Die vertauschte Braut: Historischer Liebesroman (German Edition)
beschämend, was ihm zweifellos schwer zu schaffen machte, doch die Frage war, wie schwer? Nicht schwer genug, fürchtete sie.
Dieses verdammte Hennapulver. Ginesse hatte keinerlei Illusionen bezüglich ihrer natürlichen weiblichen Anziehungskraft, und deshalb musste ihr Wert allein in den roten Haaren liegen und damit in deren Fähigkeit, ihrem zukünftigen Besitzer Glück zu bringen. Dabei waren sie doch kaum noch rot.
»Geh in mein Zelt und warte dort auf mich. Dann können wir die Sache mit deinem Vater und dem Lösegeld besprechen.«
Er log. Er versuchte nicht mal ernsthaft, das zu verbergen. Seine Stimme klang schleppend und sein Blick war spöttisch.
»Bitte. Wir können doch hier draußen ...«
»Wir werden in meinem Zelt reden«, unterbrach er sie schroff. »Später. Du gehst jetzt hinein und wartest auf mich. Oder soll ich dir zeigen, wie man Sklaven in meinem Volk bestraft?«
»Nein«, flüsterte sie.
»Gut. Denn du würdest so oder so in meinem Zelt landen. Und jetzt geh.«
Sie hatte keine Wahl. Sie neigte den Kopf vor ihm und tat, was er ihr befohlen hatte. Die Innenausstattung des Zeltes wäre eines Scheichs würdig gewesen. Mehrere Lagen Perserteppiche waren über den Sand gebreitet und ein halbes Dutzend perlfarbener, bestickter Satinkissen in der Mitte aufgehäuft worden. Von der Decke baumelten Seidenquasten, so groß wie Zierkürbisse, und zwei reich verzierte Kupferlaternen, die jedoch noch nicht brannten.
Neben dem Kissenstapel hockte ein niedriges Tischchen aus gehämmertem Messing und darauf standen eine emaillierte Karaffe und mehrere Mokkatässchen. An einer der Zeltwände stand eine Ottomane, an deren Kopfende eine Wasserpfeife thronte. Auf der Ottomane lagen weitere Kissen und eine bunte Decke.
Alles wirkte so zivilisiert und gemütlich. Ginesse drehte sich um sich selbst und suchte das Zelt nach etwas ab, das sie als Waffe benutzen konnte. Juba trug einen Krummdolch in der Scheide an seinem Gürtel und auch die anderen trugen Messer, die sie an ihren Oberarmen befestigt hatten. Vielleicht gab es ja auch hier irgendetwas ...
Fünf Minuten später gab sie ihre Suche auf. Abgesehen von ein paar persönlichen Dingen und einigen Kleidungsstücken war das Zelt bemerkenswert aufgeräumt. Hier gab es nichts Nützliches, außer vielleicht die Sporen an einem Paar Stiefel. Das musste reichen.
Fieberhaft machte sie sich daran, einen Sporn zu lösen, wobei sie angestrengt auf die Bewegungen der Männer draußen horchte. Nachdem sie es geschafft hatte, stellte sie die Stiefel sorgfältig wieder so hin wie vorher. Dann wartete sie und ihr Herz hämmerte dumpf in ihrer Brust.
Sie lauschte der schleppenden Unterhaltung der Männer, dem Klappern des Kochgeschirrs, dem leisen »Nurrr« der Kamele und dem Knistern des Feuerholzes. Allmählich wurde es dunkel im Zelt, der Wind frischte auf und ließ den Sand über die Zeltplane kratzen. Als schließlich das letzte Licht erloschen war und sie mithilfe von Feuersteinen die Kupferlampen entzündet hatte, hörte sie Juba gebieterisch einige Anweisungen bellen. Die Männer schienen sich nur unwillig zu fügen und antworteten mit einigen mürrischen Beschwerden, doch kurz darauf vernahm sie das Ächzen der Kamele, die geweckt und auf die Beine getrieben wurden.
Er schickte also einige, vielleicht sogar alle, Männer fort. Vermutlich diejenigen, denen man ein Geheimnis am wenigsten anvertrauen konnte.
Ihr Herz begann zu rasen und sie zog sich tiefer in das Zelt zurück. Sie hielt den Sporn hinter ihrem Rücken verborgen, ihre Handflächen wurden glitschig vom Schweiß und ihre Knie fühlten sich an wie Wasser.
Es kam ihr vor, als stünde sie eine Ewigkeit dort, den Blick starr auf den Zelteingang gerichtet. Im Lager war es unnatürlich still geworden, die einzigen Geräusche waren die gelegentlichen Kamellaute und das Knistern des Feuers. Sie hörte, wie ein Mann etwas sagte und ein anderer antwortete, und dann vernahm sie sich entfernende Schritte.
Und schließlich hörte sie mit Entsetzen das Geräusch, vor dem sie sich die ganze Zeit gefürchtet hatte: den selbstsicheren Tritt eines Mannes, der auf das Zelt zukam.
Sie hob das Kinn und fühlte zu ihrer Bestürzung Tränen in ihren Augen aufsteigen. Wütend blinzelte sie die Tränen fort. Sie war doch besser als das. Sie war mutiger.
Sie sah eine große Silhouette, die sich gegen die Zeltplane abzeichnete. Der Wind ließ die Gewänder des Mannes um sein Schattenbild tanzen, die Gestalt wargroß,
Weitere Kostenlose Bücher