Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
einem Sommerfieber gestorben. Sie und ihre Kinder waren nach Gaynes gezogen, um draußen auf dem Land Trost zu finden.
»Ich hatte solche Angst um dich«, sagte sie.
»Nicht daran denken, Mary, alles wird gut werden.« Ich
zwang mich, die Worte auszusprechen, die zu glauben ich selbst erst lernen musste.
Mein teurer Freund Robert war ebenfalls da, um mich zu begrüßen. Er brachte mir Neuigkeiten von meinen Besitzungen. Ich hatte weitere Aufstände wie in Finningley befürchtet, aber überall war es ruhig geblieben. Ich war so glücklich, ihn zu sehen, dass ich alle Anstandsregeln vergaß und ihm in die Arme fiel, um dort für einen Moment seine Wärme und Kraft zu spüren. Beim Abendessen waren wir eine laute und ausgelassene Gesellschaft, und zumindest an diesem einen Abend in Gaynes hatte ich tatsächlich fast das Gefühl, alles sei nun gut.
Doch es war allenfalls eine bittersüße Zeit für mich. Meine Töchter haben dies als eine glückliche Phase in Erinnerung. Sie waren eben noch viel zu jung, um zu begreifen, welchen Prüfungen wir gegenüberstanden.
Sobald wir in Gaynes alles eingerichtet hatten, brachen Gwen und ich nach Havering auf.
An einem klaren frischen Herbsttag, der ihn früher sofort hinaus in den Park zum Reiten und Jagen gezogen hätte, traf ich Edward schlummernd neben einem Feuer an, das alle Luft in seiner Kammer auffraß. Trotz der Hitze und der Pelze, in die er gehüllt war, war die Hand, die neben einem vergessenen Becher mit Wein lag, kalt und trocken. Ich kniete mich vor ihn und rief seinen Namen.
Seine Augenlider flatterten, und er murmelte etwas Unverständliches.
»Edward, Liebster, ich bin es, Alice.«
»Alice?« Jetzt öffnete er die Augen, erkannte mich und stieß bei dem schwerfälligen Versuch aufzustehen den Weinbecher um. Ich befreite ihn von all den Pelzen und
half ihm auf die Beine. So gebrechlich war er geworden, so schwach.
Wir hielten uns in den Armen und weinten, während wir uns gegenseitig ewige Liebe schworen.
»Ich werde dich nicht noch einmal verlassen, mein Lieb, sollen sie drohen womit auch immer«, versprach ich. Allein in meinem Gemach verfluchte ich die Söhne für die teilnahmslose Art, in der sie sich um ihn kümmerten.
Wie ich erfuhr, hatte Edward im vorangegangenen Monat einen seiner schlimmsten Anfälle erlitten und war seitdem kraftlos, träge und noch vergesslicher. Sein Gleichgewichtsgefühl war so schlecht, dass er nicht einmal reiten konnte. Auf die Beizjagd gehen konnte er auch nicht, da er der festen Ansicht war, die Vögel hätten ihn in einer Parlamentssitzung zum Tode verurteilt und wollten ihn angreifen. Dies überzeugte mich mehr als alles andere, dass ich so beständig wie möglich an seiner Seite bleiben musste, denn eine solch massive Wahnvorstellung hatte ihn bislang noch nicht heimgesucht.
In lichteren Momenten war Edward von dem Gedanken besessen, mir und unserem elfjährigen Sohn eine sorgenfreie Zukunft zu sichern. Mit starrsinniger Entschiedenheit trieb er Johns Heirat mit Mary Percy sowie dessen Ritterschlag voran, der gemeinsam mit dem von Prince Richard beim Georgsfest im April erfolgen sollte. Seine hohen Ziele für unseren Sohn rührten mich zwar, dennoch rechnete ich mit erheblichem Widerstand. Aber erneut überraschte mich Henry Percy, der bereitwillig zustimmte, dass die Hochzeit ganz offiziell im Januar gefeiert werden sollte. Auch sonst schien niemand Einwände gegen Johns Ernennung zum Ritter zu erheben. Schließlich war er der Sohn des Königs.
Um meine Zukunft abzusichern, bestand Edward darauf, dass ich meine Juwelen einem vertrauenswürdigen Freund
zur Aufbewahrung schickte, damit sie geschützt wären, sollten seine Gegner erneut versuchen, ihn durch mich anzugreifen. Von dem Schmuckkästchen, das ich bereits meinem Bruder gegeben hatte, wusste er nichts und musste er auch nichts wissen. Dieses Versteckspiel belegte einmal mehr, dass Edward in der Begnadigung keineswegs eine Garantie für meine Sicherheit sah. Ich war unschlüssig, wem ich den restlichen Schmuck anvertrauen sollte – Geoffrey? Robert? Oder Princess Joan?
Während ich noch grübelte, schickte ich nach ihm und erhielt die Auskunft, der Duke of Lancaster habe bereits einen Verwahrer für die Geschmeide gefunden. Überbracht wurde mir diese Nachricht als beruhigende Versicherung. Der Herzog habe sich äußerst besorgt um das Wohl meiner Töchter gezeigt und meine Juwelen daher in Sicherheit bringen lassen. Blieb mir nur zu hoffen, dass
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