Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
Berichte über meinen Einfluss auf den König.
Wie sie in meiner Gegenwart derartige Lügen äußern konnten, war mir unbegreiflich. Ich hatte Edwards Hofbeamte stets mit Respekt behandelt. Mit jeder neuen Anschuldigung stand ich aufrechter und weigerte mich, angesichts solcher Niedertracht den Kopf hängen zu lassen. Doch nachts verließ mich dieser Mut. Dann verfolgten mich Alpträume, in denen ich in den Tower geschleppt und geköpft wurde. Sobald ich einschlief, tauchten diese Schreckensbilder auf, und so lief ich lieber ruhelos in meiner Kammer auf und ab, als die Augen zu schließen.
Während die Verhandlung sich endlos hinzog, schrie es in meinem Innern unentwegt: Ich bin machtlos! Wie könnt ihr mich fürchten? Warum müsst ihr mich hinter zwei Meter dicke Mauern einsperren? Mir blieb nie etwas anderes übrig, als zu tun, was ich konnte, um meine Kleinen zu beschützen.
Ich hatte Vorteile aus meiner Liaison mit dem König gezogen, ja, natürlich hatte ich das. Das leugnete ich überhaupt nicht. Aber auch er hatte davon profitiert und mit ihm das gesamte Königreich. Und was war mit seinen Kindern? Meinen Kindern? Ich fürchtete, was aus ihnen werden sollte, wenn ich inhaftiert oder ins Exil geschickt würde.
Nach vielen weiteren Anschuldigungen, gegen die ich mich selbst nicht zur Wehr setzen durfte, urteilte das Parlament folgendermaßen: Die Besitzungen, die ich als Geschenke des Königs oder aus meinem eigenen Vermögen während meiner Liaison mit ihm angehäuft hatte, wurden beschlagnahmt.
Dabei achtete man sorgsam darauf, dass bei mir auch die gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz von Lehen und anderen Grundstücksgeschäften ausnahmsweise keine Anwendung fanden, denn schließlich mussten sie ja fürchten, einer von ihnen könnte irgendwann selbst auf diese Weise seinen Besitz verlieren. Ganz offensichtlich war ich ein einzigartig unwürdiger Landbesitzer. Was sie an Schmuck bei mir finden konnten, wurde ebenfalls beschlagnahmt. Am härtesten traf mich der Verlust meiner Perlen. Sie zogen, wie sie glaubten, sämtliche Perlen ein, die mir Edward je geschenkt hatte – zwanzigtausend ihren Angaben zufolge. Diese Bestrafung schmerzte mich am meisten. All diese Geschenke der Liebe … selbst sie wurden mir genommen. Beschlagnahmt wurden auch die Juwelen, die Lancaster in Verwahrung genommen hatte. Sogar das Gold, das Edward für meinen Unterhalt im Exil gedacht hatte, war entdeckt worden. Wie das Parlament von all dem Kenntnis bekommen konnte, war mir unverständlich, es sei denn, der Herzog oder William hatten es ausgeplaudert. Welchen Zweck sie damit hätten verfolgen können, war mir indes schleierhaft.
Gekrönt wurde das Urteil durch meine Verbannung. Exil! Es war mir verboten, mich auf englischem Boden aufzuhalten, andernfalls drohten Inhaftierung im Tower oder Schlimmeres. Mein erster Gedanke war, dass ich jetzt meinen Sohn John niemals wiedersehen würde – oder meine Schwester, meinen Bruder. Und Bella! Meiner Treue zu Edward wegen hatte ich alles verloren. Ich schwor mir, zumindest meine geliebten Töchter mit mir zu nehmen. Von Joan und Jane würde ich mich nicht trennen lassen.
So stand ich dort vor all den hassverzerrten Gesichtern in der mit kunstvollem Schnitzwerk, Malereien und Gold überladenen Westminster Hall und fühlte mich aller Ehren beraubt.
Und mir war weiterhin verboten, auch nur ein Wort zu meiner Verteidigung vorzubringen. Innerlich drängte es mich aufzuschreien: Hört mich an! Ich erwies der Königinwitwe Isabella den Gehorsam, danach Queen Philippa, King Edward, Prince Edward und dem Duke of Lancaster. Ich gehorchte ihnen in allem. Was bringt es euch, wenn ihr mich nun vernichtet?
Ach, aber genau darum ging es ihnen natürlich. Es brachte ihnen Land ein, Grundbesitz, ein Vermögen an Schmuck. Ich fragte mich, wer alles sich einen Teil der Beute unter den Nagel reißen würde, und verfluchte jeden Einzelnen von ihnen.
Was war mit den Versprechungen, die Princess Joan und Lancaster abgegeben hatten? Erst nach meinem Auftritt vor dem Parlament, erst nachdem mein Schicksal beschlossen worden war, wurde ich zurück in den Palast geführt, um sie zu treffen. Zu meiner Überraschung war noch ein weiterer Gast geladen worden: William Wyndsor. Seit jenem Nachmittag im Garten von Gaynes, als ich ihn abgewiesen hatte, war ich ihm nicht mehr begegnet.
An diesem Abend erfuhr ich von einer Bedingung, die hinsichtlich ihrer Garantie meiner Sicherheit bestand und die mir bislang
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