Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
darin die Heilung für Euer Gebrechen
liegt.« Es hatte eine Zeit gegeben, in der wir so miteinander gesprochen und uns gegenseitig angespornt hatten.
Sie schüttelte den Kopf. »Wäre mein Verfall allein der Gicht geschuldet, ich würde sie mit aller Entschlossenheit bekämpfen, Alice.«
Eines Nachmittags, als die Kinder mit einigen von Joans Wachleuten einen Rundgang durch den Palast unternahmen und wir allein waren, sah sie mir offen in die Augen.
»Ihr wart so freundlich, habt geduldig meinem Kummer gelauscht, dennoch muss ich Euch jetzt um einen weiteren Gefallen bitten. Ich muss Eure Vergebung erbitten, teure Freundin. Es wird Zeit, Euch zu gestehen, dass ich es war, die Euch in Bezug auf William Wyndsor verraten hat. Ich erwähnte seine Leidenschaft für Euch gegenüber meinem Gemahl Edward, ohne mir dabei träumen zu lassen, dass er diese Bemerkung benutzen würde. Ich bin überzeugt davon, dass er seinem Bruder John davon erzählt hat.«
Ich hatte Henry Percy in Verdacht gehabt, gelegentlich auch Geoffrey – er liebte den Klatsch und Tratsch einfach zu sehr –, niemals jedoch Joan, obwohl sie meiner Vermutung nach schon lange über die Absprache, dass ich William heiraten sollte, informiert gewesen war.
»Mit etwas mehr Verschwiegenheit hättet Ihr mir womöglich viel Leid erspart«, sagte ich. Andererseits sah ich auch, wie leicht es dazu hatte kommen können.
»Sie haben Euch benutzt, Alice. Edward und John beschützten Euch, solange Ihr für die Pflege ihres Vaters benötigt wurdet, und dann verkauften sie Euch an William. Es tut mir leid. Ich wünschte, ich könnte etwas für Euch tun. Solltet Ihr meiner Hilfe bedürfen …«
Ich entschuldigte mich und entfernte mich, um mir die Wut von der Seele zu laufen. Sie war alt, sie war schwach, und auf ihre stolze Art war sie reumütig um Vergebung bemüht. Es tut mir leid. Wie leicht sich dies sagen ließ, wie wenig Trost es mir spenden konnte. Ich werde zur Buße über glühende Kohlen laufen. Ich werde mir die Haare ausraufen. Solche Worte hätten vielleicht ausgedrückt, wie sehr sie leiden sollte für das, was sie mir angetan hatte. Doch mit wachsender Erschöpfung erlosch mein Wunsch, sie möge leiden. Dass ihr leichtfertiges Gerede derartigen Absichten dienen würde, hatte sie nicht voraussehen können. Wie hätte sie auch? Und dennoch würde ich im Gegenzug mich jetzt ihrer bedienen.
Ich erzählte ihr von meiner Eingabe ans Parlament und von dem angefochtenen Testament.
»Ich werde mit Richard sprechen«, sagte sie. »Aber erwartet Euch nicht zu viel davon. Ihm sind die Barone keineswegs so gewogen, wie sie es seinem Großvater waren. Und das Parlament ebenfalls nicht.«
»Wenn Ihr mit ihm sprecht, denkt daran, dass ich meinen Sohn, Edwards herrlichen Sohn, wahrscheinlich noch immer an mein Herz drücken könnte, wären William und ich nicht in diese unselige Ehe gezwungen worden.«
»Ich wusste bis zum Tod des Königs nichts von diesen Absichten«, flüsterte Joan mit gequältem Blick.
Bei meiner Abreise aus Kennington ahnte ich, dass ich nie wieder hierher zurückkehren, dass Joan sich – ebenso wie William – schon bald dem ewigen Schlaf ergeben würde. Traurig, von Schmerzen gezeichnet und enttäuscht.
Zugleich spürte ich jedoch auch, wie mir ein Fluch von den Schultern genommen wurde, der Fluch Isabellas von Frankreich und der Frucht ihrer Liebe. Endlich war ich frei. Ich hatte das Gefühl, dass ich Edwards Familie nicht das Geringste schuldete und dass sie mir nichts mehr anhaben konnte.
IV-4
»Denn ich hab nicht gesagt, dass sie ihm hastig
Ihre Liebe gab, doch dass er langsam
Ihre Gunst gewann und auch warum.
Ganz sacht erst schufen Männlichkeit und Leiden
Der Liebe Raum in ihrem hohen Herzen,
So dass durch treuen Dienst er ihre Lieb
Nur Schritt um Schritt errang und nicht abrupt.«
GEOFFREY CHAUCER:
TROILUS UND CRISEYDE, II 673 – 679
1384
Im Alter von zweiundvierzig Jahren zum dritten Mal verwitwet – denn innerlich fühlte ich mich als Edwards Witwe –, hoffte ich, nun endlich Ordnung in mein Leben bringen zu können. Fast vier Jahre hatte ich mit Janyn verbracht, zwei davon glücklich, ungefähr fünfzehn mit Edward, von denen viele wunderschön und viele schrecklich gewesen waren, und sieben Jahre lang hatte ich William ertragen müssen. Meine Zeit mit ihm war durchgängig schmerzhaft gewesen, wenn auch Roberts Liebe mir als Stütze gedient hatte.
Nicht all mein Unglück war von anderen verursacht worden –
Weitere Kostenlose Bücher