicke, und als er sich von mir abwendet, um nach Sam zu sehen, dreht er sich nicht schnell genug weg, sodass ich sein zufriedenes Lächeln gerade eben noch erkennen kann. Am liebsten würde ich ihm eine reinhauen, damit dieses Lächeln aus seinem Gesicht sofort wieder verschwindet. Nur um anschließend seine Wunden zu küssen.
Irgendwie ist das pervers, Hope.
Ich zucke mit den Schultern.
Kannst mich ja anzeigen, wenn es dir nicht passt, du blöde Kuh, sage ich zu mir selbst und gehe grinsend in die Küche.
Die Stimmung zwischen
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