Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
Warnungen nur bereitwillig überhört. Ich ärgerte mich darüber, so verblendet gewesen zu sein, Williams Drängen für Leidenschaft gehalten zu haben, wenn es doch nur Zorn war, mithin ebenjenes Gefühl, um den ihm zustehenden Lohn betrogen worden zu sein, das sein Blut schon immer am heftigsten in Wallung gebracht hatte.
»Was macht Euch glauben, dass er für meine Sicherheit sorgen kann? Er hat Euch schon in Irland enttäuscht. Warum ausgerechnet William?«
Lancaster blieb ungerührt. »Er ist mein Mann, Alice. Er hat mir stets treue Dienste geleistet.«
Aber nicht Edward, nicht seinem König. Nein, das stimmte nicht. William hatte ihm das Geld eingetrieben, um gegen Frankreich in den Krieg zu ziehen. Er hatte ein dickes Fell. Vielleicht gefiel er sich ja darin, wider den Stachel zu löcken. Das sollte ich mir merken.
»Ist dies tatsächlich Euer Wunsch, William?«, fragte ich. »Eine Frau zu heiraten, die Euch nicht haben will?«
Er hatte die ganze Zeit nur dagesessen und unverwandt eine Stelle auf dem Tisch vor ihm angestarrt. Als ich seine Vertrauenswürdigkeit infrage gestellt hatte, war zum ersten Mal Bewegung in ihn gekommen, und er hatte wütend die Kiefer aufeinandergepresst. Jetzt sah er mich mit einem abschätzenden Blick an, so als würde er ein Fohlen vor dem
Kauf prüfend mustern. »Alice, mein Lieb, inzwischen wirst auch du gewiss keinen falschen Träumen über das Heiraten mehr nachhängen.« Er griff nach meiner Hand, doch ich zog sie rasch zurück. »Mit der Zeit wirst du mich schon haben wollen, Alice. Gewiss wirst du das.«
Niemals, schrie es in meinem Innern. Niemals. Und ich werde dir niemals vergeben. Keinem von euch.
Meine öffentliche Demütigung war noch nicht vorbei. Mir wurde befohlen, mich zu einem Hochamt in der Westminster Abbey einzufinden, wo vor nicht allzu langer Zeit noch die Hochzeit meines Sohnes stattgefunden hatte. Vor dem Erzbischof von Canterbury sollte ich dort meine Sünde beichten und in unterwürfiger Haltung um Vergebung bitten. Zu diesem Anlass erschien ich starrsinnig in Trauerkleidung. Simon Sudbury hob zwar eine Augenbraue, sagte aber nichts.
Ich tat alles, was von mir verlangt wurde. Mir blieb keine andere Wahl. Ich wurde gezwungen, die gesamte Verantwortung zu übernehmen sowohl für die Dinge, die ich selbst ausgeführt hatte, als auch für das, was ich nur in demütigem Gehorsam getan hatte. Es reichte nicht, dass ich Edward verloren und die Königsfamilie mir Janyn und das Glück einer eigenen Familie geraubt hatte.
Und zu allem Übel war ich nun an William Wyndsor und Mary Percy gefesselt, obwohl ich keinen von beiden haben wollte.
Zumindest einstweilen, bis ich endlich wieder klare Gedanken fassen konnte. Mein Treuegelöbnis Robert gegenüber hatte ich nicht erwähnt. Vielleicht konnte ich so wenigstens ihn schützen.
Ich fand keinen Schlaf, solange ich im Palast wohnte. Mal voller Entrüstung, mal voller Qual stellte ich mir vor, was
Robert und Bella sagen würden. Das Mitgefühl in Gwens Blicken sah ich bereits vor mir und die Enttäuschung.
Die erst kürzlich von meinen Knöcheln abgefallenen Fußeisen, sie waren also wieder zurück an ihrem Platz, und jetzt besaß ich nicht einmal mehr meine Liebe zu Edward, die deren Last gemildert hätte.
Ich hasste sie alle dafür, dass es mich inzwischen reute, ihn geliebt zu haben.
IV-2
»Ihr Antlitz, einst von paradies’scher Schönheit,
Nicht wiederzuerkennen war es jetzt.
Das Scherzen, Lachen, sonst von allen gern
Bei ihr gesucht, und jede Fröhlichkeit,
Sie waren fort; verlassen lag Criseyde.
Ihr dunkelblau umringtes Augenpaar
Gab innig Zeugnis ihrer großen Pein,
Ein Anblick, der sich nicht ertragen ließ.«
GEOFFREY CHAUCER, TROILUS UND CRISEYDE,
IV 864 – 871
JANUAR 1378
Mir wurden einige Tage Aufschub in Westminster gewährt, und ich nutzte die Zeit, um Schreiben an Bella, Robert und Mary, die sich mit den Kindern in Gaynes aufhielt, zu schicken und sie vor der baldigen Änderung meines Standes zu warnen. Diese kalte, nüchterne Wendung schien mir für meine Lage treffender als ›Heirat‹. Der Bote erhielt für jeden einen Brief, wobei der längste an Robert gerichtet war. Ich erneuerte meinen Liebesschwur an ihn, erklärte ihm, dass ich nur einwilligen würde, um nicht von meinen Kindern getrennt zu werden, und bat ihn, nicht einzugreifen. Ich hasste es, dass ich mit den dreien nicht persönlich sprechen und Joan und Jane vorbereiten konnte.
Doch im Grunde saß ich in
Weitere Kostenlose Bücher