Die Verwandlung - Blutsbande 1
der schon lange vorbei war. Nur die Steifheit in meinen Gliedern, die von dem langen Liegen herrührte, plagte meine Knochen.
Er lachte leise in sich hinein. „Wahrscheinlich bist du mittlerweile gesund.“
Wie Glühbirnen, die angehen, sah ich, wie Cyrus über mich gebeugt war. Er hatte Blut an den Händen. Mein Brustkorb stand offen wie ein Kadaver, der obduziert werden sollte. Nathans erschüttertes Gesicht, als er mich in der Gasse fand.
Eines der ersten Dinge, die mir Nathan über die Bewegung für das freiwillige Aussterben von Vampiren erklärt hatte, war, dass es ausdrücklich verboten war, lebensbedrohliche Verletzungen medizinisch zu behandeln. Ich war tot, als er mich gefunden hatte. Und jetzt saß ich hier. „Du hast gegen die Regeln verstoßen.“
Er richtete sich auf. „Ja, ich nehme an, du hast recht.“
Ich rappelte mich auf, und meine Knochen taten weh, weil ich sie so lange nicht bewegt hatte. Ich stopfte ein paar Kissen hinter meinen Rücken und zog die Decke bis zum Kinn. „Warum?“
Ich hatte den Verdacht, dass er ein wenig zu intensiv in den Schubladen der Kommode nach einem frischen T-Shirt herumsuchte, um sich eine Antwort zu überlegen. „Weil ich die Gefahr liebe?“
Von allen Vampiren, die ich bisher kennengelernt hatte, war Nathan derjenige, der am rigidesten die Regeln beachtete. In den zwei Wochen, in denen ich noch in meiner alten Wohnung gelebt, und mir überlegte hatte, der Bewegung beizutreten, hatte er jeden Abend angerufen, um mir irgendetwas mitzuteilen, von dem er dachte, es sei für mich wichtig. Er hatte Ziggy im Arm, als er starb, die Person, die er am meisten liebte, und ließ es zu, dass er starb, auch wenn er ihn mit Leichtigkeit hätte verwandeln können. Er hätte sich damit viel Schmerz ersparen können. Aber er hatte es nicht getan, weil seine Bindung an die Bewegung so eng war.
Und dennoch hatte er mich gerettet.
„Warum?“, fragte ich ihn noch einmal.
Als er mich ansah, wirkte er melancholisch. „Ich kann es dir nicht erklären.“
„Sag Bescheid, wenn du es kannst.“ Ich wollte aufstehen, aber Nathan zog die Bettdecke fester über meinen Körper.
„Du brauchst Ruhe.“
„Ich habe genug Ruhe gehabt. Ich will aufstehen.“ Ich versuchte es noch einmal, aber er hielt mich an den Armen fest.
„Hörst du mir bitte einfach einmal zu und legst dich wieder hin?“ Mit einem frustrierten Grummeln reichte er mir ein neues T-Shirt und drehte sich mit dem Rücken zu mir um.
„Ist dir schon etwas eingefallen, Nathan?“ Ich zog das schmutzige T-Shirt schnell aus und schlüpfte in das frische. Als ich die unebene Narbe sah, die meine Brust in zwei Hälften teilte, hielt ich inne.
Seine Schultern hingen erschöpft herab. „Es ist nicht das erste Mal, dass ich gegen die Bewegung und ihre Regeln verstoßen habe. Ich bin zurzeit auf Bewährung.“
Ich sortierte die Bettdecke über mir. „Du kannst dich wieder herumdrehen.“
Als er das tat, fiel sein Blick auf ein Stückchen Bein, das unter der Decke hervorlugte. Schnell sah er woanders hin.
„Tut es dir leid?“ Was sollte ich tun, wenn er jetzt Ja sagte?
Nathan antwortete nicht sofort. „Carrie, als ich dich fand, war mein einziger Gedanke, bei dir zu bleiben, bis du stirbst. Aber es dauerte ewig. Als ich dachte, dass du endlich … bist du zurückgekommen. Ehrlich, ich habe noch nie jemanden gesehen, der so hartnäckig um sein Leben gefochten hat. Aber die Verletzungen waren so schwer. Es war total unwahrscheinlich, dass du von allein wieder auf die Füße gekommen wärest. Jedenfalls hättest du dich nicht so erholen können, wie du es jetzt getan hast. Du bis ja fast wie neu.“ Er setzte sich auf das Bett und sah mich an.
„Hast du die Narbe gesehen?“ Er berührte das T-Shirt genau unter meinem Schlüsselbein, und ein Ruck ging durch meinen Körper.
„Ja“, flüsterte ich, mehr konnte ich nicht sagen.
Nathan schloss die Augen und ließ seine Hand, wo sie war. „Er hat dich von hier …“ Seine Finger rutschten an meinen Brüsten hinunter bis zum unteren Rippenbogen und blieben dort liegen. Er legte seine Handfläche einen Moment lang gegen meinen Bauch, bevor er sie wieder zu meiner Kehle zurückgleiten ließ. „… bis hier aufgeschnitten. Aber es war mehr als ein Schnitt, es war als ob …“
„… man ein Buch aufschlägt?“ Ich wusste, wie das für jemanden aussehen musste, der diesen Anblick nicht gewöhnt war. „Du kannst die Rippen ziemlich weit auseinanderbiegen. Aber
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