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Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)

Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Campion
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Beste aus der Lage zu machen. Wie bei derartigen Feierlichkeiten üblich, würde der gesamte Hofstaat eigens zu diesem Anlass eine Garderobe erhalten, damit alle farblich dem Grundthema entsprachen. Die Hochzeit sollte zwar im Oktober stattfinden, doch da die Farben des Prinzen Grün und Weiß waren, würde farblich nicht die Pracht des herbstlich bunten Verblühens aufgegriffen werden, sondern die Hoffnung und Frische des Frühlings.
    Ich bedurfte all meines Geschicks, mich wieder und immer wieder auf die gebieterischen Forderungen und Stimmungsschwankungen der Königin einzustellen. Auf der einen Seite war sie froh, ihren Sohn und ihr Mündel so glücklich zu sehen, auf der anderen Seite war sie erzürnt darüber, dass sie sich heimlich im Haus der Schwester von Joans verstorbenem Mann getroffen hatten, einer Frau, die unlängst selbst eine skandalöse Heirat eingegangen war. Auf der einen Seite schien Queen Philippa dankbar für die Gelegenheit, ihre eigene Gemütsverfassung und die der Angehörigen des Hofs mit einem ausschweifenden Fest aufbessern zu können, auf der anderen Seite ärgerte sie sich über die Tatsache, dass keinerlei politischer Gewinn erzielt wurde. Dies war eine Heirat, die der Familie keine neuen strategischen Verbündeten einbringen würde. Wann in einem bestimmten Moment Freude und wann Verärgerung überwog, war für mich unmöglich abzuschätzen. Ich achtete auf jede kleine Geste, auf jeden veränderten Unterton, um auf die jeweils unverfänglichste Weise zu reagieren. Abend für Abend fiel ich völlig erschöpft ins Bett. Doch gab es auch Momente, in denen Philippa ihre Dankbarkeit zeigte – und das entschädigte für vieles. Sie konnte überaus großzügig sein, sowohl was Geschenke als auch was Lobpreisungen betraf.
    Ende September zählte ich zu dem Gefolge der Königlichen Familie, das die Särge von Mary und Margaret zur Abtei von Abington begleitete. Zwar traten die Menschen aus ihren Häusern, wenn wir ihr Dorf durchquerten, und erwiesen dem königlichen Zug die Ehre, ihre Haltung jedoch war ernst und häufig furchtsam – Seuchenopfer, so hochherrschaftlich sie auch sein mochten, erregten eben Angst. Dennoch waren die Dorfbewohner natürlich neugierig, ihren König und ihre Königin zu sehen, und wenn ihre Blicke auch auf mich fielen, konnte ich an ihnen ablesen, wie sie
überlegten, wer wohl diese Frau in dem pelzgefütterten Umhang und den hübschen Lederstiefeln sein könnte, die auf einem solch herrlichen Pferd saß. Es erinnerte mich daran, wie Außenstehende meinen Rang im Hofstaat der Königin wahrnehmen mussten. Ich hatte eine hoch angesehene Stellung inne und durfte mich ungeheuer glücklich schätzen.
    Ich selbst fühlte mich dem Kreis der Höflinge noch immer nicht richtig zugehörig. Doch beim Einschlafen sah ich die Gesichter dieser Dorfbewohner wieder vor mir und stellte mir vor, sie würden mich dabei beobachten, wie ich das prachtvoll bestickte Nachtgewand der Königin aus der Truhe nahm oder über geflieste Steinböden schritt, auf denen duftende Blüten und frische Binsen ausgestreut lagen. Ich lebte sicher und behaglich, umgeben von Schönheit und Überfluss. Diese Gesichter lehrten mich Demut und Dankbarkeit.
    Durch einen Verwalter in unserer Gesellschaft, der weiter nach Oxford reiste, hatte ich Dom Hanneye eine Nachricht zukommen lassen. Ich hoffte, mein geliebter Beichtvater, den ich nur noch sah, wenn er seinen Bischof nach London begleitete, könnte es vielleicht irgendwie einrichten, mich in Abington zu besuchen. Zu meiner großen Erleichterung traf er einen Tag vor unserer Rückreise ein, und die Königin erlaubte mir, mich mit ihm zu treffen.
    Mit jedem neuen Verlust in meinem Leben wuchs Dom Hanneye mir näher ans Herz, denn er hatte all jene gekannt, um die ich nun trauerte. Jetzt schien er abgemagert, und sein einst rundliches Bubengesicht wirkte abgespannt, als würde er schlecht schlafen. Zu Beginn überließen wir uns ganz den Erinnerungen an meine dahingegangenen Angehörigen, weinten und umarmten uns. Erst nachdem der Toten liebevoll gedacht war, stellte ich ihm die Frage, die mir auf der Seele lag.
    »Glaubt Ihr, Gott und die Heilige Mutter Gottes sehen angewidert auf mich herab und halten mich für das undankbarste Geschöpf auf Erden, wenn mir hier doch so viel Gunst zuteil wird?«
    Es beruhigte mich, als Dom Hanneye mir versicherte, dass in meiner Lage jedermann Gram empfinden würde.
    »Ich habe Euch mit Ihrer Königlichen Hoheit in der

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