Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
Aufgabe, für das Wohlbefinden der Königin zu sorgen, und war froh, wenn mir kaum Zeit zum Nachdenken blieb, denn die Erhabenheit der vielen Adligen, die im Schloss weilten, entmutigte mich, da sie die Kluft zwischen Edward und mir noch unterstrich.
Unter uns im Schlafgemach oder mit unseren Falken und Hunden auf der Jagd waren Edward und ich einfach ein Mann und eine Frau, die gerne ihre Zeit miteinander verbrachten, gemeinsam ihre Begierden stillten und sich Geschichten erzählten. Aber die großartigen Aufzüge, die das Georgsfest und den Hosenbandorden stets umrahmten, die Turniere und Wettkämpfe, die Glorie und Ausstrahlung von uralten Ritualen und ehrwürdigen Adelsfamilien, dazu noch Edwards Stellung als von Gott gesalbter König, all dies erdrückte mich schier. Ich fühlte mich klein, gewöhnlich, einfältig und allein.
Er wirkte geradezu überlebensgroß, als er den Reiterzug der sechsundzwanzig Ordensritter anführte. Alle trugen die blau-goldenen Festgewänder des Hosenbandordens, doch sein mit Hermelin gefütterter Umhang war der prächtigste. Die weißen Haare wallten eindrucksvoll unter seiner Krone
hervor. In feierlichem Ernst ritten sie um das Turniergelände, während Verwandte, befreundete Ritter, Erzbischöfe, Bischöfe, Gefolgsmänner, Schreiber und Dienstleute jubelten. Die Königin stand, umgeben von ihrer Tochter Isabella und den Frauen ihrer Söhne, stolz in der Mitte der Tribüne und trug als Lady des Hosenbandordens ebenfalls ein Gewand aus Gold und Indigo. Hinter der königlichen Familie waren die Frauen der Ordensritter gruppiert. Ich gehörte zu dem halben Dutzend Hofdamen Philippas, die sich im Schatten der Tribüne bereithielten, ihr im Notfall mit Kissen, Decken und Erfrischungen zu Hilfe zu eilen. Der Klang der Fanfaren jagte mir einen Schauer über den Rücken, ebenso wie die darauf einsetzenden Freudenrufe. Ich war begeistert, Zeugin eines solch überwältigenden Schauspiels zu sein, aber als ein Teil davon fühlte ich mich nicht.
Philippa sowie ihre leiblichen und angeheirateten Töchter beeindruckten mich nicht weniger als die Ritter auf ihren würdevoll trabenden Rössern. Die edlen Frauen hielten sich so aufrecht und wirkten von Kopf bis Fuß so majestätisch. Am selben Morgen hatte die anmutige Blanche erst die niederschmetternde Nachricht vom Tod ihrer geliebten Schwester Maud erreicht. Philippa, Joan, Isabella und Elizabeth, die Countess of Ulster, hatten der erschütterten Lady Trost gespendet, mit ihr geweint und Erinnerungen ausgetauscht. Anschließend waren sie einvernehmlich zu dem Entschluss gekommen, bis zum Ende der Feierlichkeiten nichts über den Schicksalsschlag verlauten zu lassen.
»Dann werden wir die traurige Nachricht bekanntgeben, damit ein jeglicher um Maud trauern und für ihr Seelenheil beten kann.« Queen Philippa versprach, im gesamten Königreich Trauermessen lesen zu lassen.
Blanche, die stets bemüht war, den Menschen in ihrer Umgebung, allen voran ihrer Schwiegermutter, wohlgefällig zu
sein, und die ihre Rolle genau verstand, erklärte sich einverstanden. Als ich nun von unten zu ihr auf die Tribüne sah, konnte ich sehen, wie erschöpft und blass Blanche war, wie fahrig in ihren Bewegungen und wie häufig sie auf den Stuhl sank, obwohl ihr dann die anderen Stehenden die Sicht auf ihren Gemahl und dessen Ordensfreunde unten auf dem Turnierfeld nahmen. Sie hatte mein tief empfundenes Mitgefühl. Ich war demnach keineswegs die Einzige, die unter den Zwängen des Hoflebens zu leiden hatte, doch wusste die königliche Familie ihren Schmerz gekonnt zu verbergen.
Ich erinnerte mich noch, wie ich sie mir früher als Sagengestalten vorgestellt hatte, und plötzlich kam es mir überaus töricht vor, zu glauben, einer der ihren könnte in mir seine Angebetete sehen.
Später an diesem Tag zweigte ich eine Stunde von meinen Pflichten ab, um Geoffrey zu treffen, der am Vortag im Gefolge der Countess of Ulster angereist war.
»Dann wirst du wohl demnächst in Irland sein«, sagte ich, als mir Williams Worte einfielen. »Gemeinsam mit deinem Herrn.«
»Eher nicht. Ich halte es für wahrscheinlicher, dass ich hierbleibe, bei jenen, die sich um Lionels Besitzungen kümmern. « Er lachte über meinen mitfühlenden Gesichtsausdruck. »Ehrlich gesagt, bin ich erleichtert. Ich verstehe mich ausgezeichnet mit einigen der Hofritter und mache mir Hoffnungen, als Esquire in die Dienste Seiner Hoheit des Königs aufgenommen zu werden.« Er musterte mich
Weitere Kostenlose Bücher