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Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)

Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Campion
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kommen, sofern es mir irgend möglich ist.«
    »Sofern es mir irgend möglich ist. Darin besteht die traurige Wahrheit unserer Stellung, ist es nicht so? Wir sind nichts als Gesinde, obwohl alle anderen glauben, uns würde enormes Glück widerfahren. Wir sind mit Leib und Seele unseren hochwohlgeborenen Gebietern und Gebieterinnen verpflichtet. Genau wie Janyn, genau wie vor ihm seine Eltern.«

ZWEITES BUCH
IN DIENSTEN DER QUEEN

II-1
    »Ob Buch, ob Lied, wie könnt der Klage je es
Ausdruck leihn, die sie verzweifelt führte?
Ich weiß es nicht. Doch würd mein schwacher Sang,
Wollt er die bleirne Last in Worte fassen,
Nur mindrer ihren Kummer wirken lassen,
Als er es war, und tölpelhaft entstelln
Ihr hohes Wehgeschrei, weshalb ich passe.«
    GEOFFREY CHAUCER:
TROILUS UND CRISEYDE, IV 799 – 805
     
     
    Wann hatte ich je die Wahl, anders zu sein, als ich war? Die Königinmutter und Janyn hatten entschieden, dass ich eine Hofdame werden sollte, und sofern ich nicht davonlaufen wollte, musste ich ihren Absichten Folge leisten. Sie behaupteten, es sei zu meinem Besten, zum Besten meiner Tochter.
    Aber was war mit meinen Gefühlen? Janyn versprach, mich häufig zu besuchen, und dass wir und Bella gemeinsam Zeit in unseren Häusern verbringen könnten, wenn die Königin sich in der Nähe aufhielt. Mein Mann würde mich besuchen – ich aber wollte mit ihm leben . Ich wollte mit meiner Tochter zusammenleben, wollte sie aufziehen zu der Frau, die sie in meiner Vorstellung werden konnte.
    Es gefiel mir gar nicht, dass diese Trennung schon vor so langer Zeit in die Wege geleitet worden war, dass Janyn deshalb
auf einer Amme im Haus bestanden hatte, dass die Bestellung der Königinmutter als Patin für mein Kind bereits der erste Schritt gewesen war. Ich fragte mich, warum Janyn überhaupt um mich geworben hatte, warum er mich überhaupt hatte heiraten wollen. Ich hasste es, wie diese Fragen meine kostbaren Erinnerungen trübten.

AUGUST 1358
    Den ganzen Sommer über wagte ich kaum zu atmen, als könnte ich dadurch bei der königlichen Familie womöglich in Vergessenheit geraten. Als die Erntezeit gekommen war, schöpfte ich Hoffnung. Doch dann wurden Janyn und ich nach Hertford Castle einbestellt. Und wieder verfolgte mich mein Alptraum von der goldenen Wölfin und vom Blut meiner Familie, das ihre Schnauze rot färbte und von der heraushängenden Zunge tropfte. Ich ritt von Angst derart geplagt nach Hertford, dass Janyn und Gwen bereits fürchteten, ich sei erkrankt.
    Bei unserer Ankunft ließ die Königinmutter uns mitteilen, sie wünsche mich alleine zu sehen. Etwas in Janyns Gesichtsausdruck sagte mir, dass er mit dieser Bitte gerechnet hatte. Ich folgte dem Pagen mit bleischweren Beinen.
    Als ich Isabellas Schlafgemach betrat, konnte ich sofort sehen, wie krank sie war und wie kurz vor dem Tod sie stand. Ihre Augen waren in den Schädel eingesunken, ihr einstmals kerzengerades Rückgrat hatte sich verkrümmt. Sie saß an einen Berg Kissen gelehnt, und ihre Hand, die sie mir zum Küssen entgegenstreckte, zitterte heftig. All die Duftöle, die in ihrer Kammer brannten, konnten den Gestank des Krankenlagers nicht überdecken. Schwach klopfte sie auf den Platz neben sich.
    »Ich bekomme wenig Luft. Setzt Euch hier neben mich, Alice.« Sie befahl ihren Bedienten, uns allein zu lassen.
    »Aber was, wenn Ihr Hilfe benötigt, Eure Königliche Hoheit ?« Mir war nicht wohl bei dem Gedanken, für eine solch bedeutende Frau Verantwortung zu tragen.
    »Dann werdet Ihr nach ihnen rufen. Ich möchte mich nur einen Moment lang mit einer Freundin unterhalten, ohne dass jemand mithört.« Sie richtete ihre eingefallenen Augen auf mich. »Ich weiß, dass Ihr nicht glücklich darüber seid, zum Dienst an Philippas Hof bestellt worden zu sein.« Sie sprach langsam, und jedes Luftholen bereitete ihr offenkundig Schmerzen.
    »Es ist eine Ehre, die ich nicht angestrebt habe«, gab ich zu, da ich keinen Anlass sah, ihr zu widersprechen, wenn sie es sowieso schon erraten hatte.
    »Ich habe dies zu Eurer eigenen Sicherheit arrangiert und zu der Eurer Tochter. Zu ihrer ganz besonders.«
    Ich bekreuzigte mich zum Schutz vor allem Bösen, vor der schrecklichen goldenen Wölfin, die mich im Schlaf verfolgte. »Was für eine Gefahr droht uns denn?«
    »Ich werde Euch nicht alles erzählen, weil sie es Euch dann bloß mit Gewalt entreißen würden, wenn ich nicht mehr bin.«
    Worte, die mir nur einen eisigen Schrecken einzujagen vermochten.

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