Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
war nur noch ein Flüstern, da ich nur schwer zu Atem kam. Einerseits fürchtete ich, erneut zu hören, was Edward mir bereits erzählt hatte, andererseits fürchtete ich, zu erfahren, dass er mich belogen hatte.
Dom Franciscos unheimliche Augen schienen allein auf mir zu ruhen, aber als Philippa kaum merklich den Kopf schüttelte, zuckte der Priester sofort mit den Achseln und
hob entschuldigend die Hände. »Ich kenne nur den Teil der Geschichte, der die Abtei betrifft. Tut mir leid.«
Ich glaubte ihm nicht, aber wenn die Königin nicht wollte, dass ich mehr erfuhr, würde ich mit weiteren Nachfragen nur Zeit verschwenden und ihre Langmut auf die Probe stellen.
»Und nun ist dieses Kind von Isabella am Fieber gestorben und das Geheimnis nicht länger gefährlich«, sagte ich. Zu spät. Fünf Jahre zu spät. Mir wurde schlecht.
»Ihr werdet natürlich verstehen, dass Ihr davon niemals sprechen dürft«, sagte Philippa. »Ausgenommen, eines Tages, wenn sie alt genug ist, könnt Ihr vielleicht Eurer Tochter erklären, welch kostbares Geheimnis ihr Vater und dessen Familie gehütet haben. Aber Ihr werdet mit sonst niemandem über diese Sache reden. Man weiß nie, wozu skrupellose Menschen ein solches Wissen womöglich noch verwenden würden.«
»Stets zu Euren Diensten, Eure Hoheit.« Fast wären mir die Worte im Halse stecken geblieben.
Der Priester stand auf. »Mein Auftrag ist hiermit abgeschlossen. Benedicite, Eure Königliche Hoheit. Möge Gott über Euch, Eure gesamte Familie und Euren Hofstaat wachen. « Er segnete sie und dann mich. Ein Diener brachte ihn nach draußen.
Die Königin hatte sich nicht bewegt. Bediente waren hereingekommen und hatten mehr Wein gebracht, außerdem etwas Obst, Käse und Brot. Ich erhob mich und sah eine Weile aus dem kleinen Fenster. Mit Mühe gelang es mir, stumm zu bleiben und darauf zu warten, dass die Königin das Schweigen brach. Ich hoffte, sie würde über Reue vonseiten Isabellas und Edwards sprechen. Wilde, verrückte Gedanken rasten mir durch den Kopf. Am liebsten wäre ich zu den Ställen gerannt. Ich sehnte mich danach, zu reiten,
rasend schnell zu reiten, den Wind in meinen Haaren zu spüren und meine verzweifelte Wut dort hinauszuschreien, wo sie keinen Schaden anrichten konnte. Vielleicht würde ich einfach ewig weiterreiten, ein Ritt ohne Ziel, denn an seinem Ende würde niemand auf mich warten. Mich erwartete nirgends jemand. Keiner. Nirgends. Ich schluchzte ungewollt auf.
»Glaubt nicht, ich wüsste nicht um den Schmerz, den dieses Treffen in Euch hat wiederaufleben lassen, Alice.« Die Stimme der Königin riss mich zurück in das von Blau – und Goldtönen beherrschte Gemach.
Bemüht, meine Atmung zu beruhigen, ging ich langsam zu meinem Stuhl zurück, wo ich dankbar den Weinbecher entgegennahm, den der Diener mir anbot. Ich trank einen tiefen Schluck.
Philippa bedeutete dem Diener, den Raum zu verlassen.
»Eure missliche Lage hat mein Herz berührt seit dem Tag, an dem Lady Isabella mich darum bat, Euch in meinen Hofstaat aufzunehmen. Meiner Meinung nach trägt sie die Schuld an Eurem Unglück. Ich empfand auch großen Zorn auf sie wegen all des Leids, das sie meinem Gemahl und dessen Familie angetan hat, und Eure Lage gab mir einen Anlass einzugreifen. Aber nach vielen Stunden des Gebets und des Nachdenkens musste ich mir auch meine eigene Rolle in dieser traurigen Geschichte eingestehen. Schließlich hatten Edward und ich darauf bestanden, das Kind aus dem Land zu schmuggeln und zu verstecken. Wir trafen die entsprechenden Verabredungen. Und dann vergaß ich seine Existenz, bis es uns auf unserer Reise nach Rom gebracht wurde. Das arme Kind, völlig fremden Menschen überlassen.
Schwere Zweifel befielen mein Herz bei seinem Anblick. Ich hatte selbst gerade meinen Sohn Lionel zur Welt gebracht.
In dieser heiklen Zeit, in der ich das Kind in meinem Innern vermisste und bei jeder Gelegenheit leicht in Tränen ausbrach, besonders bei der Vorstellung, mein Kind in die Obhut einer Amme fortzugeben, da führte die Begegnung mit Isabellas Sohn, einem siebenjährigen Jungen, ein liebliches, furchtsames Kind, dazu, dass ich Gott stumm um Vergebung bat für meine Grausamkeit gegenüber ihm und seiner Mutter. Er sprach fast nur Italienisch, kaum Französisch, daher verstand ich nicht viel von dem, was er sagte, und er verstand mich überhaupt mich. Er war hübsch und ähnelte Isabella stärker als jedes ihrer anderen Kinder. Ich habe mit ihr nie über dieses
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