Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
Amme sein möge. Ich betete für Janyn, dass Gott ihn auf seinen Reisen stets beschützen möge. Ich betete dafür, meinem Mann eine gute Frau zu sein, ganz so, wie Janyn es sich von mir wünschte. Ich betete dafür, ihn hier am Hofe Isabellas, der einstigen Königin und Mutter des jetzigen Königs, nicht zu blamieren und nicht zu enttäuschen. Ich betete darum, der König möge mich nicht als gemeine, grobschlächtige Frau betrachten, und zog dieses Gebet sofort wieder zurück, erschrocken über meinen eigenen Hochmut.
Während ich kniete, war noch jemand zu uns in die Kapelle getreten. Als er an mir vorbeiging, hatte ich den sinnlichen Duft wahrgenommen, der seiner Kleidung entströmte, und dann den Betschemel in der Nähe des Altars knarren hören. Er hatte kurz neben mir angehalten, ich hatte jedoch nicht aufgesehen, da ich mich in Janyns Gegenwart sicher fühlte.
Mein Mann, der neben mir kniete, flüsterte mir zu, dass wir gehen müssten. Als ich aufstand, wandte ich mich dem
Altar zu. Es war King Edward, der dort kniete und das gebeugte Haupt in seine Hände gelegt hatte. Mit wild pochendem Herz nahm ich Janyns Arm und ließ mich von ihm aus der Kapelle führen. Ich hatte in Gegenwart des Königs gebetet! Hatte ich womöglich deshalb gebeten, er solle nicht auf mich herabsehen?
»Wir waren in guter Gesellschaft«, bemerkte Janyn, als wir gegenseitig den Sitz unserer Kleidung überprüften. »Das war King Edward höchstpersönlich.«
»Ich weiß«, sagte ich. »Die Krone.«
Wir brachen beide in ein nervöses Lachen aus und gingen dann weiter in den Rittersaal.
Es war eine erhabene Runde, in der wir an diesem Tag dinierten. Die Königinmutter Isabella, King Edward und Philippa, seine rundliche, lebhafte Queen, die ich auf Anhieb mochte. Dazu John, Earl of Richmond, der mir bereits bekannt war; Lionel, seines Zeichens Earl of Ulster, des Königs zweitgeborener Sohn, und dessen Frau Elizabeth, Countess of Ulster; überdies diverse ausländische Adlige, deren Namen Janyn nicht alle kannte. Unmittelbar vor uns war jemand eingetroffen, den ich in so erlesener Gesellschaft nicht zu sehen erwartet hatte: Richard Lyons.
»Was macht er denn hier?«, fragte ich Janyn.
»In Anbetracht der Gelder, die er sowohl der Königinmutter als auch der jetzigen Königin geliehen hat, könnte ich mir denken, dass er hier stets willkommen ist«, erwiderte er. »Sie haben beide weit mehr ausgegeben, als sie sich leisten können. Da drüben am entgegengesetzten Ende der zweiten Tafel sitzt übrigens seine Frau, Isabella Pledour.«
Sie war keine hübsche Frau, eher plump und mürrisch dreinschauend, doch geschmackvoll und kostspielig gekleidet.
Ich war erleichtert, dass wir ebenfalls nur an der zweithöchsten
Tafel bei den weniger bedeutenden Leuten saßen – zusammen mit einem Kaufmann und dessen Frau aus St. Albans, zwei Franziskanerbrüdern, einem weiteren Kaufmannsehepaar aus London sowie vor allem mit meinem guten Freund Geoffrey.
»Alice! Du wirst mit jeden Mal, da ich dich treffe, schöner«, rief er aus.
Mir fiel auf, wie sehr er seiner stattlichen Kleidung mittlerweile gerecht wurde. Seine Haltung, seine Sprache und seine Gebärden wirkten vornehmer und selbstsicherer als früher.
»Wie gefällt es dir denn im Hause der Countess, Geoffrey? «, erkundigte ich mich, als ich neben ihm Platz nahm.
»Es würde mir besser gefallen, könnte ich mich gefälliger kleiden«, sagte er und lachte laut auf, während ich seinem Witz Beifall spendete.
Wir hatten schon früher gerne Wörter verdreht, und dass er hier sofort daran anknüpfte, wirkte wie eine Befreiung für mich. Ich hatte bereits befürchtet, jetzt nur noch Janyns Frau und Bellas Mutter zu sein und als Alice in ihrer Gesamtheit überhaupt nicht mehr zu existieren. Doch unser Gespräch erweckte diesen älteren Teil von mir zu neuem Leben.
Janyn und Geoffrey wechselten einige Worte, dann ließ Janyn uns ungestört die letzten Neuigkeiten austauschen und wandte sich dem Kaufmann aus St. Albans zu, offenbar erleichtert darüber, dass ich einen Gesprächspartner gefunden hatte.
»Er ist ein stattlicher Mann«, sagte Geoffrey, »außerdem zuvorkommend, liebenswürdig im Ausdruck, wohlhabend und erfolgreich. Hat er auch einen Fehler?«
»Ich suche noch danach, aber ich fürchte, ich suche an den falschen Stellen, denn bislang habe ich noch keinen entdeckt. « Ich wurde rot.
Geoffrey lachte. »Gewiss hast du auch noch keinen Fehler in ihrem Patenkind entdeckt.« Er
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