Die Verwandlung - Blutsbande 1
…“
„Verrückt?“ Ich schaute die Klinge an. Das Messer war so nah. Ich hätte ganz einfach danach greifen und aufstehen sollen, bevor Dahlia wieder bei mir stand, aber mein Körper war schwer und unbeweglich. „Was willst du?“
„Was ich will, was ich will?“, sang sie und holte sich das Messer zurück, bevor ich es mir sichern konnte. „Du hörst dich exakt so an wie die Letzte, um die ich mich gekümmert habe. Ihr wollt immer verhandeln.“
Sie hielt mir die Klinge an die Kehle. „Ich will dich töten.“
„Warum?“, flüsterte ich. Ich stellte mir vor, wie die Klinge in meine Haut eindrang, so, wie zuvor meine Reißzähne ihre Haut verletzt hatten.
Sie schob sich näher an mich heran und rieb die Klinge an meinem Hals, ohne die Haut zu ritzen. „Weil du mir geklaut hast, was mir gehört.“
„Was? Was habe ich dir geklaut?“ Ich musste schlucken, aber ich hatte Angst, dass diese Bewegung mich töten würde. „Ich kenne dich noch nicht einmal.“
„Richtig. Du kennst mich nicht, Schlampe.“ Sie holte mit dem Messer aus und rammte es mir ohne zu zögern in den Bauch.
Ich rang nach Luft. In der Notaufnahme hatte ich jede Menge Stichwunden gesehen, aber ich hätte nie gedacht, dass sie sich so anfühlten – dieses Brennen und Ziehen, und dann diesen Gegenstand zu spüren, den alle meine Muskeln abzuwehren versuchten. Ich konnte nicht denken. Ich konnte nicht atmen.
Dahlia zog die Klinge aus meinem Körper und wischte sie an meinem Hemd ab. „Ich weiß auch nicht, warum er sich noch solche Mühe gibt. Er weiß doch, dass ihr alle sterben werdet.“
„Du redest wirres Zeug“, presste ich hervor, während ich mir den Bauch hielt.
Das hätte ich lieber nicht sagen sollen.
„Ich rede wirres Zeug?“ Sie holte noch einmal aus und stach mir in die Seite. „Nein! Er redet Unsinn! Er behauptet, er liebt mich. Er hat mir versprochen, Macht zu geben. Aber es heißt immer: Es ist noch nicht so weit, Dahlia. Es ist noch nicht an der Zeit! Und dann verschwendet er sein Blut an ein Stück Dreck wie dich! Sieh dich doch an! Du kannst noch nicht einmal aufstehen!“
Sie trat mich. Das sollte man nicht mit einem verwundeten Vampir machen. Diese Erkenntnis kam für sie offensichtlich so überraschend wie für mich.
Sofort war ich auf den Beinen und griff nach ihr, angetrieben durch pure Wut und Instinkt. Ich riss ihr das Messer aus der Hand und setzte es ihr an die Kehle.
„Ich habe dir gar nichts weggenommen“, flüsterte ich ihr ins Ohr. „Er wollte mich nicht kreieren. Es war ein Unfall. Du interessierst mich nicht, weder du noch dein Vampir-Freund noch diese ganze verdammte Vampir-Scheiße.“
Ich warf sie zu Boden. Durch den Vorhang ihrer Haare sah sie mich an. Ihr Blick war hart und außer sich.
„Ja, natürlich warst du ein Unfall – sicherlich!“, schrie sie. „Aber das ist auch egal, denn morgen früh bist du tot!“
Meine Wut war plötzlich verschwunden und ich fühlte mich wieder schwächer werden. Dahlias Stimme war so laut, so schrill. Aus meinen Wunden trat Blut. Ich wusste, dass ich die Blutungen stoppen musste, aber ich konnte an nichts anderes denken als daran, vor Dahlia zu fliehen.
Ich stolperte über das Bahngelände und hatte den Eindruck, dass mich jeder Schritt, den ich machte, weiter in einen dunklen, warmen Graben führte. In meinen Ohren dröhnte mein Puls. Ich wurde langsamer.
Jedes Mal, wenn ich über den unebenen Boden stolperte, schmerzten meine Knöchel, mein ganzer Körper schwankte. Als ich endlich auf festen Boden trat, schien mein Körper von allein zu wissen, wohin er gehen sollte. Ich bewegte mich sehr langsam, so dachte ich, aber ich musste gerannt sein, denn innerhalb weniger Minuten befand ich mich vor Nathans Wohnung.
Dumpf stand ich auf dem Bürgersteig herum, weil ich mir nicht sicher war, was ich als Nächstes tun sollte. Ich hielt meine Hand auf die riesige Wunde in meinem Bauch. Ich wusste, dass ich meinen Wagen nicht weit entfernt geparkt hatte, aber ich hatte meine Schlüssel nicht mehr. Zitternd sah ich die Straße hilflos auf und ab. Nichts wollte ich lieber als zu Hause in meinem Bett liegen. Ich setzte mich auf die Treppe vor Nathans Haus. Wenigstens war ich dort ein wenig vor dem schneidenden Wind geschützt. Vielleicht war Dahlia mir gefolgt, aber mein Wunsch nach Wärme und Schlaf war größer als meine Angst. Wenn sie wirklich käme, um mich umzubringen, war meine Überlegung, dann käme ich wenigstens hier zur Ruhe.
Ich weiß
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