Die vertauschte Braut: Historischer Liebesroman (German Edition)
unheimlich und unendlich bedrohlich. Eine dunkle Hand griff nach der Eingangsplane und riss sie grob zur Seite. Er beugte den Kopf und trat ein.
Jim Owens.
K APITEL 21
Es war himmlisch großartig erstaunlich unglaublich transformierend jenseits all dessen, was sie beschreiben konnte.
aus dem Tagebuch von Ginesse Braxton
S ie war eine große Frau, doch sie wirkte herzzerreißend zerbrechlich, wie sie dort im hintersten Winkel des Zeltes kauerte. Sie starrte ihn an, wie festgewachsen, und sie zitterte am ganzen Körper.
»Ich bin nie fort gewesen. Ich war die ganze Zeit dort draußen. Ich habe alles beobachtet. Ich konnte nicht früher kommen, weil sie genau das erwartet haben.« Er sprach zu schnell, zu dringlich, die Worte stolperten aus seiner verengten Kehle.
Gott, sie musste furchtbare Angst gehabt haben. Sie musste gedacht haben, er hätte sie verlassen. Aber er hatte keine Möglichkeit gehabt, ihr ein Zeichen zu geben, das nicht auch ihre Entführer bemerkt hätten. Und hätten die Tuareg auch nur den Hauch eines konkreten Verdachtes gehegt, wäre sie als Sklavin in Libyen gelandet.
»Aber ich hätte nicht zugelassen, dass er ...« Er brach ab und sah sie so eindringlich an, als wollte er sie dazu zwingen, zu verstehen.
Er war während der letzten vier Tage durch die Hölle gegangen. Er hatte gewusst, wie sie litt. Mehr als einmal war er drauf und dran gewesen, alle Vorsicht über Bord zu werfen und auf gut Glück einen Versuch zu wagen. Sein eigenes Leben konnte er aufs Spiel setzen – aber niemals ihres. Also hatte er abgewartet, bis sich die Tuareg trennen und nicht länger wachsam sein würden. Jeder Moment hatte sich qualvoll in die Länge gezogen. Und dann hatte Juba zwei seiner Männer voraus geschickt und die würden sobald nicht zurückkommen.
»Du bist gekommen.« Es war kaum mehr als ein Flüstern und er konnte nichts darin lesen, so sehr er auch wollte. Er konnte nicht sagen, ob in ihrer Stimme Schrecken oder Ungläubigkeit oder Verachtung oder etwas ganz anderes mitschwang. Und schließlich konnte er ihr nur mit der schlichten Wahrheit antworten, in der sowohl ein Versprechen als auch eine Erklärung lagen.
»Immer«, sagte er. »Ich werde immer kommen, wenn du mich brauchst.«
Und mit diesen Worten fiel die Starre von ihr ab, die sie in den Klauen gehalten hatte. Sie stürmte durch das Zelt auf ihn zu, warf sich in seine Arme und umschlang seinen Hals. Ihre Wucht ließ ihn einen Schritt zurückstolpern, er hob sie ein wenig und drückte sie an sich.
»Ich wusste, dass du kommen würdest«, schluchzte sie an seinem Hals. »Ich wusste es, ich wusste nur nicht wann, und als du dann nicht gekommen bist, hatte ich Angst, dir wäre etwas Furchtbares passiert!«
Er schloss die Augen und rang die aufwallenden Emotionen nieder, die ihn auf die Knie zu zwingen drohten. Sie hatte gewusst, dass er kommen würde. Sie hatte ihm vertraut und an ihn geglaubt. Sie hatte nie an ihm gezweifelt. Stattdessen hatte sie Angst um ihn gehabt.
Um ihn.
Dabei war sie diejenige, die sich in der Gewalt von Sklavenhändlern befand.
»Lass das nie wieder zu.«
»Nie wieder.«
Jetzt weinte sie richtig, Schluchzer schüttelten sie und aus ihren Augen strömten Tränen, die an ihren Wangen hinabrannen, während sie zu ihm hochsah. Er konnte nicht mehr klar denken, er wusste nicht, was er tun oder sagen sollte, um alles wieder
gut
zu machen. Wann immer in seinem Leben etwas schief gegangen war, hatte er gehandelt, er hatte etwas
getan
. Er hatte gesucht, gejagt, gestohlen und gekämpft; er hatte seine Fäuste, seine Muskeln, sein Hirn und eine gehörige Portion Verschlagenheit eingesetzt und getan, was er tun musste. Aber jetzt, hier, mit ihr, hatte er keine Ahnung, wie es weitergehen sollte.
»Geht es dir gut?«, fragte er und hob ihr Gesicht an, um ihr in die Augen sehen zu können. Er versuchte, darin zu lesen, ob er trotz allem doch zu spät gekommen war. »
Geht es dir gut?
«
»Sag mir, was ich tun soll«, bat er. »Sag mir, wie ich das hier in Ordnung bringen kann. Soll ich ihn töten?« Endlich mal eine echte Idee.
»Nein!«
»Es wäre ein fairer Kampf. Im Moment sind Juba und der Andere zwar gefesselt und bewusstlos, aber ich könnte Juba wecken, ein bisschen warten und dann die Säbel oder Pistolen holen. Ganz nach seiner Wahl. Oder wir nehmen einfach unsere Fäuste.« Ja, die Idee gefiel ihm.
»Nein!«, rief sie und rückte ein wenig von ihm ab. »Nein. Du ... du ...« Ihre Blicke trafen sich.
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