Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
neigte den Kopf zur Seite und zog fragend eine Augenbraue hoch. »Der Earl of Richmond spricht sehr offen darüber, dass seine Großmutter die Patin deiner Tochter ist.« Er seufzte und schüttelte den Kopf. »Meine Eltern haben sich ganz schön getäuscht, was deine begrenzten Aussichten betrifft, was?«
Ich lächelte, antwortete aber nicht sofort, da ich erst die Nachricht verarbeiten musste, dass unsere Versuche, die Gunstbezeugungen der Königinmutter nicht allgemein bekannt werden zu lassen, von Richmond offenbar durchkreuzt wurden.
»Freut es dich denn nicht, dass er unverhohlen über eure bevorzugte Stellung spricht?«, fragte Geoffrey.
»Ich verstehe nicht ganz, warum der Earl es anderen gegenüber erwähnen sollte. Wir sind einfache Leute, also wollte er ganz sicher nicht damit Eindruck schinden.«
»Vielleicht doch. Er mag seine Großmutter und nimmt sie stets vehement in Schutz, wenn die alten Geschichten wieder ausgegraben werden.«
»Mag sein Bruder Lionel sie auch?« Das war der Bruder, den Geoffrey am besten kennen sollte, da er in dessen Diensten stand.
»Weniger als John, aber mehr als Edward«, erklärte Geoffrey. »Womöglich ist sie ja mit jedem Enkelkind warmherziger geworden.«
Mich zu ihm beugend, gestand ich: »Also mir bereiten, offen gesagt, schon unsere wenigen Berührungspunkte mit der königlichen Familie Unwohlsein. Kronen bringen weder Seelenfrieden noch Zufriedenheit.«
»Dafür sind sie auch nicht gedacht.«
»Darüber hinaus wirkt die königliche Familie keineswegs sonderlich warmherzig und liebevoll.«
»Weil jeder von ihnen die Krone will!«
Wir lachten. Mein alter Freund nahm mir auf wundervolle Art meine Unsicherheit in dieser Umgebung.
Erleichtert war ich darüber, dass Lyons am anderen Ende der Tafel saß. Abgesehen von ein paar Wortfetzen, die in Gesprächspausen herüberdrangen, vermochte ich ihn auszublenden, allerdings konnte es sich Geoffrey nicht verkneifen, an dem grellen Hut und dem fehlerhaften Englisch des Flamen herumzunörgeln.
»Fürwahr sollte er doch wenigstens die Sprache, in der er Handel treibt, beherrschen«, murmelte er. »Hast du gesehen, wie selbst seine Frau zusammenzuckt, wenn er spricht?«
»Das Französische beherrscht er besser«, sagte ich.
»Aber er lebt in London, beste Freundin, und spiel jetzt bitte nicht den Unschuldsengel. Du kannst ihn nicht leiden. Ich merke doch, wie gereizt du wirst, wenn er zu dir herübersieht oder du zu ihm.«
»Du kennst mich viel zu gut«, sagte ich.
Er schüttelte den Kopf. »Ich kenne dich inzwischen gar nicht mehr, Alice. Eingeladen bei Isabella von Frankreich, Mutter von deren höchst anmutiger Patentochter, leidenschaftlich verliebt in deinen Ehegatten, einen lombardischen Kaufmann, und dein Zuhause angefüllt mit edlen Dingen, wie ich sie mir niemals werde leisten können.«
»Er ist kein Lombarde, sondern gebürtiger Londoner, Geoffrey.«
»Ich habe das nicht abwertend gemeint, beste Freundin. Schließlich ist seine Mutter Mailänderin, hab ich Recht?«
»Ja, und sein Vater und dessen Vater und auch dessen Vater kamen alle in London zur Welt, genau wie Janyn.«
Geoffrey lächelte und verneigte sich vor mir.
»Du hast dich auch verändert«, sagte ich. »Stehst in Diensten eines Earl, sitzt zu Tisch mit der Königinmutter,
dem König und der Königin …« Ich lächelte und verbeugte mich ebenfalls. »Wir haben es beide in kurzer Zeit sehr weit gebracht.«
Janyn mischte sich plötzlich in unsere Unterhaltung ein. »Wir müssen unbedingt eine passende Frau für Euch finden, was, Geoffrey?«
»Habt Ihr nicht vielleicht eine hübsche Schwester?«, fragte Geoffrey mit leuchtenden Augen. »Hübsch sollte meine Frau schon sein.«
»Unverheiratete Schwestern habe ich zwar keine, aber Cousinen …« Janyns Augenbrauen tanzten, und er zwinkerte mit den Augen.
Ich liebte ihn so sehr in diesem Moment. Bestimmt hatte er den gespannten Ton zwischen Geoffrey und mir bemerkt und war mir zur Hilfe geeilt, um für eine unbeschwertere Stimmung zu sorgen. Welch liebevolle Geste.
Später wandelte ich mit den beiden Kaufmannsfrauen und einem der Franziskanerbrüder im Garten, als eine der Frauen sagte: »Ist das nicht Euer Gemahl, der dort mit Queen Philippa spricht, Dame Alice?«
Er war es. Stolz erfüllte mein Herz, als ich sah, wie ungezwungen Janyn in derartiger Gesellschaft auftrat.
»Ja, das ist Janyn. Ist er nicht ein höchst stattlicher Mann?«
Die Frauen, die beide älter waren als ich,
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