Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
aufmerksam und fügte hinzu: »Wie ich höre, könntest du auch einen gewissen Einfluss auf den König geltend machen, ist das wahr, Alice? Bist du seine Herzensdame bei der Beizjagd wie in seinem Schlafgemach?«
Ich senkte den Kopf. Die Bestürzung über meine Blauäugigkeit war noch zu frisch.
Er legte seine Hände auf meine Schultern und beugte sich näher, um mir in die Augen sehen zu können. »Bist du denn nicht glücklich?«
Ich wusste mich seinen neugierigen Blicken nicht länger zu entziehen und hob den Kopf. Er gab einen mitfühlenden Seufzer von sich und wischte mir eine der Tränen ab, die mir die Wangen hinabliefen.
»Ich war ein solcher Dummkopf, Geoffrey. Ich habe meine Ehre an einen Mann verloren, dem ich niemals würdig sein werde, und dennoch bilde ich mir etwas auf seine Liebe ein.«
»Was soll daran töricht sein, Alice? Der König muss dich offenbar für würdig gehalten haben, denn er hat dir schließlich den Vorzug vor allen anderen Frauen bei Hofe gegeben. Denkst du noch immer an Criseyde?«
»Mehr denn je.« Ich hob einen Ärmel, um ihm die Perlen zu zeigen, die in Form einer Ranke auf den Seidenstoff genäht worden waren. Edwards Perlen. »Meine prunkvollen Gewänder.«
»Nicht unbedingt sagenhaft, aber ich verstehe, was du meinst. Ehrlich.« Zu meiner Überraschung und Freude nahm Geoffrey mich in den Arm und hielt mich, ausnahmsweise ohne dabei zu reden. Wenigstens er betrachtete mich noch immer als Freund, und dafür schätzte ich ihn sehr.
Am vierten Tag trat William auf mich zu, als ich mit den Schwestern de Roet im Park spazieren ging.
»Können wir unter vier Augen sprechen?«
Der Ton seiner Stimme verriet mir nichts.
In heller Aufregung, wie immer in Gegenwart eines stattlichen Ritters, drängten mich die Mädchen, seiner Bitte zu entsprechen.
Während wir nach einem Platz suchten, wo wir uns ungestört
unterhalten konnten, fiel mir auf, wie ausgelaugt vom vielen Reisen William wirkte. Wir fanden eine Bank, die vor Blicken geschützt hinter einer Hecke lag. Er betrachtete mein Gesicht so eindringlich, als wollte er sich jede Einzelheit einprägen.
»Ihr verschwandet in solcher Rage«, sagte ich. »Wart Ihr fort?«
Er knurrte. »Bin geritten, bis ich nicht länger reiten konnte. Hab getrunken, bis ich nicht länger trinken konnte. Hab den König verflucht. Hab mich verflucht, weil ich hatte warten wollen, bis wir uns besser kannten. Wir haben uns doch unser Wort gegeben, Alice, hast du das nicht begriffen? Nicht begriffen, dass du mein Weib bist?«
»Das ist nicht wahr. Ich habe Euch nichts versprochen.«
Sein Kiefermuskeln verrieten, wie viel Anstrengung es ihn kostete, nicht die Haltung zu verlieren. »Liebst du mich denn nicht, Alice?« Entrüstung verfinsterte sein markant geschnittenes Gesicht. Er wartete meine Antwort erst gar nicht ab. Fest schlossen sich seine Hände um meine. »Liebst du ihn?«
»Ja, das tue ich, William, mehr als jeden anderen.«
Für einen Moment senkte er sein vor Erregung verzerrtes Gesicht und rang um Fassung. Die Anspannung zwischen uns wurde fast greifbar.
Ich suchte noch nach einem Weg, diese Auseinandersetzung zu beenden, da richtete er sich plötzlich auf und trug eine betont gleichgültige Miene zur Schau.
»Er wird deiner müde werden. Wir müssen nur abwarten.«
Sein unsinniges Liebeswerben hätte mich fast zum Lachen gebracht, doch es entging mir nicht, wie schwer es ihm weiter fiel, seine Empörung zu zügeln. Mehr war dem galanten William also während all seiner Reiterei und Saufgelage nicht eingefallen – nur dass der König meiner müde werden
würde. Und für die Bereitschaft, sich in Geduld zu üben, erwartete er jetzt auch noch Dankbarkeit von mir.
»Wartet nicht auf mich, William. Ich spreche Euch von Eurem Versprechen frei. Mein Schicksal liegt allein in den Händen des Königs.«
»Ich werde dich besitzen, Alice. Du bist mein Weib.«
Er beugte sich zu mir, als wollte er mich küssen, doch sich nähernde Schritte hielten ihn davon ab.
»Ich bin nicht Euer Weib, William«, sagte ich so leise, wie es mein Zorn mir erlaubte.
»Ich werde dem König sagen, dass wir einander versprochen sind und dass ich auf dich warten werde«, beharrte er.
»Ihr werdet nichts dergleichen tun, William.« Er konnte doch unmöglich so einfältig sein und glauben, eine solche Erklärung würde auf Edwards Wohlwollen stoßen. Was hatte er vor? Edward hatte gesagt, er würde einen Ehemann für mich finden, sollte er meiner jemals
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