Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
die er vom Knappen erhalten hatte, wusste ich genau, wie rasch der König und die Königin ihre Meinung ändern konnten.
Majestätisch in Rot und Gold gehüllt, dankte der König William dafür, dass er mich sicher geleitet hatte, und entließ ihn. Mit offenbar aufrichtig gemeinter Sorge forderte er mich danach auf, zu Wein und einer leichten Mahlzeit neben ihm Platz zu nehmen und ihm alles zu erzählen, was vorgefallen war. Er lobte mich dafür, dass ich Mary aus diesem
traurigen Haus geholt hatte, und erkundigte sich, ob er noch irgendetwas tun könne, um meine Sorgen hinsichtlich der Familie zu lindern.
»Eure Hoheit, ich würde gerne meine Tochter treffen.«
»Warum auch nicht? Queen Joan lebt nicht weit entfernt.«
Mein Herz jubilierte. »Und sobald Ihr es für sicher genug erachtet, Eure Königliche Hoheit, würde ich gerne meine Schwester Mary häufiger besuchen. Bald wird sie ins heiratsfähige Alter kommen, und mir sind diese letzten Jahre ihrer Kindheit sehr wichtig.«
Er legte mir eine beringte Hand auf jede Schulter und versprach, mir dies zu ermöglichen, sobald er die Lage für sicher genug erachte.
»Denn ich würde Euch niemals vorsätzlich einer Gefahr aussetzen wollen, zugleich möchte ich Euch jedoch nicht länger den Austausch mit Eurer Schwester vorenthalten. Und ich habe auch mein Versprechen nicht vergessen, dass Eure Tochter eines Tages in Eurer Nähe wohnen wird. Aber warum seid Ihr mit Euren Besorgnissen um Eure Familie nicht zu mir gekommen, Mistress Alice?«
»Ich hielt es für unziemlich, Eure Hoheit. Ich stehe schließlich in Diensten Ihrer Königlichen Hoheit Queen Philippa.«
»Erinnert Euch an Sheppey, Mistress Alice. Ich versprach Euch dort, Ihr würdet wieder glücklich sein.« Er küsste mich auf beide Wangen. Ich war froh, dass er mich noch immer an den Schultern hielt, weil ich ohne diese Stütze vermutlich zu Boden gesunken wäre.
Ein Page brachte mich in meine Kammer zurück.
Gwen begrüßte mich an der Tür mit einer stürmischen Umarmung. Dann zog sie mich in den Raum, schloss die Tür und lehnte sich dagegen. Die Spuren in ihrem Gesicht und das zerknüllte Tuch in ihrer Hand sagten mir, dass sie die ganze Zeit aus Sorge geweint haben musste.
»Verzeiht, Mistress Alice, aber ich muss es wissen – werden wir bestraft dafür, dass wir Ihrer Hoheit ungehorsam waren?«
»Wie ich dir bereits auf der Barke erzählte, hat der König unser Handeln in Schutz genommen. Offen gesagt, hält er es sogar für richtig.« Mir war jedoch noch immer nicht klar, wie die Königin mich behandeln würde. Sie hatte so ihre eigenen ausgeklügelten Bestrafungsarten. »Wurde schon nach uns gerufen?«
»Ihr sollt ihr heute Abend ihre Mandelmilch bringen.«
Ein Gespräch unter vier Augen. Davor graute mir.
»Außerdem sollt Ihr baden, und sämtliche Kleidung, die wir getragen haben, soll verbrannt werden, damit wir nicht die Pest in ihre Gemächer einschleppen können. Ich habe schon gebadet und mich umgezogen.«
Nach dem Abendessen folgte ich Ihrer Königlichen Hoheit mit bangem Herzen in ihr Schlafgemach. Doch sie sprach lediglich von ihrer Freude darüber, dass ich meiner Familie hatte beistehen können, und erwähnte den Vorfall anschließend mit keinem Wort mehr. Ich hatte erwartet, zumindest eine gewisse Verärgerung mir gegenüber zu spüren, die sie vielleicht nicht einmal offen zum Ausdruck bringen würde, entdeckte in ihrem Verhalten jedoch nicht die geringste Feindseligkeit. Da sie so vehement darauf beharrt hatte, dass ich nicht zu meiner Familie in die Stadt gehen dürfe, erschien mir dies höchst sonderbar. Selbst wenn der König sie davon überzeugt haben sollte, mir in dieser Notlage eine Ausnahme zu gestatten, hätte ich doch damit gerechnet, auf einen gewissen Verdruss zu stoßen. Sie behandelte mich jedoch, als hätte ich sie in keinster Weise verärgert. Ich bekundete tiefe Reue, ihre Anweisungen missachtet zu haben. Sie erklärte lediglich ihr Verständnis und sprach von ihrem eigenen Kummer über den Tod so vieler Freunde und Verwandte.
In dieser Nacht weinte ich lange um meine Verluste und die der Königin und rief mir all die schönen Erlebnisse mit meinem geliebten Bruder Will in Erinnerung, dessen Leben doch nur so kurz gewesen war.
Gleich einer Entschädigung für so viel Herzensleid träumte mir aber auch von einer Liebesnacht mir William Wyndsor, dessen nackten Körper meine Hände gierig erkundeten. Am nächsten Morgen erregte und verwirrte mich der
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