Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
entscheiden, ärgern konnte. Als er mich losließ,
bat ich darum, mich in meine Kammer zurückziehen zu dürfen.
»Nein, Alice.« Er sagte es nicht zornig, aber seine Miene war ernst und sein Ton entschieden. »Ich möchte, dass mein Hofstaat und alle, die ich als Freunde betrachte, dich besser kennenlernen.«
Und was war mit der Königin? Mich seinem Hofstaat vorzustellen … Mir würde kein eigenes Leben mehr bleiben, keine eigener Wille. Einmal auf diese Weise eingeführt, wäre mein Ruf für immer besiegelt.
Allerdings war ich in Wahrheit bereits angeklagt und für schuldig befunden worden und wurde spätestens seit Sheppey sowieso schon als Buhle des Königs betrachtet.
Mit regelmäßigen Atemzügen versuchte ich, meine Panik zu besänftigen. Ich sagte mir, dass dies doch eigentlich war, wonach mein Herz sich so sehnte, und ich womöglich darin ja auch einen Weg zu Freude und vielleicht sogar zum Glück finden würde.
Auf ihrer Hochzeitsfeier glänzten Prince Edward und seine Braut Princess Joan in ihren mit kostbaren Edelsteinen und Perlen besetzten grün-weißen Gewändern, und auch ihre beiden Gefolge einschließlich der Söhne und Töchter aus Joans Ehe mit Thomas Holland trugen die gleichen Farben. Das Paar wirkte so glücklich, als er auf dem Fest tanzte. Für mich war es ein Tag mit gemischten Gefühlen, rief er doch die Erinnerungen an meine eigene Hochzeit wach, dennoch freute ich mich für Joan. Am meisten freute es mich indes, dass Edward sein Versprechen gehalten hatte und Bella in Joans Gefolge an den Feierlichkeiten teilnahm. Ich hatte meine Tochter seit Monaten nicht gesehen.
Der König schenkte mir während der Festivitäten keinerlei Beachtung und sah, soweit ich es bemerkte, kein einziges
Mal in meine Richtung. Der Anblick des weißhaarigen Königs in einer solch offiziellen Funktion, wie er in diesen prächtigen, mit seinen Wappen geschmückten Kleidern seinem Erben den Segen spendete, ließ mich doch arg ins Grübeln kommen, wie ich mir jemals hatte einbilden können, dass er mich begehrte. Gewiss war alles bloß ein Traum gewesen.
So gründete mein Wohlgefallen allein auf Bellas Anwesenheit. Dieses Mal schien sie voll ungestümer Freude, mich zu sehen, und umarmte mich mit all der Herzlichkeit und Liebe, die ich mir nur wünschen konnte. Geoffrey erklärte sie zum hübschesten Wesen im gesamten Rittersaal, und sie kicherte, knickste und wand sich vor Entzücken über seine Komplimente. Wir verbrachten nur ein paar Tage zusammen, viel zu wenige, bevor sie wieder mit nach Hertford fortgerissen wurde.
Queen Philippa hielt Wort, und sobald sie sich von der königlichen Hochzeit erholt hatte, widmete sie sich ganz dem Entwerfen meiner neuen Garderobe, wohnte den Anproben bei und begutachtete vor ihrer Fertigstellung die Resultate. Mit Ausnahme einiger Seiden- und Samtstoffe sträubte ich mich eigentlich gegen alles, doch sie wies meine Einwände zurück. Sie suchte für mich alle Rotschattierungen von Rosa bis Violett sowie tiefgoldene und indigofarbene Stoffe aus. Ich freute mich bei dem Gedanken, wie ich Edward wohl darin gefallen würde, und meine Beichten und Gebete drehten sich allesamt um mein schuldbewusstes Entzücken über diese sinnlichen Stoffe und glanzvollen Farben. Dom Creswell schien mein Drang nach Beschränkung zu belustigen. Die wahren Sünden in meinem Herzen, meinen Betrug an der Königin bei jedem Lächeln, das ich Edward schenkte, beichtete ich ihm allerdings nicht.
Es folgte eine Zeit, in der Edward und ich auf immer merkwürdigere Weise Katz und Maus miteinander zu spielen begannen. So gehörte ich zwar weiter seinen morgendlichen Jagdpartien an und nahm zusammen mit Angehörigen seines Hofstaates an zwanglosen Abendessen in seinem Gemach teil, aber er küsste mich nicht mehr und berührte mich auch nicht. Seine Ausstrahlung raubte mir jedoch nach wie vor die Sinne, und ich hatte entsetzliche Angst vor der ungeheuren Tragweite dessen, was vor uns zu liegen schien.
In dieser Zeit waren er und ich nie allein. Er verhielt sich stets höflich und zuvorkommend, aber nicht mehr.
Ich bezweifelte, dass er meine neue Eleganz überhaupt wahrnahm. Immerhin schickte er nach Master Adam, der den Ursachen für meinen Gewichtsverlust und die Ränder unter meinen Augen nachgehen sollte.
Der Leibarzt musste sich mit der Teilwahrheit begnügen – ich brachte es einfach nicht über mich, ihm anzuvertrauen, wie stark mich der Widerstreit zwischen meiner wachsenden
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