Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
mehr zeigen könnte.« Ein Zeitpunkt, den er nicht mehr erlebt hatte.
Edward nahm meine Hand und küsste sie. »Du hast ihn wirklich sehr geliebt.«
»Mit jeder Faser meines Herzens«, flüsterte ich.
»Ich hoffe, du kannst mir verzeihen für die Art, in der ich dir von seiner Ermordung erzählt habe.«
Ich holte tief Luft, um meine Stimme zu festigen. »Es ist seine Abwesenheit und die Vorstellung seiner Qualen, die mir die Kehle zuschnüren, nicht die Art, wie es mir erzählt wurde.«
Wir sprachen in dieser Nacht noch lange darüber, wie sich mein Leben durch das Ehegelöbnis zu Janyn verändert hatte. Es war eine Nacht, die Edward und mich als Freunde zusammenwachsen ließ. Wir aßen gemeinsam, tranken Wein, lachten, hänselten einander sogar, und für mich wurde es ein Wendepunkt, der mich beruhigter in die Zukunft blicken ließ. Ich hatte das Gefühl, dass es eine zusätzliche Absicherung für mich bedeutete, Edwards Gefährtin zu sein, eine Freundin, mit der er einfach gerne zusammen war, ob nun im Bett oder außerhalb. Ich hielt ihn als Freund für verlässlicher als allein in seiner Rolle als Liebhaber.
»Ich werde dich künftig häufiger an meinen Abendessen mit Kaufleuten teilnehmen lassen«, sagte er. »Es dürfte sehr gewinnbringend für mich sein, deine Eindrücke zu erfahren.«
Ich begann zu verstehen, wie ich mich in seine Welt einfügen könnte, und das erleichterte mich. Aber ich trank auch regelmäßig die bittere Medizin, die Gwen zuzubereiten gelernt hatte, um eine Schwangerschaft zu verhindern.
Ich sah Edward nicht täglich, und so gelang es mir, ein Gegengewicht aufzubauen und eine Art Doppelleben zu führen zwischen dem Öffentlichen und dem rein Privaten. Ich wandte mich wieder häufiger anderen zu, kümmerte mich um meine Freunde Geoffrey, Richard und die Schwestern de Roet, die zwar zu äußerst albernem Benehmen neigten, seit sie all ihre Aufmerksamkeit wie besessen auf das andere Geschlecht richteten, die sich aber dennoch weiterhin erfrischend ehrlich und wissbegierig zeigten. Selbst einige der anderen Frauen aus dem Hofstaat der Königin begegneten mir nun freundlicher, und wir unterstützten uns gegenseitig zum Wohle unserer Herrin.
Leider wurde die schwindende Gesundheit Queen Philippas allen bei Hofe immer offensichtlicher. Vier Jahre waren inzwischen seit ihrem Reitunfall vergangen, und ihr langer Kampf mit den Schmerzen forderte seinen Tribut. Eine Schönheit war sie meines Wissens nie gewesen. Stets ein wenig fülliger als das Ideal, etwas plump in ihren Bewegungen und mit einer durch chronischen Husten und Schnupfen ächzenden und brüchigen Stimme. Doch geschickt geschminkt und mit kunstfertig geschneiderten Kleidern und Schleiern hatte sie stets gefällig ausgesehen, bisweilen sogar strahlend und auf jeden Fall immer majestätisch. Zum Leidwesen aller wurde es aber zunehmend schwieriger, die geplatzten Adern in ihrem Gesicht, ihren schleppenden Gang und ihre krumme Körperhaltung zu verbergen. Sie war siebenundvierzig Jahre alt, zwei Jahre jünger als Edward, wirkte aber mindestens ein Jahrzehnt älter.
Sie ließ sich nicht täuschen von den beruhigenden Phrasen
und heuchlerischen Leugnungen, mit denen viele ihrer Hofdamen sie bedachten.
»Eure Pausen steigern nur den würdevollen Ausdruck«, bemerkte Lady Eleanor einmal.
»Wenn ich stattdessen bloß nicht so laut keuchen würde, dass es die Musiker übertönt«, erwiderte die Königin. »Oder werdet Ihr etwa auch taub?«
Queen Philippa sprach lieber ganz unverhohlen über ihr Altern. »Du wirst dich nicht mehr so bemühen, jedes Sonnenfleckchen im Park zu meiden, wenn deine Knochen einmal so alt und morsch sind wie meine«, zog sie Katherine de Roet auf.
»Aber die Sonne verdunkelt meine Haut höchst unvorteilhaft«, widersprach Katherine.
»Dunklere Haut verbirgt mehr Falten«, entgegnete die Königin und lachte amüsiert auf.
Tatsächlich hatte sie erst unlängst den Bau ihrer Gruft in Auftrag gegeben und sprach mir gegenüber häufig über ihren Wunsch, prachtvoll gekleidet und mit Juwelen geschmückt auf Edward warten zu wollen, der einst neben ihr beerdigt werden sollte.
Dieses ständige Gerede vom Tod erinnerte mich an meine eigene ungewisse Zukunft. Ich durfte niemals vergessen, dass ich bloß eine Bürgerliche war. Würde Edward nach Philippas Tod noch einmal heiraten, und würde diese Frau ihn dann bereitwillig mit mir teilen? Außerdem verfolgte mich das von ihr gezeichnete Schreckensbild von Edwards
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