Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
Kollegen, bevor er seine Empfehlungen aussprach. Edward wurde ans Herz gelegt, mehr zu reiten, zu jagen und zu Fuß zu gehen und weniger zu trinken und zu essen. Die Ärzte versicherten ihm, dass für seine Untertanen kein Anlass zur Beunruhigung bestehe, da Gicht eine Krankheit sei, die mit den aufgezeigten Änderungen bei der Ernährung und Bewegung behandelt werden könne. Dennoch nahm Edward es als Zeichen von Altersgebrechlichkeit und war bei einem neuerlichen Anfall stets im Zwiespalt darüber, was er tun sollte. War er entschlossen, seine Leibesfülle zu mindern und ein langes, tätiges Leben zu führen, dann hielt er mich in seiner Nähe, überhäufte mich mit Kleidern und Juwelen, und liebte mich so, als wollte er unter Beweis stellen, dass er es noch konnte. Ehrlich gesagt, gab es aber auch Tage, an denen er es nicht konnte, und diese Tage schienen immer dann einzutreten, wenn er mehr als gewöhnlich getrunken hatte.
So auch in jenem Herbst. Wir hatten einen frischen, sonnigen Morgen dazu genutzt, zur Beizjagd auszureiten. Anschließend hatte sich die Jagdgesellschaft zu einem stattlichen Festschmaus niedergelassen und an dessen Ende einem hervorragenden Branntwein zugesprochen. Nachdem sich unsere Gäste zurückgezogen hatten, war in Edward die Lust
erwacht. Wir begannen einander auszuziehen und brachen dabei ständig in heftiges Lachen aus, da unsere Finger von dem vielen Trinken zu grobschlächtig für die Knöpfe geworden waren und wir uns kaum auf den Beinen halten konnten. Endlich taumelten wir aber doch ins Bett, wo wir uns küssten, befingerten und herumwälzten. Gerade als wir beide still wurden und ich auf ihn steigen wollte, stöhnte Edward jedoch auf und drehte sich von mir fort.
»Was ist, mein Geliebter? Hast du Schmerzen?«
»Ich bin entmannt«, knurrte er. »Gott hat mich verdammt. «
Sein kläglicher Ton ernüchterte mich so, dass ich jede Enttäuschung vergaß. »Das macht doch nichts, mein Lieb. Ich fühle mich selbst vom Wein reichlich benebelt und bin völlig zufrieden damit, mich an deinen breiten, warmen Rücken zu schmiegen, um den Schwindel fortzuschlafen.«
Später in dieser Nacht fand ich ihn, wie er am Kohlenbecken saß und die stark geäderten, runzligen Hände mit ihren knotigen Fingern betrachtete. Ich schwor ihm, dass meine Liebe zu ihm nicht von unserem Bettspiel abhing.
Doch er war anderer Meinung. »Ich habe Gott mit meinem ehebrecherischen Verhältnis zu dir und mit der Vernachlässigung meiner rechtmäßigen Gemahlin erzürnt.« Am nächsten Morgen schickte er mich fort und eilte nach Windsor, um mit Philippa zusammen zu sein.
So begann ein sich ständig wiederholender Tanz.
Edwards Qualen, seine körperlichen wie seelischen, jagten mir Angst ein. Ich versuchte, mich durch seine Wankelmütigkeit nicht verletzt zu fühlen, sondern Verständnis dafür aufzubringen.
So stürzte ich mich jetzt ganz in die Verwaltung meiner Besitzungen, da ich zumindest auf diesem einen Gebiet Kenntnisse besaß und selbst etwas entscheiden konnte,
und bereitete ein neues Heim für Bella vor. Da ich mir überlegt hatte, sie vielleicht auf eine kleine Lateinschule in unserer Londoner Gemeinde zu schicken, wo sie die Kinder anderer Kaufmannsfamilien kennenlernen konnte, begann ich, Janyns Stadthaus, das nun mir gehörte, wieder bewohnbar zu machen.
Doch so sehr ich mich auch in die Arbeit vertiefte, ich konnte meine Unruhe einfach nicht völlig ablegen, denn ich hielt dies nicht für eine der üblichen Trennungen, sondern für ein Zeichen, dass Edward unsere Verbindung infrage stellte.
Als die Königin mich einbestellte, um an ihren Kleidern für den weihnachtlichen Hof zu arbeiten, bemerkte sie meine sorgenschwere Stimmung und riet mir freundlich, mich in Geduld zu üben.
»Er ist nur ein wenig wütend auf seinen eigenen alternden Körper, Alice, sonst nichts. Habt Geduld.«
Geduld. Gehorsam. Ich versuchte, meinen Geist mit Gebeten und Arbeit zu besänftigen, und verbrachte so viel Zeit wie möglich mit meiner Familie. Bella bereitete mir viel Freude. Dame Agnes und ich standen uns wieder so nahe wie früher, und meine Schwester Mary und mein Bruder John wurden meine bevorzugten Gefährten.
WINTER 1363
Zu Beginn des Winters überraschte Vater uns alle mit der Ankündigung, Mary mit einem Mitglied seiner Gilde vermählen zu wollen, dessen drei Kinder nach dem Tod seiner Frau im Vorjahr eine neue Mutter brauchten. Ich hasste die Vorstellung, der Gesellschaft meiner Schwester
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