Die Versuchung der Zeit: Hourglass 2 - Roman (German Edition)
wenn wir … uns berühren würden?«
»Ich denke, das würde ganz von deinen Gefühlen für mich abhängen. Es gibt sehr unterschiedliche Auslöser für Berührungen. Intensität spielt eine Rolle, genau wie die Umstände.« Ich verlor mehr und mehr den Faden, als sie plötzlich meine Brust berührte und die Hand bis zum Bauch gleiten ließ. Bei ihrer Berührung rollten sich mir die Zehennägel auf, und zwar nicht aus rein physischen Gründen. »Ich … ich bin mir nicht sicher.«
Lächelnd zog sie ihre Hand zurück und ging weiter. Bislang hatte noch niemand diesen Teil meiner Gabe herausgefunden. Außer meiner Mutter. Und das war etwas ganz anderes. Wir teilten Freude, wenn wir zusammen Kekse backten.
Bei Lily ging es nicht um Kekse.
Mittlerweile hatte sie schon ein paar Meter Vorsprung, also bemühte ich mich, sie einzuholen.
»Es würde von meinen Gefühlen abhängen«, sagte sie. »Würde ich mich gut fühlen, würdest du dich auch gut fühlen?«
»Ja.«
»Im physischen oder psychischen Sinne?«
»Ja. Sowohl als auch.«
»Ist es dir unangenehm, darüber zu sprechen?«
»Ja.« Ich wusste nicht recht, wieso. Schließlich war ich weder schüchtern noch unerfahren.
»Zu wissen, dass Dinge auf dich zurückprallen, muss verführerisch sein.« Mittlerweile hatten wir das Murphy’s Law erreicht, und sie war vor der Treppe zu ihrer Wohnung stehen geblieben. »Ich würde ständig versuchen, Menschen glücklich zu machen.«
»So viele Menschen wie möglich glücklich zu machen reizt mich nicht mehr so sehr wie früher. Ich glaube, ich würde mich lieber auf eine Person konzentrieren.«
»Bist du dir sicher?«
»Ja.«
Und es versetzte mir einen gewaltigen Schock.
Die Andeutung eines Lächelns trat auf ihre Lippen.
»Alles in Ordnung?«, fragte ich. »Soll ich lieber mit nach oben kommen?«
»Nein. Abi und ich haben eine Menge zu bereden.«
Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste mich auf die Wange.
Ich sah ihr nach, wie sie ins Haus ging, und wusste, dass sie in Sicherheit war.
36. KAPITEL
A ls ich am nächsten Morgen aufwachte, ging ich direkt zum Poolhaus. Ich musste Michael sagen, dass wir unsere direkte Verbindung zu Jack verloren hatten und dass es keine Option mehr war, Lilys Gabe einzusetzen.
Jacks Uhr steckte in meiner Jackentasche. Die Morgenluft war kühl, über dem Pool schwebte eine Wolke aus Dampf. Die Heizungs- und Wartungskosten waren die reinste Verschwendung. Ich wusste nicht, ob ich jemals wieder im Pool schwimmen würde. Auf mein leises Klopfen antwortete niemand. Sicher schliefen alle noch.
Ich überlegte kurz, ob ich Michael noch ein Weilchen schlafen lassen sollte, entschied mich aber dagegen, weil die Angelegenheit zu dringend war. Ich drehte den Türknauf um, dann ließ mich der Klang seiner Stimme erstarren.
»… bei unserem letzten Treffen hast du einen Revolver auf mich gerichtet. Ich sehe keinen Grund, dir jemals wieder zu vertrauen.« So viel Zorn. Ein ungewöhnliches Gefühl für Michael.
»Er hat mich benutzt.« Nichts .
»Er benutzt dich immer noch, Cat, und du lässt es zu. Er reist durch die Zeit, und das Raum-Zeit-Kontinuum nimmt immer mehr Schaden.«
Cat.
Sie war wie eine Schwester für mich gewesen, bevor sie sich gegen meine Familie gewendet und an der Ermordung meines Vaters beteiligt hatte.
Mein Zorn übertraf Michaels um ein Vielfaches. Ich stieß die Tür mit solcher Wucht auf, dass sie gegen die Wand krachte. »Wieso hast du ihr noch nicht den Hals umgedreht? Sie ist Abschaum. Von ihr kriegst du nichts als Lügen zu hören.«
Cats Besuch musste Michael überrascht haben. Sein Haar war noch nass von der Dusche, außerdem war er noch nicht dazu gekommen, sich ein T-Shirt anzuziehen. Er stand am einen Ende des Sofas und sie am anderen, neben der offenen Glasschiebetür und der kleinen Bar. Ihr dunkler Teint wirkte aschfahl, die braunen Augen waren glanzlos. Der Kurzhaarschnitt war herausgewachsen und wirkte struppig. Offensichtlich hatte sie nicht gut auf sich Acht gegeben. Und Jack schien sich auch nicht um ihr Wohlergehen gekümmert zu haben.
»Ich bin hergekommen, um dich um Verzeihung zu bitten«, sagte Cat und schaute mit großen Augen zu mir auf. Eine einstudierte Pose, wie unsere gesamte Beziehung.
»Stopp!« Ich hielt die Hand hoch. »Mach gar nicht erst den Mund auf! Wenn ich nicht wüsste, dass Mike mich aufhalten würde, würde ich dich auf der Stelle mit meinen Händen erwürgen.«
»Nur zu«, sagte Michael. »Mein
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