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Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)

Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Campion
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hinter sich zu schließen. »Dreht Euch.« Sie brummte befriedigt. »Ihr seht wohl aus. Gut, wir haben viel zu tun.«
    Ich drehte mich wieder zu ihr um und bemerkte mit Bestürzung, wie sehr ihr das letzte halbe Jahr zugesetzt hatte. Gesicht, Hals und Hände waren gerötet und angeschwollen, und das Atmen fiel ihr schwer. Als sie sich aus dem Stuhl erhob, verfingen sich ihre Beine in den tiefen Falten ihres Seidengewands, und ich sprang vor, um ihrem Diener zu helfen,
sie zu stützen. Ich sah die Empfindungen, die in ihr arbeiteten – Angst, Selbstekel und dann, als sie meine Berührung gewahrte, majestätische Unnahbarkeit.
    »Eure Hoheit, ich bin Eure ergebene Dienerin«, sagte ich leise. Als ich spürte, dass sie ihr Gleichgewicht wiedergefunden hatte, trat ich beiseite.
    »Ihr seht, welch gewaltige Aufgabe vor Euch steht«, meinte die Königin nüchtern.
    Ich zögerte zu antworten, da ich ihre Stimmung nicht einzuschätzen vermochte und unsicher war, was ich sagen sollte.
    Sie hob die schimmernde Seide ihres Kleids an. »Die Näherinnen halten mich für so erhaben, dass ihrer Ansicht nach meine Füße den Boden gar nicht berühren müssen. Nur Ihr versteht es, meine Gewänder richtig zu säumen.« Ihr Gesichtsausdruck entspannte sich zu einem amüsierten Lächeln.
    Gott ist gnadenvoll, dachte ich und atmete erleichtert aus. »Ich werde mich sofort darum kümmern, Eure Hoheit.«
    »Morgen ist früh genug, teure Alice.« Sie streckte ihre Hand aus, und ich kniete mich, um sie zu küssen.
     
    Und so nahm ich meinen Dienst im Hofstaat der Königin wieder auf. Inzwischen war es unmöglich geworden, Philippas gebeugte und verkrümmte Gestalt noch länger zu kaschieren. Da Edward die Falknerei zur Devise gewählt hatte, waren ihre Kleider mit mehreren Lagen Federn besetzt, die ihre kurze und gedrungene Statur noch betonten und bei ihrem immer wieder auftretenden Muskelzittern auffällig bebten. Auf diese Weise wirkte sie nicht wie eine Königin, sondern eher wie ein verängstigtes Huhn. Ich sprach unter vier Augen mit Edward – du bist groß, hast lange Arme und Beine, und deine Haltung ist noch herrlich aufrecht, aber
Ihre Hoheit … – und erhielt die Erlaubnis, bei Philippa die Beizjagd durch Stickereien und Edelsteine in den Gefiederfarben von Raubvögeln zu symbolisieren. Von besonderer Bedeutung war bei ihr außerdem ein schmeichelnder Fall der Gewänder, weshalb die Näherinnen alles ändern mussten, was zu geradlinig und zu lang ausfiel.
    Ich fürchtete schon, die Reise nach Warwickshire würde ihre Kräfte überfordern. Als wir am ersten Abend das Quartier für unsere Zwischenübernachtung erreichten, war ihr Gesicht ganz eingefallen und ihre Atmung flach. Sie selbst sah in ihren Qualen Sühneopfer für die Sünden verstorbener Freunde und Verwandte. Bei unserer Ankunft im herrlichen Kenilworth Castle war Ihre Königliche Hoheit schließlich so elend, dass es mehrere Tage dauerte, bis sie sich in der Öffentlichkeit zeigte, und selbst dann ließ sie sich mit einer Sänfte in den Rittersaal tragen und verweilte nur kurz. All der Wirbel, den ich um den richtigen Fall ihrer Kleider veranstaltet hatte, erwies sich also als überflüssig.
    Hinsichtlich seiner prunkvollen Bauart und seiner kostbaren Einrichtung überstrahlte Kenilworth Castle, einmal abgesehen von Windsor, alle anderen Wohnsitze der Königsfamilie. Und dann diese Helligkeit! Das Maß an Licht, das die langen Fensterscharten selbst im tiefsten Winter noch spendeten, erstaunte mich jeden Tag aufs Neue. Abends vertrieben eine Unzahl Fackeln, Kerzen und Lampen jede Dunkelheit, und die in allen Farben schimmernden Gewänder der Höflinge und ihre funkelnden Edelsteine schufen in diesem Lichterglanz einen wirbelnden Zauberwald.
    Da die Königin zur Untätigkeit gezwungen war, verfügte ich über unerwartet viel Zeit, mich frei auf den Festivitäten zu bewegen und zu amüsieren. Hätte ich eine etwas schlichtere Garderobe gewählt, wäre es mir wohl auch geglückt, das Augenmerk – wie eigentlich gehofft – nicht zu stark auf
mich zu lenken. In Wahrheit jedoch gefiel es mir viel zu sehr, mich herauszuputzen und Teil der farbenprächtigen Menge zu werden. Mein eigenes Falknereimotiv bestand aus einem federartigen, mit Perlen besetzten Kopfschmuck, sowie einem Federband am bestickten Saum des kurzen lincolngrünen Umhangs, den ich abwechselnd über einem tiefgoldenen oder einem mit Goldbrokat besetzten hellgrünen Gewand trug. Am Schaft der Federn

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