Die Verwandlung - Blutsbande 1
umgebracht werden. Die Bewegung verfügt über eine Flotte privater Jets, falls ein Mitglied ins Ausland reisen muss. Sonst wäre es ziemlich schwierig, herumzukommen.“
„Also, wenn ich dich jetzt recht verstehe, seid ihr keine Non-Profit-Organisation, wenn ihr Jets besitzt?“
Auf Nathans Gesicht zeigte sich ein Lächeln. „Das meiste Geld der Bewegung stammt von alten und großzügigen Mäzenen, sehr alten Vampiren, die in den letzten Jahrhunderten ihr Vermögen vergrößert haben. Die Bewegung gibt es schon sehr lange, und die Spenden häufen sich an. Außerdem, vermute ich, stümpern sie nebenher noch ein wenig auf dem Immobilienmarkt herum.“
„Ich habe schon immer vermutet, dass mein Vermieter ein Monster ist, aber ich hätte nie gedacht, dass es wahr sein könnte.“ Ich reichte ihm das Buch zurück. „Okay, keine Menschen essen, keine anderen Vampire schaffen oder Morde begehen. Bisher ist es mir ganz gut gelungen, diese Regeln zu befolgen, und ich gehe auch nicht davon aus, dass mir das in naher Zukunft schwerfallen sollte.“
„Gut, das ist auch besser so“, antwortete er und schob mir Das Sanguinarius wieder hin, „denn wenn du die Regeln brichst, ist die Strafe beträchtlich.“
„In welcher Form?“ Ich bemühte mich, unbekümmert zu klingen.
„Tod. Cyrus, der Vampir, von dem du abstammst …“
Ich schnaufte verächtlich. „Cyrus, ist das sein richtiger Name? Der von John Does?“
Auf meine Unterbrechung reagierte Nathan mit einem verächtlichen Blick. „Cyrus flieht vor der Bewegung hier in den USA seit mehr als 30 Jahren. In anderen Teilen der Welt ist er noch länger auf der Flucht. Die Wunden, mit denen er bei euch ins Krankenhaus eingeliefert worden war, stammten von einer versuchten Hinrichtung.“
Mir wurde anders, als ich an die schrecklichen Verletzungen dachte, mit denen John Doe eingeliefert worden war. Mein Mund war trocken. „Welche der Regeln hat er missachtet?“
„Alle. Schon lange, bevor er dich attackierte. Wir haben es nur leider nicht geschafft, ihn zu töten.“
„Niemand verdient so eine Tortur.“ Mir fiel es sehr schwer, die üblen Bilder von John Does verstümmeltem Körper aus meinen Gedanken zu vertreiben. „Wenn du gesehen hättest, was ihm angetan wurde …“
„Ich habe ihn gesehen“, stellte Nathan sachlich fest. „Ich war derjenige, der den Auftrag erhielt, ihn zu richten.“
„ Du?“ Die Wunden in John Does Brustkorb. Das fehlende Auge. Die zersplitterten Knochen in seinem Gesicht. Der Mann, der gerade neben mir saß, hatte all das angerichtet. „Wie?“
„Ich hatte damit angefangen, ihn ins Herz zu stechen, und als das nicht funktionierte, dachte ich, ich könnte ihn in kleine Stücke zerhacken und ihn in geweihter Erde begraben, aber er hat sich gewehrt. Ich habe Glück, dass ich überhaupt noch hier sitze. Jemand muss uns gesehen haben, als wir kämpften, und hat die Polizei gerufen. Den Rest …“
„Kenne ich“, flüsterte ich.
Nathan rutschte nervös neben mir hin und her. „Nein, du kennst ihn nicht ganz. Er läuft immer noch da draußen herum. Darum ist Ziggy jetzt auf der Pirsch nach Vampiren. Wir wissen, dass Cyrus in der Stadt ist, und er ist der einzige Outlaw-Vampir in der Gegend. Ich habe ein Auge auf alle Neulinge, die auftauchen. Ich spüre sie auf, töte sie und liefere meinen Bericht dann an die Bewegung.“ Er streckte die Beine aus, um es sich bequemer zu machen. „Pro Kopf bekomme ich sechshundert Dollar. Natürlich nur im übertragenen Sinne. Ich brauche ihnen keine abgetrennten Köpfe zu bringen.“
Er sagte das alles so selbstverständlich, dass ich fast vergaß, dass er darüber sprach, Menschen zu töten. „Du tötest sie? Aber warum?“
Er sah mich an, als wäre ich nicht bei Verstand. „Weil es Vampire sind.“
„Aber du bist doch auch einer!“
„Schon, aber ich bin ein guter Vampir“, erklärte er mir geduldig. „Gute Vampire dürfen leben, böse Vampire bekommen eine Fahrkarte in die Hölle oder wo wir auch immer hingehen, wenn wir sterben. Das ist doch ganz einfach.“
Ich stand sofort auf. „Hast du dir schon mal überlegt, dass es möglich wäre, dass einige von ihnen gute Vampire sein könnten? Ich meine, guckst du sie dir erst einmal an oder tötest du einfach wild drauflos?“
„Ich gebe ihnen eine Chance, mich vom Gegenteil zu überzeugen, aber schließlich sind sie alle gleich. Sie können einfach keine guten Vampire werden“, stellte er fest.
„Und warum
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