Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
mich darauf, sie wiederzusehen und herauszufinden, wie es meinem Freund ging.
»Was macht dein Jüngster?«, erkundigte sich Geoffrey.
»John ist nicht ganz so ausgeglichen wie Bella seinerzeit, aber ich bin trotzdem schon ganz vernarrt in ihn. Und Bella ebenfalls. Sie ist eine liebevolle Schwester.«
»Wie ich hörte, ist der König höchst zufrieden mit dir. Sehr schlau von dir, ihm einen Sohn zu gebären.«
»Schlau? Ist das deine Meinung oder die der Klatschmäuler? «
»Der Klatschmäuler natürlich. Hältst du mich wirklich für dämlich genug, zu glauben, du könntest das Geschlecht eines Kindes beeinflussen? Ich vermute mal, du nimmst am Weihnachtsfest des Hofs teil?«
»Ja.«
»Dann empfinde ich es als meine Pflicht, dich zur Vorsicht zu mahnen vor all jenen, die dich dort beglückwünschen und dich um Rat oder Hilfe angehen. Sie sehen in dir nur eine Möglichkeit für sich, an den König heranzukommen. Er hat sein Versprechen an dich, künftig größere Verschwiegenheit über eure Beziehung und euren gemeinsamen Sohn zu wahren, nämlich nicht gehalten.« Geoffrey schien es überaus unangenehm zu sein, mir dies mitzuteilen.
Ich umarmte ihn voll aufrichtiger Zuneigung. »Sei unbesorgt, mein Freund. Das weiß ich bereits.«
»Es geht nicht allein um deinen Sohn. Die Wortwahl in Richard Lyons öffentlicher Abkanzelung hat dazu geführt, dass dich nun alle als Geschäftspartner der königlichen Familie betrachten.«
Ich runzelte die Stirn. »Danke für die Warnung.« Sofern man für schlechte Nachrichten überhaupt dankbar sein konnte. Aber schließlich hatte ich ihn selbst darum gebeten, die Ohren für mich offen zu halten.
»Wie stehst du dich mit Lyons?«, fragte Geoffrey.
»Er weiß, dass ich nichts damit zu tun hatte und seine Freundschaft nach wie vor schätze. Ich habe ihn sogar wieder als Berater zurückgewonnen. Aber jetzt sag schon, was hast du von Ihrer Königlichen Hoheit gehört? Wie hat sie die Nachricht von meinem Sohn aufgenommen?«
»Du fürchtest dich wohl vor dem Wiedersehen mit deiner Herrin, wie?«
»Die Perlen an meinem Rosenkranz sind von all den Gebeten um Einträchtigkeit zwischen uns schon ganz abgenutzt. Was hörst du denn?«
Geoffrey zuckte mit den Achseln. »Nichts. Sie schweigt zu dieser Angelegenheit.«
Ich bekreuzigte mich.
Da Pippa zu uns getreten war, sagte ich: »Aber lasst uns von fröhlicheren Dingen sprechen. Wie geht es dir mit dem Kind?«
Sie legte eine Hand auf ihren Bauch und zog eine Miene, die glücklich und wehmütig zugleich wirkte. »Ich hatte nicht erwartet, mir schon jetzt so angefüllt vorzukommen!«
»Das ist noch nichts, verglichen mit dem, wie du dich demnächst fühlen wirst.«
Wir brachen alle drei in Lachen aus.
Es tat mir leid, dass ich nicht länger in London bleiben konnte. Am liebsten wäre ich in den sicheren Schoß von Southery zurückgekrochen, hätte jenen friedlichen Sommer voller Vorfreude auf mein Kind noch einmal durchlebt. Aber mein Wiedersehen mit der Königin ließ sich nicht länger hinauszögern.
Obwohl ich auf meinem Ritt von London nach Windsor noch äußerst bedrückt war, hob sich meine Stimmung, sobald ich das Schlosstor passierte, denn es fühlte sich wie
eine Heimkehr an. Beschwingt folgte ich dem Knappen, der Gwen und mich in die vertraute Kammer führte, und wurde zusehends entspannter, während ich mir Hände und Füße am Kohlenbecken wärmte, meinen Durst mit verdünntem Wein stillte und das einladend weiche Bett betrachtete. Gwen erwärmte gerade Steine für meine Füße, als ein Page erschien, der mich zum Gemach der Königin geleiten sollte. Mein kurzzeitiger Anflug von guter Laune verflüchtigte sich sofort. Es entsprach gar nicht Philippas Art, erschöpfte Reisende so zur Eile zu drängen. Ich murmelte Ave Marias, während Gwen mich ankleidete.
»Ihr seid so schlank, man könnte fast vergessen, dass Ihr erst vor knapp drei Monaten ein Kind zur Welt gebracht habt.«
»Ihre Hoheit wird dies nicht vergessen.«
Auf dem Weg zu Philippas Gemach musste ich an den Hofdamen vorbei, die in ihrem Vorraum versammelt waren. Sie begrüßten mich mit einer mannigfaltigen Mischung aus Kopfnicken, Knicksen, wissenden Blicken, gezierten Lächeln und Wünschen für meine Gesundheit. Ich zitterte am ganzen Leib, als ich endlich durch die Tür trat und mich vor meiner Herrin verbeugte.
»Steht gerade, Alice, lasst mich Euch ansehen«, befahl Philippa und bedeutete zugleich dem Pagen, sich zu entfernen und die Tür
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