Die Versuchung der Zeit: Hourglass 2 - Roman (German Edition)
würde aus Dankbarkeit bereit sein, so oft mit mir in die Vergangenheit zu reisen, wie ich wollte. Aber sie hat sich stattdessen für Hourglass entschieden. Und dann hat sie mich hintergangen, indem sie die CD mit der Formel für die exotische Materie an sich gebracht hat.«
»Warum erzählst du mir das? Du hast doch immer irgendein Motiv. Was ist es diesmal?«
Er lächelte kaum merklich. »Weil wir gleich sind, Kaleb. Wenn es darum geht, was wir uns vom Leben wünschen. Wir werden immer als Letzte in Betracht gezogen. Sind immer zweite Wahl. Und wir wollen beide, dass sich das ändert.«
Blindwütiger Zorn, der die Bank unter mir erzittern ließ. »Wir. Sind. Nicht. Gleich.«
»Träum nur schön weiter. Komm zu mir, wenn du Antworten willst. Wach auf. Ich verstehe dich. Und jetzt musst du versuchen, mich zu verstehen.«
Ein Räuspern. Ich zuckte zusammen und blickte zu dem Polizeibeamten auf, mit dem ich zuvor gesprochen hatte.
»Sie dürfen jetzt gehen.«
»Danke.« Ich nickte ihm zu. »Ich mache mich gleich auf den Weg. Ich will nur noch mein Gespräch beenden.«
Der Polizeibeamte runzelte die Stirn. »Sind Sie sicher, dass es Ihnen gut geht? Keine Kopfschmerzen … kein Schwindel oder so?«
»Alles in Ordnung«, sagte ich lächelnd und hielt den Daumen hoch. »Mir geht’s prima.«
Er nickte zweifelnd und ging davon, woraufhin ich mich zu Jack umdrehte.
Er war fort.
Aber er hatte seine Taschenuhr liegen lassen.
30. KAPITEL
D ie Tür der Minibar stand offen.
Durch den Spalt der Schlafzimmertür konnte ich Em und Michael aneinandergekuschelt im Bett liegen sehen. Wahrscheinlich hatte Michael die Tür aufgelassen, weil er vorhatte, die ganze Nacht bei Em zu bleiben. Vermutlich wollte er Thomas’ Regeln respektieren und Ems Ehre nicht in Verruf bringen. Ein echter Pfadfinder.
Lily konnte ich nirgends entdecken.
Ich nahm ein Minifläschchen Crown Royal aus der Minibar und strich über das Rillenglas – es war eine perfekte Kopie der großen Flasche. Ich war niemandes Kopie. Ich wollte raus aus meinem Kopf – aus meinem Körper. Raus aus meinem Leben.
»Stell sie weg.«
Lily.
»Hau ab, kleines Mädchen. Ich hab gerade keine Lust zum Spielen.«
Ich wollte ihr nicht wehtun, aber ich brauchte keine Zeugen. Dennoch überraschte es mich, dass ich keinen Schmerz bei ihr fühlte. Ich drehte mich um.
Bei ihrem Anblick überkam mich ein unerwarteter Anflug von Sehnsucht.
»Ich will nicht spielen.« Sie durchquerte den Raum und griff resolut nach der Flasche, die ich fest in der Hand hielt. »Das wirst du schön sein lassen.«
Die Finger ihrer linken Hand umkrallten mein Handgelenk, während sie mir mit der anderen die Flasche wegnahm.
»Du bist nicht meine Aufpasserin, Lily.«
»Das ist niemand. Du bist selbst verantwortlich für dich. Ich will dich nur daran erinnern, dass du mehr wert bist als das, was nach ein paar Flaschen von dir übrig bleibt.« Sie bückte sich, um den Schnaps zurück in die Minibar zu stellen. Ihr welliges Haar fiel über ihre nackten Schultern und verdeckte die schwarzen Träger ihres Tops. »An Tagen wie heute könnte man das vergessen.«
»Und was ist, wenn es Jahre wie heute sind?«
»Ich habe mir Sorgen gemacht, als du weggegangen bist. Em und Michael natürlich auch. Ich habe sie ins Bett geschickt und versprochen, sie zu wecken, wenn du um Mitternacht nicht zurück gewesen wärst.«
Ich deutete auf ihre angelehnte Tür. »Ich glaube, es wäre ihnen egal, wenn ich die ganze Nacht weggeblieben wäre.«
»Das ist nicht wahr, Kaleb. Em wollte unbedingt aufbleiben und dich um Verzeihung bitten. Aber dann hat sie so heftig geweint, dass sie ganz erschöpft war. Sie weiß, dass sie sich nicht richtig verhalten hat und dass du ihr nur helfen wolltest, weil du sie gernhast.«
Ich sah Lily zweifelnd an.
»Du hast sie wirklich gern, nicht wahr?«
»Nicht so, wie du vielleicht denkst.« Ich hielt überrascht inne. Es stimmte. »Eher wie eine Schwester. Eine beste Freundin.«
»Die Rolle ist bereits vergeben, aber du kannst dich als Zweitbesetzung bewerben. Michael mag dich auch sehr gern und sorgt sich um dich.« Als ich den Kopf schüttelte, seufzte sie. »Was du brauchst, ist eine Lily-Intervention. Komm mit.«
Als sie auf das zweite leere Schlafzimmer deutete, hätte ich mich fast an meiner eigenen Spucke verschluckt.
»Beruhig dich, Junge. Ich will doch bloß, dass wir in normaler Lautstärke reden können. Aber nur wenn du reden willst. Wenn du nicht reden magst,
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