Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
Wyndsor gehört zu der Vorhut, die hinübersegelt, um dem Earl und seinem Gefolge den Weg zu bereiten.« Joan beobachtete mich genau, als sie fortfuhr: »Seid Ihr sicher, ihm nicht wohlwollend geantwortet zu haben? Womöglich seid Ihr einander bindend versprochen.«
»Ich habe nicht zugestimmt.«
»Natürlich könntet Ihr ihn auch heiraten und dennoch im Hofstaat Ihrer Königlichen Hoheit bleiben, zumindest solange Ihr kein Kind bekommt«, sagte Joan.
Ich versicherte ihr, dass ich nicht die Absicht hätte, Sir William zu heiraten. Sie betrachtete mich mit einem rätselhaften Gesichtsausdruck.
»Habt Ihr schon einmal mit Seiner Königlichen Hoheit gespeist?«, fragte Elizabeth in die lange Pause hinein, die entstanden war.
Ich schüttelte den Kopf.
»Aber Ihr seid häufig mit ihm allein auf Beizjagd gegangen, hab ich Recht?« Elizabeths Ton war ebenso herausfordernd wie ihr Blick.
»Früher, aber inzwischen schon lange nicht mehr.« Ich entschuldigte mich und ging.
Als ich an Joan vorbeikam, berührte sie meinen Arm und sagte so leise, dass nur ich es hören konnte: »Ich bin Eure Freundin. Kommt zu mir, wenn Ihr Hilfe braucht.«
Ich verließ den Saal in einem Taumel der Gefühle. Draußen wusste ich nicht, wo ich Trost finden mochte. Ich hatte Elizabeth für eine Freundin gehalten, meine einzige im Hofstaat der Königin. Aber nun bekam es den Anschein, als habe sie sich nur an mich gehalten, um Neuigkeiten aus mir herauszulocken, und diese Erkenntnis enttäuschte mich
zutiefst. Dabei hätte mich ihre Art, ein Gespräch zu führen, früher misstrauisch werden lassen sollen. Ständig diese bohrenden Nachfragen und wie sie gerade genug von sich offenbarte, um mich zum Weitersprechen zu verleiten. Erfreut hatte mich bei der ganze Sache hingegen die Hilfsbereitschaft von Countess Joan. Und die Nachricht von Williams Abreise nach Irland hatte mich ebenfalls erleichtert. Es dürfte zu seinem Besten sein, dass wir nun getrennt waren, denn nach meiner Entführung in Oxford stand mir nur allzu deutlich vor Augen, in welch große Gefahr ich jeden in meinem Umfeld bringen konnte. Ich war Countess Joan dankbar für die Auskünfte über ihn und noch dankbarer für den angebotenen Freundschaftsdienst, obwohl mir unklar blieb, warum sie mich ermunterte, ausgerechnet bei ihr um Hilfe nachzusuchen. Wie sollte sie meine Vertraute werden, eine Frau, die kurz davorstand, den künftigen König zu heiraten? In wenigen Tagen würde sie Princess Joan sein. Und ich wäre wieder allein.
»Dame Alice?« Gwen stand hinter mir und hielt einen leichten Umhang in den Händen. »Wollt Ihr ein wenig in den Park gehen?«
»Ich wünschte, Geoffrey wäre hier. Oder meine Schwester Mary.« Ich streckte meine Hand aus. »Geh du mit mir, Gwen. Sei meine Vertraute.«
Wir gingen und gingen, während ich ihr von dem Gespräch erzählte.
»Es tut mir leid, dass Elizabeth sich als unaufrichtig erwiesen hat«, sagte Gwen. »Aber wie liebenswürdig von der Countess.«
»Ich möchte gerne glauben, dass es freundlich gemeint ist, aber auf sie verlassen möchte ich mich lieber nicht. Sie wird schon bald Prinzessin sein, Gwen. Warum sollte sie sich mit mir anfreunden?«
»Ist es nicht denkbar, dass es manche am Hof tatsächlich ehrlich meinen?«
Schon viel zu rasch wurde es Zeit, sich für den Abend umzukleiden. Ich wählte mein hübschestes Ensemble, eine rote eng anliegende Schnürbrust, Ärmel mit einem wirbelnden Muster sowie einen Rock in der Farbe dunkler Waldbeeren. Die Knöpfe auf dem Schnürleib und an den Ärmeln waren aus Silber. Gwen befestigte mein Haar in lockeren Schlaufen rund um die Ohren und fasste es dann in einem silbernen Haarnetz zusammen, das mit einem gleichfalls silbernen Band gehalten wurde.
An der Tür zum Gemach des Königs hob Stury den Arm, um Gwen aufzuhalten.
»Ihr werdet mit mir gemeinsam hier draußen warten«, sagte er. »Ich werde nach etwas Essen und Wein schicken und nach einem Kohlenbecken, damit Ihr nicht friert.«
Gwen zupfte noch einen Moment lang an meiner Garderobe herum. »Vielleicht hätte ich Euch nicht begleiten sollen. Vielleicht schickt sich das nicht.«
Ich drückte ihre Hand und bedeutete dann dem Knappen mit einem Nicken, dass er mich nun ankündigen konnte.
In einem herrlichen kurzen grünen Wams, auf dem mit Silberfaden das Emblem des Hauses Plantagenet gestickt war, schritt der König durch den Raum auf mich zu, umarmte mich und küsste mich auf die Stirn.
Wie immer brachte mich seine
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