Die Verwandlung - Blutsbande 1
aufgesehen hatte, das auf seinen Knien lag.
Ich sah ihn an, er trug ungewöhnlich gewöhnliche Kleidung bis auf eine schwarze Augenklappe. „Wo war die gestern, als du sie gebraucht hättest?“
Mit einem genervten Seufzer schloss er das Buch. „Zu deiner Information: Die Klappe trage ich, weil ich davon abgesehen habe, deinem Freund ein Auge herauszureißen, und ich habe heute Abend einfach nicht die Energie, mir ein Ersatzauge zu suchen.“
„Auch zu müde für mich?“ Enttäuschung und Erleichterung wechselten sich in mir ab.
„Nein, aber ich finde es zunehmend ermüdend, dich zu ertragen. Gibt es einen Grund, warum du hier bist?“ Er faltete die Hände in seinem Schoß.
„Jep. Ich habe eine Frage.“
„Nun, bist du dir sicher, dass du sie mir stellen möchtest, oder möchtest du nicht lieber in meinen Gedanken herumspionieren, während ich schlafe?“
„Du bist mir deswegen noch böse?“ Ich ging langsam zu ihm hinüber. Nachdem ich das Buch von seinem Schoß genommen hatte, setzte ich mich auf Cyrus’ Knie. „Wenn ich gewusst hätte, dass du dich so sehr darüber aufregst, dann hätte ich es nicht getan.“
„Warum fällt es mir schwer, dir das abzunehmen?“ Aber er lächelte trotzdem und zog mich an seine Brust. Seine Haut schien kälter als sonst.
Ich setzte mich auf. „Du hast nichts zu dir genommen.“
Erst dann sah ich den dunklen Schatten um sein gesundes Auge und wie schmal sein Gesicht war. Er war schwach, und das beunruhige mich sehr.
Mit einem eher theatralischen als unbekümmerten Schulterzucken zog er mich wieder zu sich heran. „Ich mochte nicht.“
„Meinetwegen?“ Die Frage war mir herausgerutscht, bevor ich es mir anders überlegen konnte.
Er schien ebenfalls von ihr überrascht zu sein. Wenn er sich besser gefühlt hätte, hätte er mich vielleicht angelogen, aber so nickte er nur nachdenklich. „Es gibt Vorfälle in meiner Vergangenheit … wenn ich darüber nachdenke, vergeht mir der Appetit.“
Cyrus schnupperte an meinem Nacken, als suche er Trost, und ich konnte es ihm nicht verdenken. Ich strich ihm über die Haare und versuchte, das Pochen meines Herzens unter Kontrolle zu bringen. Dieser Kontakt war näher und emotionaler als alle anderen Gelegenheiten, bei denen er mich zuvor berührt hatte. Plötzlich konnte ich mich nicht mehr daran erinnern, warum ich auf ihn böse gewesen war.
Es fühlte sich gut an, ihn so im Arm zu halten. Als ob mich jemand endlich brauchte. Nicht, weil ich Leben retten konnte. Nicht, weil ich endlich die lang gehegten Erwartungen von Eltern erfüllte. Cyrus brauchte mich, weil ich so war, wie ich war.
„Du wolltest mich etwas fragen?“ Er klang schläfrig.
Wollte ich das? Meine Frage fiel mir erst langsam wieder ein. „Genau. Was ist mit Vampir-Silvester?“
Er lachte laut auf. „Wo hast du denn davon gehört?“
„Na, so halt.“
Zu meiner Erleichterung fragte er nicht weiter nach. „Vampir-Silvester ist eine Tradition, die mein Vater ins Leben gerufen hat. Du könntest Spaß haben, wenn du es dir erlauben würdest.“
Cyrus schob mich vorsichtig von seinem Schoß, stand auf und ging zur Gegensprechanlage an der Wand neben der Tür. „Schicken Sie mir Clarence. Sagen Sie ihm, dass ich es mir anders überlegt habe, ich will doch frühstücken.“
Dann gab es ein Geräusch und es folgte ein „Ja, Sir“.
Cyrus lächelte mich an, aber es war klar, dass es ihn angestrengt hatte, überhaupt aufzustehen. Ich wollte aufstehen, um ihm zu helfen, aber er winkte ab. „Also, du willst wissen, was es mit Neujahr auf sich hat?“
Ich war neugierig, aber zugleich war ich sehr besorgt um seinen Gesundheitszustand. „Du hast von Ziggy getrunken. Warum geht es dir so schlecht?“
„Ich habe nicht genug zu mir genommen. Ich wollte dich nicht erzürnen“, sagte er und setzte sich auf das Sofa, indem er sich auf der breiten Holzlehne abstützte. „Wenn du älter wirst, wirst du feststellen, dass du mehr Blut brauchst, damit der Körper funktioniert. Es wird schwierig, wenn du ein oder zwei Tage nichts zu dir nimmst.“
Ich verwandelte mich in die Ärztin zurück. „Wenn du nichts zu dir nimmst, stirbst du daran?“
„Nicht unmittelbar.“ Er machte es sich auf dem Sofa bequem und klopfte mit der flachen Hand auf den Sitz neben ihm. „Aber nach einer Weile wird es ungemütlich.“
Ich setzte mich neben ihn und genoss die Vertrautheit. „Wie viele Tage ist es her, dass du ausreichend getrunken hast?“
„Das letzte
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