Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
ich mich in ihm täuschte.
Edwards Launenhaftigkeit zehrte an mir und machte mich selbst ganz konfus. Da er nachts häufig in großer Aufregung erwachte, nahm meine Erschöpfung bald gefährliche Ausmaße an. Ungestörten Schlaf fand ich nur in jenen Nächten, in denen seine Leibärzte ihm einen starken Schlaftrunk verabreichten und vorschlugen, dass ich in meiner eigenen Kammer schlief. Ich folgte ihrem Rat nur zu gerne.
Lancasters Winkelzüge, was die Juwelen und all die anderen Dinge betraf, die er zu steuern schien, bereiteten mir ebenfalls zunehmend Kopfzerbrechen. Kurz nach dem Martinstag wurde ich Zeugin eines offensichtlich schon lange andauernden Streits zwischen ihm und seinem Vater über die beabsichtigte Untersuchung von William Wyndsors Vorgehen in Irland.
»Wie ich hörte, habt Ihr noch immer nicht die Verfügung erlassen, die Nicholas Dagworth zu Eurem Vertreter beim Irischen Rat ernennt. Warum zögert Ihr noch, Vater?«
»Dagworth?« Edward schüttelte den Kopf. »Bei dem Gedanken ist mir nicht wohl. Gewiss ist er hier nicht die einzige Möglichkeit. Ich würde lieber jemanden entsenden, der in dieser Angelegenheit für seine Unparteilichkeit bekannt ist.«
Lancaster versuchte erst gar nicht, seinen Ärger über den Vater zu verbergen. »Wyndsor ist mein Mann. Willst du mir etwa unterstellen, ich würde mich gegen meinen eigenen Mann wenden? Wenn Dagworth erklärt, dass die Beschuldigungen haltlos sind, werden ihm das alle glauben, und die Angelegenheit wird ein für alle Mal geklärt sein.«
»Und wenn er die Beschuldigungen für gerechtfertigt erklärt? Nein.« Edward machte eine beiseitewischende Armbewegung und stieß dabei eine Flasche Wein um. Während er nach ihr griff, knurrte er Lancaster an: »Du irrst in dieser Sache. Es ist unbillig, dass der Feind eines Mannes dessen Richter sein soll. Dagworth wird nicht gehen.«
Obwohl ich mich darüber freute, Edward bei so klarem Verstand zu erleben, ließ mich der eisige Blick, mit dem seine Entscheidung aufgenommen wurde, doch erschaudern.
Nach einem stillen Weihnachtsfest auf Havering, an dem nur Edwards Kinder und deren Familien sowie seine engsten Freunde teilnahmen, traf Henry Percy samt Anhang mit John und Mary ein. Für einen Elfjährigen war unser Sohn groß und kräftig, gewandt in allen Kampfkünsten und ein außergewöhnlich begabter Reiter. Ich sah an ihm, was für ein stattlicher junger Mann sein Vater einmal gewesen sein musste. Allerdings hatte er auch einen ähnlich düster verdrossenen Zug wie sein Onkel und Pate, der Herzog. Ich hoffte, dies würde nur an der Unzufriedenheit liegen, mit welcher er die Absprachen über seine bevorstehende Heirat verfolgte. Er war so unreif wie die meisten Jungen in seinem Alter und ließ jegliches Interesse an einem solchen Ereignis missen.
»Magst du Mary denn nicht?«, fragte ich, als er sich über die unbequemen Gewänder beschwerte, die er tragen sollte.
»Nein. Und sie mich auch nicht. Sie sagt, ich rieche nach Pferd.«
»Du magst sie also nicht, weil sie dich kränkt?«
»Ist es denn eine Kränkung, wenn es wahr ist? Natürlich rieche ich nach Pferd. Sie ist hochmütig und dumm, und das ist ebenfalls wahr.«
Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen. Hoffentlich war diese Offenheit ein Zeichen von Johns Widerstandskraft, denn als unehelicher Sohn eines greisen Königs würde er die gut gebrauchen können. Ich besaß keinerlei Macht über seine Zukunft und konnte ihm keine große Hilfe sein. Wenn er mich deshalb bloß nicht eines Tages verleugnen würde.
Bei der feierlichen Abgabe ihres Eheversprechens sah Mary bezaubernd aus, und John wirkte erstaunlich vornehm. Meine Schwester, mein Bruder und Johns Frau Agnes waren allesamt eingeladen und freuten sich darüber, Teil einer solch familiären Feier in Westminster Abbey sein zu dürfen. Die Zeremonie wurde von Bischof Houghton aus der St. David’s Cathedral geleitet, der inzwischen auch das Amt des Lordkanzlers innehatte. Houghton, ein freundlicher, sanftmütiger Mann hatte sich bereiterklärt, den Festakt möglichst kurz zu halten, damit die Gäste nicht zu viel vom König sahen, denn Edward bereitete sein rechter Arm erneut Schwierigkeiten, und er durchlitt wieder eine seiner verwirrteren Phasen.
Einige Tage später waren alle Gäste wieder abgereist, und auch Mary und John kehrten in ihren gewohnten Alltag zurück. Wir hatten uns darauf verständigt, dass sie für einen Vollzug der Ehe noch zu jung waren. Erst in vier Jahren
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