Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
Königinnen zu Abend aß, lag zum Park hinaus und verfügte über ausreichend Fenster, um herrlich luftig und mit den köstlichen Düften des Sommers erfüllt zu sein. Ein Tisch war direkt ans Fenster gerückt worden, und dicht daneben glühte ein Kohlenbecken, um die nach Sonnenuntergang einsetzende
Kühle abzuwehren. Queen Joan war auf eine spröde Art anmutig, die mich an meine Mutter erinnerte und mich daher nicht für sie einnahm. Auch ihre Wesensart wirkte spröde, doch verhielt sie sich mir gegenüber zuvorkommend und einigermaßen freundlich. Wir sprachen über Kinder, Fragen der Haushaltsführung, die Preise von Seide und Leder, eben all die Dinge, über die Frauen reden, wenn sie in Ruhe zusammensitzen. Erst als das Essen abgeräumt war, kam Philippa zur Sache.
»Die Königinmutter hat so oft von Euch gesprochen«, sagte sie zu mir. »Sie meint, es würde mir zum Vorteil gereichen, wenn ich Euch in meine Dienste nähme.«
»In Eure Dienste, Eure Königliche Hoheit?«
»Als Kammerjungfer, die mir beim Anziehen behilflich ist und mir, wie ich hoffe, den Wert des Geldes näherbringen kann.«
Als sie dies sagte, erinnerte ich mich an unsere Unterhaltung im Garten von Hertford Castle und ihre sonderbare Bemerkung, dass sie jemanden wie mich gut gebrauchen könne. Aber die Königin ankleiden? Sie sah darin offenkundig eine große Ehre, ich dagegen kannte es nur so, dass Erwachsene von jemandem aus dem Gesinde angekleidet wurden. Aus dem Gesinde. »Eure Königliche Hoheit, eine solche Ehre trifft mich völlig unvorbereitet«, sagte ich.
Janyn hingegen gewiss nicht, davon war ich plötzlich fest überzeugt.
»In meiner Heimat, der Grafschaft Hennegau, war es Brauch, dass Adlige und Kaufleute gemeinsam an der Tafel saßen und feierten. Wir hielten es für wichtig, dass wir uns gegenseitig verstanden. Edward und ich wünschen uns auch zum Londoner Kaufmannsstand eine engere Verbindung. Wir müssen nachvollziehen können, wie Ihr die Welt seht. Euer Gemahl stimmt dem zu.«
Mit diesen Worten zerstreute sie auch die allerletzten Zweifel an einem geheimen Einverständnis von Janyn. »Eure Königliche Hoheit, ich habe eine Familie, zwei Häuser, eine Tochter …«, begann ich, verzweifelt nach einem rettenden Strohhalm tastend.
»Die sollt Ihr häufig sehen dürfen, das verspreche ich Euch.« Sie stand auf und streckte mir ihre Hand zum Küssen entgegen. Ich gehorchte.
»Mein Gemahl war ebenfalls sehr angetan von Euch. Ich denke, wir werden alle Gewinn aus diesem Arrangement ziehen.« Sie nickte einem Bedienten zu, der mich hinausführte.
Obwohl ich kaum Luft bekam, gelang es mir, mich ohne Fehltritt zurückzuziehen.
»Dame Alice, was ist geschehen?«, rief Gwen aus, als ich in die Kammer stürzte.
Janyn erhob sich von einem Tisch in der Nähe des Feuers, den Kopf leicht zur Seite geneigt, wie er es immer tat, wenn er zu begreifen suchte, was er sah. »Bist du unglücklich, mein Lieb?«
»Ich wurde an den königlichen Hof gerufen. Um am Hof zu leben. Fern von dir, fern von Bella. Ich soll Dienstmagd Ihrer Königlichen Hoheit werden. Und du wusstest davon! Du wusstest es und hast mich nicht gewarnt! Wie konntest du es mich nur auf diese Weise herausfinden lassen? Warum tust du mir das an?« Ich warf mich bäuchlings aufs Bett, vergrub das Gesicht in meinen Armen und ließ den Tränen freien Lauf.
Ich spürte, wie sich Janyn auf die Bettkante setzte, doch er fasste mich nicht an. Kurz darauf drehte ich den Kopf zur Seite, um Atem zu holen, und Gwen berührte meine Schulter und fragte, ob sie mir beim Auskleiden behilflich sein solle.
Ich drehte mich um, setzte mich auf und folgte wortlos
den fürsorglichen Bemühungen der guten Gwen. Erst als sie sich entfernt hatte, sah ich Janyn wieder an.
»Ist es das, was du dir für uns gewünscht hast?«
Er wirkte erschöpft, schien plötzlich stark gealtert.
»Wenn es sicherer auf dieser Welt zuginge, nein.« Als ich etwas erwidern wollte, bat er mich mit erhobener Hand zu schweigen. »Dies ist eine große Ehre, Alice. Deine Stellung wird der deines Freundes Geoffrey ähnlich sein, jedoch noch näher am König und an der Königin. Das ist eine wundervolle Sache, mein Lieb.«
»Warum hast du mich nicht darauf vorbereitet? Mit mir darüber gesprochen?«
»Sieh dich doch an, Alice, wie du dich jetzt dagegen sträubst. Wärst du mitgekommen, wenn du es gewusst hättest? «
»Begreifst du überhaupt, was du da sagst? Du bedienst dich lügnerischer List! Ich habe dir
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