Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
aufrichtig, Alice. Stets war mein Wunsch nur gewesen, mit dir als dein Ehemann zu leben, und dafür habe ich mir meine Chance selbst verdorben. «
Ich wollte nichts mit ihm zu tun haben. Er zeigte mir ein neues, von ihm unterschriebenes Testament, in dem er meinen Besitz an Joan und Jane vererbte. Ich dankte ihm dafür, brachte es aber nicht über mich, ihm zu verzeihen. Zwar hatte es meinem Sohn freigestanden, Williams Angebot abzulehnen, als sein Vertreter nach Cherbourg zu gehen, aber ich nahm ihm übel, John dieses Angebot überhaupt gemacht zu haben. Und das wusste er. Wir fanden keinen Weg mehr, den Abgrund zu überwinden, der uns beide trennte.
Lange Zeit hielt er sich von mir fern. Robert half mir zu gesunden, die Scherben meines Lebens aufzusammeln und weiterzumachen. Joan, Jane und ich pflanzten bei jedem unserer Häuser Eichenbäume, die uns an John erinnern sollten, daran, wie groß und stark er gewesen war. Wie er unser aller Leben bereichert hatte.
Im Spätsommer, fast auf den Tag genau ein Jahr nach Johns Verschwinden, kam William zu mir nach London, todkrank von einem Fieber befallen. Den ganzen Herbst hindurch pflegten Gwen und ich ihn, während sich Robert um alles andere kümmerte. Diesmal bestand für ihn kein Grund zur Abreise. Joan und Jane quartierte ich wegen der Krankheit vorübergehend in ihrer Schule ein. William sprach wenig, mied meinen Blick und aß und trank so wenig wie möglich. Es war von Beginn an offensichtlich, dass er nicht die Absicht hatte, wieder auf die Beine zu kommen.
Er starb kurz nach Michaeli. Wir trauerten um ein erloschenes Menschenleben, doch alle im Haus schienen auch erleichtert aufzuatmen angesichts der Möglichkeit, endlich neu anfangen zu können. Ich bat um die Gnade, William vergeben zu können und seine Seele in Frieden ruhen zu lassen.
Doch seinem Neffen John würde ich niemals vergeben. Sofort nach Williams Tod legte er eine Fassung von dessen altem Testament vor, in dem er noch als Erbe eingetragen war. Ich suchte überall nach der Niederschrift, die William mir gezeigt hatte, konnte sie aber nirgends finden. Ich schwor, vor den Gerichten so lange gegen John Wyndsor zu klagen, bis ich alles, was rechtmäßig mir zustand, auch zurückgewonnen hatte. Dies war mein letztes Gift, mein Fegefeuer, dies war Williams Hinterlassenschaft an mich, die letzte noch schwelende Missgunst. Es war die einzige Sache, die jemals zwischen Robert und mich kam. Er konnte nicht begreifen, warum ich mir von diesem einen Stachel weiter meine Seele vergiften ließ.
Noch im selben Monat, in dem William starb, beantragte ich beim Parlament, die Urteile gegen mich aufzuheben. William hatte es seinerzeit geschickt verstanden, meine Besitzungen in seinem Namen zurückzufordern, wodurch er
sich um die Rehabilitierung meines Namens nicht zu kümmern brauchte.
Am Ende verzieh ich ihm dennoch, ja trauerte sogar um ihn. Wie sonderbar, dass ich bei seinem Tod, so fern vom Lärm unserer Streitereien, daran denken musste, wie gut er mir beim ersten Kennenlernen gefallen hatte. Ich trauerte um meinen kurzen Traum vom stattlichen, aufregenden Ritter, dessen Liebe ich geweckt zu haben glaubte. Ich trauerte um die Träume, die ich für meinen Sohn John gehegt hatte. Ich trauerte um all die Träume, die durch meine Verbindung zum Hause Plantagenet zerstört worden waren.
Jetzt sagte ich mich von meinen alten Träumen los und suchte Ruhe und Frieden zu finden.
Nach Williams Tod lud Princess Joan mich und meine Töchter für zwei Wochen nach Kennington ein. Obwohl meine Verbannung mittlerweile aufgehoben war, hatte ich seit meiner Hochzeit in Westminster keinen königlichen Palast mehr betreten. Selbst bei Johns Trauerfeier war ich im Bereich der Abtei geblieben und hatte den Palast gemieden. Es war ein merkwürdiges Gefühl, wieder in einem königlichen Hofstand zu wohnen, wieder einen Anlass zu haben, meinen Schmuck und meine prächtigsten Kleider zu tragen.
Die einst viel gepriesene Schönheit Joan war dick geworden und ging am Stock, allerdings an einem aufwendig geschmiedeten Stock mit Silberziselierungen und einem Perlmuttgriff. Ihr Gewand strahlte wie gewöhnlich vor Juwelen, und ihr Haar besaß noch immer einen hellen Goldton, auch wenn es durch die jahrelange Behandlung mittlerweile spröde wirkte. Ich erfuhr, dass sie an Gicht litt, nur noch selten ritt und die Beizjagd ganz aufgegeben hatte.
»Lasst Euch von mir zu mehr Bewegung anregen«, bot ich an. »Ihr wisst doch, dass
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