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Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)

Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Campion
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Schultern, ob sie ihn irgendwo finden konnte. Ich fühlte mich wie damals, als ich sie gegen meinen Willen abstillte. Ein schreckliches Gefühl der Trennung, als würde ein Teil von mir plötzlich fehlen. Ich fürchtete, sie könne Hass gegen mich entwickeln und irgendwann so zu mir stehen, wie ich zu meiner eigenen Mutter stand. Ich musste herausfinden, was tatsächlich mit Janyn war, nicht allein für mich, sondern für sie.

II-2
    »Doch um ihr Leben war ihr große Angst,
Sie wusste nicht, was hier der beste Rat,
Denn Witwe war sie, dazu bar noch jeden
Freunds, dem sie ihr Leid hätt klagen können.«
    GEOFFREY CHAUCER:
TROILUS UND CRISEYDE, 195 – 98

1361
    Es war ein Winter voller Trauerfälle für das Königspaar, und Zeugin all ihres Kummers zu werden, lehrte mich, dass selbst sie nicht gegen Leiden gefeit waren. Der Tod von Sir Thomas Holland, dem Gemahl von Joan of Kent, bedeutete auch für den König einen herben Schlag, denn der Earl hatte zu seinen zuverlässigsten Heerführern gezählt. Kurz nach diesem Verlust starben zwei weitere Hauptleute des Königs. Und dann erfolgte der grausamste Schicksalsschlag von allen, der Tod von Henry of Grosmont, Duke of Lancaster und Vater von Blanche, der Frau des Drittgeborenen des Königs, John of Gaunt. Sowohl Queen Philippa und King Edward als auch die meisten Vertreter des Adelsstands hatten in dem Duke den vortrefflichsten Heerführer des Königreichs gesehen, und er war ein enger Freund des Königspaars gewesen. Seiner Totenmesse wohnten Mitglieder aller Adelsfamilien bei, doch trotz des prachtvollen Schauspiels
herrschte eine feierlich ernste Stimmung. Der König selbst hatte kostbare Brokatstoffe, die zum Teil aus Lucca stammten, für Gewänder und Livreen anschaffen lassen, darunter auch Goldbrokat für das Sargtuch. Hier und da wurde getuschelt, der Brokatstoff aus Lucca könne mit der Pest infiziert sein, denn die Krankheit solle wieder zurückgekehrt sein und sich wie ehedem vom Mittelmeer aus nach Westen und Norden ausbreiten.
    Ich war noch ein Kind von sieben oder acht gewesen, als die Pest zum ersten Mal in der Christenwelt gewütet hatte. Vater hatte mir später Geschichten aus dieser Zeit erzählt, etwa wie wir zum Haus seiner Schwester nach Smithfield geflüchtet waren, um uns weiter vom Fluss zu entfernen, dem nachgesagt wurde, er führe den tödlichen Pesthauch mit sich, nur um bei seiner Schwester zu entdecken, dass sie und ihre beiden Kinder der Krankheit bereits erlegen waren.
    In der Nähstube der Königin vereinte uns nun allesamt die Angst. Wir sprachen mit gedämpften Stimmen über Alpträume voll von pustelverseuchten Leibern, in den Straßen aufgetürmten Leichenbergen und unerträglichem Gestank. Da diese Bedrohung uns allen galt, war auf einmal auch ich willkommen und wurde in den Kreis einbezogen.
    Einige Wochen nachdem die ersten Pestgerüchte den königlichen Palast erreicht hatten, ließ Queen Philippa mich im Anschluss an die Morgenmesse zu sich rufen. In dem großzügigen Raum, den alle den Saal der Königin nannten, saß Philippa allein am Feuer. Keine ihrer Hofdamen war anwesend. Etwas abseits von ihr saß Blanche of Lancaster bei den hohen Fensterflügeln, streichelte einen kleinen Hund und betrachtete den draußen plötzlich einsetzenden Schneeschauer. Am entgegengesetzten Ende des Saals waren zwei Dienstmägde mit Putzarbeiten beschäftigt. Die Königin nickte mir einladend zu, sobald ich den Raum betreten hatte,
und bedeutete mir mit einem Klopfen, neben ihr auf der breiten gepolsterten Bank Platz zu nehmen. Der persönliche Rahmen und die Tatsache, dass ich so nah neben ihr sitzen sollte, dienten mir bereits als Warnung. Sie wollte mir offenkundig etwas mitteilen, das sonst niemand hören sollte.
    Ich holte tief Luft, drückte den Rücken durch und machte mich so groß wie möglich, damit ich bloß nicht so winzig und verloren wirkte, wie ich mich fühlte, während ich mit hallenden Schritten den Saal durchquerte und mich neben die Frau setzte, die mein Leben in ihren Händen hielt.
    Ihre Augen blickten traurig, ihre Stimme war sanft, und ich hoffte inständig, dass sie keine schlechte Nachricht von Bella erhalten hatte, da es hieß, bei diesem Ausbruch der Pest seien insbesondere die Kinder gefährdet. Ich bekreuzigte mich und betete um Kraft.
    »Es ist eine Nachricht von Master Martin Perrers bei uns eingetroffen.« Die Königin legte eine fleischige beringte Hand auf meinen Unterarm und musterte mich mit einem solchen

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