Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
Bitte, seine Heirat zu annullieren. Das ist ein ehrloses Unterfangen. Ich möchte nicht, dass du mit ihm Verbindungen unterhältst.«
Ich war verblüfft. Das hatte ich nicht gewusst, zugleich schien es aber im Grunde nicht der Beachtung des Königs wert. Außerdem fragte ich mich, wie Edward das Verhalten Richards verurteilen konnte, wenn er doch selbst sein eheliches Treuegelöbnis brach. »Er ist stets ein guter Freund gewesen, und ich vertraue seinem Rat. Wir mögen nicht immer einer Meinung sein, aber ich ziehe auch aus unseren Streitgesprächen Gewinn.«
Edward blieb hartnäckig. Ich insistierte nicht weiter in der Hoffnung, die Sache wäre bald vergessen.
Als ich ein paar Tage später nach London zurückkehrte, erzählte mir Großvater zu meinem größten Entsetzen von einem Erlass Edwards, der es Richard Lyons auferlegte, mich in Frieden zu lassen und sich nicht in Unternehmungen
einzumischen, die ich im Auftrag des Königs oder zum eigenen Nutzen durchzuführen wünschte. Ein offizieller Erlass, der mehr oder weniger öffentlich verkündet und in die Amtsakten aufgenommen wurde, besaß Gesetzeskraft. Trotz meiner aufrichtigen Bemühungen, Edward davon zu überzeugen, dass ich Richard als Freund betrachtete, fühlte ich mich irgendwie schuldig für diese öffentliche Demütigung. Und ich verübelte Edward seine Einmischung in diesen kleinen Teil meines Lebens, über den ich selbst zu bestimmen glaubte.
Ich erwartete schon, wegen dieses Vorfalls, der meine künftigen Geschäftsmöglichkeiten sicherlich einschränken würde, von ganz London gemieden zu werden, aber da hatte ich das Ansehen meiner Stellung als Mätresse und geschäftliche Beraterin des Königs unterschätzt. Die Gildemitglieder, Händler und unbedeutenderen Edelmänner buhlten nur noch stärker um meine Aufmerksamkeit. Der Einzige, der mich mied, war Richard.
Als die Zeit verging und wir uns nirgends begegneten, besuchte ich das Hochamt in seiner Gemeinde, da ich mich mit ihm versöhnen wollte. Nach der Messe trat ich auf ihn zu. Er war allein. Seine Haltung war verständlicherweise reserviert.
Ich sagte nur: »Richard, ich hatte keine Ahnung, dass Seine Königliche Hoheit beabsichtigte, diese Erklärung zu veröffentlichen. Ich wusste, dass er mir Unabhängigkeit in allen geschäftlichen Dingen verschaffen wollte, aber ich wusste nicht, was er Euch betreffend im Sinn hatte. Ich habe Euch ihm gegenüber stets als zuverlässigen Freund bezeichnet.«
Zu meiner Erleichterung hellte sich Richards Miene auf, während ich sprach. Er streckte die Arme aus, ergriff meine Hände und drückte sie. »Ich bin froh, dies zu hören. Ich konnte nicht begreifen, womit ich Euch verärgert haben
könnte und warum Ihr nicht zu mir kamt, um darüber zu sprechen.«
Ich bemerkte die vielen Blicke, die sich auf uns gerichtet hatten, zahlreiche wohlhabende Händler und deren Frauen, die offenbar einen hitzigen Streit erwarteten. Sie wurden enttäuscht.
»Ich wäre zu Euch gekommen, hätte ich den Schritt des Königs vorhergesehen. Ihr habt Euch mir und meiner Familie gegenüber all die Jahre stets als guter Freund erwiesen, Richard.«
»Ich gebe zu, anfangs war ich empört. Es ist schließlich keine Kleinigkeit, von King Edward der Ehrlosigkeit beschuldigt zu werden. Aber als meine Wut nachließ, erkannte ich, dass ich meine Stellung bei einigen Gelegenheiten tatsächlich missachtet habe. Ich danke Euch für Euer Kommen, Alice. Lasst uns als Freunde neu beginnen.«
Er lud mich zu einem Abendessen ein, das er zwei Tage später für einige in der Stadt weilende Händler gab, und ich nahm dankend an.
Ich hielt mich nach der Heirat meiner Schwester gerne in London auf. Thomas freute sich über meine Besuche in ihrem Haus, und ich beobachtete voll Entzücken, wie Mary in ihrer Liebe zu ihrem Ehemann und den Stiefkindern aufblühte und mit welch gespannten Erwartungen sie alle ihrem ersten Kindbett entgegensahen. An einem ungewöhnlich sonnigen Januarmorgen brachte sie eine Tochter zur Welt, ein Mädchen mit hübschem Antlitz und von sanftem Wesen.
Erst nach Marys Entsühnung nahm ich mir Zeit, mich mit einer Frage zu beschäftigen, die ich zuvor verdrängt hatte. Da ich Joans Medizin stets sehr gewissenhaft genommen hatte, war ich tatsächlich fest davon ausgegangen, dass sie auch bei mir niemals versagen würde. Aber inzwischen war
mein Monatsfluss seit zwei Monaten ausgeblieben und meine Brustwarzen waren plötzlich so empfindlich, dass ich Edward unauffällig
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