Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
Seiner Meinung nach würde ich, sollte es ein Junge werden, mit dessen Erziehung sowieso wenig zu tun haben, während ich eine Tochter gewiss nach eigenem Gutdünken aufziehen könnte, da der König einem weiteren Mädchen keine besondere Beachtung schenken dürfte. So oder so, es klang ganz danach, als würde mir dieses Kind neuen Gram bringen.
Zu Beginn des Sommers wurde ich in Bischof Langhams Residenz nahe Ely eingeladen, wo sich Edward vierzehn Tage aufhalten würde. Er sah darin ein Stelldichein unter Verliebten und bestand auf einer gemeinsamen Schlafkammer.
Wir verbrachten die Zeit hauptsächlich mit Reden, Spazierengehen und indem wir eng umschlungen schliefen. Da wir das große Gemach mit der Leibwache und der Dienerschaft teilten, die in einem nur durch Wandschirme geschaffenen Vorraum schliefen, vermieden wir allzu stürmische Bettspiele, konnten uns aber immerhin für ein paar nachmittägliche Schäferstündchen davonstehlen. Allein die Tatsache, dass ich ein Kind von ihm trug, hatte Edwards Laune beflügelt und seine Lebensgeister angeregt.
An unserem letzten gemeinsamen Tag wagte ich, von meinen Zukunftsängsten zu sprechen.
»Deine Bedenken überraschen mich nicht, holde Alice. Aber als ich Philippa die Neuigkeit erzählte, wies sie mich nur an, dir die bestmögliche Hilfe zukommen zu lassen.«
Ich bewunderte Philippas Fähigkeit zur Selbstbeherrschung und dachte mit Schmerzen an die Empfindungen, die sie so stilvoll zu verbergen suchte. »Ihre Königliche Hoheit ist überaus freundlich.«
Edward tätschelte meine Hand. »Solange das Kind noch klein ist, wirst du nur selten bei der Königin sein. Du wirst eine Amme bekommen und so viele Bediente, wie du verlangst. Hältst du dich bei der Königin auf, musst du jemanden haben, der sich in einem Haus in Windsor um die Kinder kümmert. Wenn du bei mir in Sheen, Eltham, Havering oder sonst wo bist, werden Bella und unser Kind ebenfalls irgendwo in der Nähe wohnen, damit du sie häufig besuchen kannst. Ist dies nach deinem Geschmack? Du musst nur sagen, was du dir wünschst, Alice.«
Dass du mein Ehemann sein könntest, dachte ich. »Ja,
mein Lieb.« Da mich sein Verständnis für meine Bedenken rührte, beeilte ich mich, statt der in meinem Kopf aufgeblitzten Bitte handfestere und realistischere Überlegungen jener Art vorzubringen, die er inzwischen von mir erwartete. »Ich würde gerne an meinem Haus in London einige umfangreiche Ausbesserungsarbeiten durchführen lassen und einen Teil des straßenseitigen Grundstücks vielleicht für Läden und Wohnungen nutzen, die vermietet werden und zur Aufstockung von Bellas Mitgift beitragen könnten.«
Er drückte meine Hand. »Das ist meine Alice.«
Die Schwierigkeit war bloß, dass mir nicht alles gefiel, was er in seiner Alice sah. Mir gefiel zum Beispiel nicht, bei meinen Geschäftsfreunden die Rolle der Spionin zu spielen. Edward jedoch nannte mir Kaufleute, mit denen ich bei meiner Rückkehr nach London Kontakt aufnehmen sollte, und fragte mich über andere aus, mit denen ich seit unserem letzten derartigen Gespräch in London oder anderswo gespeist hatte. Ich gab mir Mühe, ihm über Erstere alles zu erzählen, was ich wusste, und über Letztere alles, was mir aufgefallen war, aber ich kam mir dabei schändlich vor. Ich betete zu Gott, mir dabei zu helfen, meine Lage, so wie sie nun einmal war, endlich anzunehmen. Edward hatte seine Gründe und war sowohl mein König als auch mein Geliebter. Das durfte ich niemals vergessen.
Ich war froh, als ich nach Southery zurückreiste und mich wieder in meinen wohligen Kokon verkriechen konnte.
Als Mary im September zu meinem Kindbett eintraf, platzte sie sofort mit der Nachricht heraus, dass Geoffrey sich mit einer junger Dame, der Tochter eines flämischen Edelmanns, verlobt hatte, die im Hofstaat der Königin aufgewachsen war.
»Klingt doch großartig! Freust du dich denn nicht für ihn, Alice?«
»Ist es Philippa de Roet?«
Mary machte eine enttäuschte Miene. »Du weißt es also schon.«
»Nein. Aber sie ist die einzige unverheiratete junge Dame mit flämischen Wurzeln, die derzeit am Hofe der Königin lebt.«
»Und was hältst du nun davon? Ist sie hübsch?«
»Sie ist anmutig. Äußerst lebhaft.« Und entsprach so gar nicht dem, was ich für Geoffreys Geschmack gehalten hatte.
»Es wird gemunkelt, dass die Verbindung bereits vollzogen wurde und sie schwanger ist.«
Ich hoffte für Geoffrey, dass es tatsächlich sein Kind war und nicht
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