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Die Versuchung der Zeit: Hourglass 2 - Roman (German Edition)

Die Versuchung der Zeit: Hourglass 2 - Roman (German Edition)

Titel: Die Versuchung der Zeit: Hourglass 2 - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myra McEntire
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bist.«
    »Wir sollten besser wieder über dich reden.« Sehr zielbewusst, das Mädchen. »Du hast es nie ausgesprochen, aber ich weiß, du vergleichst dich mit ihm.«
    Ich überlegte, ob ich ihr sagen sollte, dass Jack soeben alle möglichen Vergleiche zwischen uns aufgelistet hatte und dass die Ähnlichkeiten schlimmer waren, als mir bewusst gewesen war, aber ich hatte zu viel Angst, ich würde mich dazu hinreißen lassen, ihr von der Taschenuhr zu erzählen. Dieses Thema wollte ich in dieser Nacht lieber nicht zur Sprache bringen, also zuckte ich nur die Achseln. »Vielleicht.«
    »Nur eure Gaben ähneln sich.« Sie ging zurück zum Bett, blieb jedoch stehen. »Jack nimmt Erinnerungen und ersetzt sie durch andere, und das lässt Menschen zerbrechen – in vielerlei Hinsicht. Und denk nur an deine Mom, was er ihr angetan hat, als er ihre Erinnerungen auslöschte, ohne sie zu ersetzen. Dadurch ist sie zu einer leeren Hülle geworden.«
    Ich starrte zu ihr auf.
    »Du bist nicht wie er«, beharrte sie. »Deine Absichten sind nicht dieselben. Mit dem, was du Em heute Abend angeboten hast, wolltest du ihr helfen, wieder heil zu werden. Dieser Wunsch ist in deinem Herzen – und das macht dich ganz anders als Jack.«
    »Vielleicht«, sagte ich zweifelnd. Wie kam es nur, dass sie den Menschen, der ich gern sein wollte, so deutlich sehen konnte, statt der Hässlichkeit, die tatsächlich in meinem Inneren herrschte?
    »Warum glaubst du mir nicht?«
    »Lily, ich habe so viele Fehler gemacht. Ich habe Leuten nicht geholfen, die mich brauchten. Die meine Hilfe bitter nötig gehabt hätten.«
    »Von wem sprichst du?« Sie setzte sich neben mich auf den Boden. »Hast du versucht, die Gefühle deiner Mom auf dich zu nehmen, als dein Dad gestorben ist?«
    »Nein«, flüsterte ich. »Erst als es zu spät war.«
    »Hör mir zu.« Sie holte tief Luft und nahm meine Hand. »Du musst dir selbst verzeihen, und dann musst du den nächsten Schritt machen. Statt dich mit Selbstvorwürfen zu zerfleischen, weil Jack deiner Mom die Erinnerungen geraubt hat, musst du dich darauf konzentrieren, wie du sie ihr zurückgeben kannst.«
    Ich erwiderte ihren Blick.
    Als Kind hatte ich oft die Hand meiner Mutter gehalten, wenn sie an Sommerabenden die Blüten der leuchtend orangefarbenen Blumen abschnitt, die in unserem Garten wuchsen. Jeden Morgen blühten sie erneut. Wunderschön und unverwüstlich stellten sie sich den Herausforderungen des neuen Tages.
    Tigerlilien.
    Ich hatte ein absurdes Verlangen, Lily im Arm zu halten oder sie zu bitten, mich zu umarmen. Wie würde es sich anfühlen, sich auf einen anderen Menschen zu stützen, statt immer nur alles auf meinen Schultern zu tragen? Ich strich sanft über die Konturen ihrer Fingerknöchel, bevor ich ihre Hand umdrehte und die Linien ihrer Handfläche nachzog. »Ich weiß nicht, wie ich aus dir schlau werden soll.«
    »Das ist meine Lebenslinie und keine Landkarte.« Sie lächelte und wich ein wenig zurück. »Hast du verstanden, dass du dir selbst verzeihen musst?«
    »Ja, schon. Ich glaube … ich brauche … ein bisschen Abstand von diesem Gespräch.« Ich stand auf.
    »Tut mir leid. Ich wollte dir nicht zu nahe treten und deine Grenzen überschreiten …«
    »Entspann dich, Lily. Ich hab doch nur gemeint, dass ich über all das nachdenken muss, was du mir gesagt hast. Ich bin deswegen nicht sauer.«
    »Okay.« Sie erhob sich ebenfalls. »Kaleb?«
    »Ja?«
    »Wenn du … hier … in diesem Bett … schlafen könntest«, sagte sie und wurde feuerrot, »dann würde ich mich viel … besser fühlen. Wegen des Schnapses in der Minibar.«
    »Nur deswegen?«
    »Und ich würde mich sicherer fühlen. Ganz allgemein.«
    »Einverstanden. Ich hol nur schnell ein paar Sachen.« Ich hätte sie ohnehin nicht gern allein gelassen, da Jack doch ständig und überall in meiner Nähe auftauchen konnte.
    »Okay. Oh, und übrigens …«
    »Ja.« Ich blieb in der Tür stehen.
    »Ich mag dich immer noch nicht.«
    »Ich weiß«, sagte ich lächelnd. »Ich dich auch nicht.«
    Als ich zurückkehrte, schlief sie schon tief und fest.
    Ich ließ die Tür einen Spalt offen.

31. KAPITEL
    I ch hatte eine unglaubliche Heldentat vollbracht.
    Acht rein platonische Stunden mit einem Mädchen im selben Schlafzimmer.
    Em und Michael stellten am nächsten Morgen keine Fragen. Ein wenig Bestürzung war bei Em zu spüren, und ich sah, wie sie Lily einen fragenden Blick zuwarf. Als Lily den Kopf schüttelte, wandelte sich die

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