Die Versuchung der Zeit: Hourglass 2 - Roman (German Edition)
Blutlache.«
Heißer Zorn flammte in mir auf.
»Du wolltest Marys Schicksal ändern«, sagte Jack. »Du hast das Unglück kommen sehen und bist eingeschritten, um das Leben eines unschuldigen Kindes zu retten.«
Meine Arme begannen zu zittern.
»Wir sind uns ähnlicher, als du glaubst, Kaleb.«
»Nein, sind wir nicht«, erwiderte ich mit gepresster Stimme. »Ich habe keinen durchdachten Plan entwickelt, um das Leben des kleinen Mädchens zu ändern. Ich habe sie nicht verfolgt oder ihre Eltern sterben lassen.«
»Emersons Eltern wären so oder so gestorben. Wenn man einschreitet und eine Zeitachse verändert, führt das immer zu Problemen, so wie wir sie jetzt haben – Probleme, die Emerson verursacht hat, indem sie Michael gerettet hat. Überall Zeitlose, die versuchen, das Gewebe der Zeit zu durchbrechen.«
»Gib Emerson nicht die Schuld an all dem.« Ich hielt inne, da ich merkte, dass ein junges Mädchen mit dunkelbraunem Haar und einem blauen Auge äußerst interessiert in unsere Richtung schaute. »Du bist unerlaubt auf Zeitreise gegangen«, fuhr ich mit leiser Stimme fort. »Du und Cat, ihr habt dem Raum-Zeit-Kontinuum genauso viel oder sogar noch mehr Schaden zugefügt.«
»Tu doch nicht so, als hättest du dich anders entschieden«, säuselte er mit öliger Stimme. »Sag bloß, du willst, dass Emerson kein Teil deines Lebens und dein Vater lieber tot als lebendig wäre!«
Ich biss die Zähne zusammen.
»Das willst du nicht. Und das ist es, worüber du dir klar werden musst, was du begreifen musst. Ich würde dir gern eine Geschichte erzählen.«
»Kein Interesse.«
»Ich denke, du solltest dir anhören, was ich zu sagen habe.« Jack warf einen prüfenden Blick auf seine Fingernägel. »Ich verstehe dich. Es ärgert dich, dass Liam dir Michael ständig vorzieht, dass er dir immer das Gefühl gibt, seinen Erwartungen nicht zu entsprechen. Das kann ich sehr gut nachempfinden.«
Meine Kiefermuskeln verkrampften sich mehr und mehr. Dieser Soziopath drang tatsächlich in meine Gefühlswelt ein, während ich mich schwarzärgerte, dass ich trotz aller Bemühungen keinerlei Zugang zu seinen Emotionen fand. Ich konnte nichts weiter ausmachen als uneingeschränkte Selbstzufriedenheit, da Jack mich nichts anderes spüren lassen wollte. Ein Gefühl, das zu eindimensional war, um real zu sein.
»Ich hatte einen Bruder, der genauso viel Aufmerksamkeit bekam wie Michael. Ein leiblicher Bruder. In den Augen unseres Vaters konnte er nichts falsch machen. Außerdem war er ein Held. Ich habe versucht, ihn gernzuhaben, ihm nachzueifern, aber Vater hat mich nicht wahrgenommen. Er war blind.«
Aus den Informationen, die Dune über Jack gefunden hatte, ging nichts über einen Bruder oder Vater hervor. Hatte Jack sich die Geschichte nur ausgedacht, um mein Mitgefühl zu wecken, oder war sie wirklich ein Teil seiner Vergangenheit?
»Ich habe Sachen gemacht, die meinen Vater auf mich aufmerksam machen sollten. Anfangs waren es gute Noten, sportliche Auszeichnungen. Als das nichts brachte, verlegte ich mich auf unerfreuliche Dinge. Alkohol kann ein Freund sein und für Aufmerksamkeit sorgen, wie du weißt.«
Wenn er so weitermachte, würde ich ihn doch noch hier und jetzt mitten in der Polizeistation erwürgen.
»Aber mein Vater war entschlossen, mich meinen eigenen Weg gehen zu lassen. Schließlich machte ich einen letzten verzweifelten Versuch. Diesmal war ich mir sicher, dass ich ihn zwingen konnte, mich zu beachten.« Jack schnaubte verächtlich. »Aber alles, was dabei herauskam, war ein toter Bruder und ein verstoßener Sohn.«
»Du wurdest abgelehnt. Das ist der Teil deiner Vergangenheit, den du verändern willst.« Endlich verstand ich ihn. »Als du herausgefunden hast, wie man auf Zeitreise gehen kann, wieso hast du deine Vergangenheit da nicht einfach selbst geändert? Wieso musstest du Em da mit hineinziehen?«
»Ich hatte nicht genug von der exotischen Materie in Tablettenform, um all die Dinge zu tun, die ich tun wollte. Dazu brauchte ich Emerson. Das Mittel war einfach nicht stark und wirksam genug.« Er zuckte die Achseln. »Je weiter ich zurückging, desto schneller war es aufgebraucht, desto schneller bin ich gealtert, und desto länger dauerte es, bis ich mich wieder erholte.«
»Also hast du in Em eine Alternative gesehen.«
»Ich dachte, wenn ich Emerson gefunden hätte und sie wieder psychisch gesund wäre, müsste ich ihr nur klarmachen, was ich für sie getan hatte. Ich war mir sicher, sie
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