Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
Gertrude hatte einen Sturz erlitten und würde den Frühling über auf einen Stuhl angewiesen bleiben, daher musste ich lernen, mich auch mit dem niederen Gesinde auseinanderzusetzen. Janyn hatte seinen Kommissionär beauftragt, mir bei der Kontenführung zu helfen, Dom Hanneye lauschte mit ruhiger und verständnisvoller Anteilnahme all meinen Ängsten und Hoffnungen, und die Gildefrauen nahmen mich zu ihren Treffen mit, bei denen Kissen für die
Bänke der Gildehalle und der Kirche gestickt wurden. Besonders geehrt fühlte ich mich, als mehrere Gildemitglieder mich baten, für ihre neugeborenen Töchter die Rolle der zweiten Patin zu übernehmen, eine Geste, die unter den Familien ein wichtiges Zeichen der Verbundenheit darstellte.
Angehörige der Gilde und viele aus der Gesellschaft von Lucca hielten mich mit Nachrichten aus den Gegenden, die Janyn durchreiste, auf dem Laufenden, und mitunter überbrachten sie nach Gesprächen mit vor kurzem vom Festland eingetroffenen Händlern, die seiner Reisegesellschaft begegnet waren, sogar Botschaften von ihm selbst. Master Martin und Dame Tommasa speisten fast täglich mit mir, und oft leisteten uns auch noch Dame Agnes und Master Edmund dabei Gesellschaft. Wenigstens einmal die Woche kam Nan mit Will und Mary für einen Nachmittag vorbei.
Kurz vor dem Sommer kehrte mein geliebter Mann zurück. Er hatte geschrieben, dass er voraussichtlich Anfang Juni die Themse hinaufsegeln würde, aber Gott war seiner Reise wohlgefällig, und so traf er eine Woche früher ein, als ich zu hoffen gewagt hätte. Da meine Schwangerschaft zu diesem Zeitpunkt bereits weit fortgeschritten war, mangelte es mir an jeglicher Anmut, und ich fürchtete schon, Janyn könne mich mit kaltem Gleichmut begrüßen. Das tat er jedoch mitnichten. Unsere Küsse erforderten zwar eine sorgfältig abgestimmte Körperstellung, aber sie waren lang und leidenschaftlich. Wir stimmten darin überein, die Ratschläge, im letzten Monat meiner Schwangerschaft getrennt zu schlafen, nicht zu beachten.
Am ersten Abend ließen wir die Lampen länger als gewöhnlich brennen, damit wir einander noch betrachten konnten. Er fuhr mir sanft über den Bauch, als das Kind austrat. Erschrocken zog er die Hand zurück und starrte
auf die Stelle, die sich scheinbar von allein bewegt hatte. Ich griff nach seiner Hand und legte sie zurück.
»Ist es nicht erstaunlich«, flüsterte ich. »Unser Kind lebt in meinem Innern, tritt und streckt sich und lässt mich wissen, dass es sich schon bald vor Langeweile entschließen wird, hinaus ins Licht zu kommen.«
Janyns dunkle Augen waren weit aufgerissen und feucht, als er seine Hand über meinen Bauch bewegte und nach einer weiteren Berührung mit unserem Kind tastete.
»Ein Wunder. Ein göttliches Wunder«, sagte er. »Aber tut es nicht weh?«
Ich schüttelte meinen Kopf. »Das Gewicht ist schmerzhaft und das Dehnen meiner Hüften. Aber seit sich unser Kind das erste Mal bewegt hat, fühle ich mich …« Ich suchte nach einem Wort, das diese neue Verbundenheit beschrieb. »Fühle ich mich als Teil des Lebens, nicht einfach nur als Beobachter. «
»Du bist wundervoll, mein Lieb«, sagte Janyn. »Ich bete zu Gott, dass dir niemals ein Leid widerfährt und er dich in allem führen und beschützen möge.«
Als ich in der Nacht erwachte, lag ich sicher und warm in Janyns Armen, und mein Herz ging mir über vor Liebe.
Sir David, der so charmant gewesen war, als er uns in Isabellas Gefolge auf Fear Meadow besucht hatte, traf ein paar Tage nach Janyns Rückkehr ein. Ich hielt es für einen Zufall, erfuhr aber schon bald aus seinen Erzählungen, dass die Königinmutter noch weitaus besser als wir über die voraussichtliche Ankunftszeit meines Mannes informiert gewesen war. Bei einem gemeinsamen Essen brachte Sir David seine Hoffnung zum Ausdruck, meine Niederkunft möge noch während seines Aufenthalts in London erfolgen, damit er Ihrer Gnaden als Erster von ihrem Patenkind berichten könne.
»Patenkind?« Ich sah in sein lächelndes Gesicht, dann zu Janyn, dessen Miene zurückhaltender wirkte. Er beobachtete genau, wie ich reagierte. »Oh ja, ich bete darum, dass es nicht mehr lange dauert«, sagte ich.
Erleichtert streckte Janyn den Arm aus, um mir die Hand zu drücken. Ich bemühte mich nach Kräften, mein Unbehagen zu verbergen, doch ich tat mich schwer. Er hätte mich warnen können. Mir gefiel diese Neuigkeit gar nicht, und noch weniger gefiel es mir, dass ein anderer als
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