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Die Verwandlung

Die Verwandlung

Titel: Die Verwandlung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. M. Sampson
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verbringen, auch wenn sie die nächsten Stunden nichts anderes tun würden, als mir Vorhaltungen über die Gefahren von Alkohol und unverantwortlichem Handeln zu machen. Anfangs zeigte sich mein Dad verständnisvoll. Er meinte, ich wolle vielleicht zusammen mit meinen » Freunden « ins Krankenhaus gehen, um Wache zu halten und mich nach Daltons Zustand zu erkundigen. Ich verneinte das mit der lahmen Ausrede, Krankenhäuser würden mir Angst einflößen. Ich konnte ihm einfach nicht erklären, warum mein Auftauchen dort die schlechteste Idee war seit George Lucas’: » Hey, wie wär’s mit ein paar Prequels? «
    Er glaubte, es ginge mir dabei in erster Linie darum, denUnterricht zu schwänzen, und zwang mich, zur Schulezu gehen. Ich konnte ihm daraus keinen Vorwurf machen.
    Megan stand nicht vor der Tür, als Dawn mich zur Schule fuhr. Natürlich nicht, denn der Unterricht hatte bereits vor zwanzig Minuten begonnen. Ein kurzer Blick auf mein Handy bewies jedoch, dass sie mich auch nicht angerufen hatte. Nach dem, wie besorgt sie sich in den letzten Tagen, was mich betrifft, benommen hatte– nachdem sie miterlebt hatte, wie ich mich in eine Art Mädchen verwandelt hatte, wie sie sie mit jeder Faser ihres schlaksigen Selbst verabscheute–, und nachdem sie das von Dalton gehört hatte, hätte sie sich doch sicher bei mir gemeldet. Dass sie das nicht getan hatte? Ich hatte keine Ahnung, was das bedeutete, doch in ihrem Fall musste ich annehmen, dass sie sauer auf mich war. Willkommen im Klub.
    » Also gut, ich hole dich direkt nach der Schule hier ab. « Gegen das Lenkrad gelehnt betrachtete Dawn mich mit einem ernsten Blick, den ich so nicht von ihr kannte.
    Ich griff nach meinem Rucksack, den ich zwischen meine Knie genommen hatte, öffnete die Tür– und zögerte. » Es tut mir wirklich leid « , sagte ich, ohne mich umzudrehen.
    Einen Moment lang blieb sie still. Dann meinte sie schließlich: » Ich war wirklich, wirklich, wirklich besorgt um dich, Mensch! «
    » Ich weiß, ich… «
    » Tu das einfach nie wieder. Ich möchte dir helfen, dich aus deiner Schale zu befreien und so, aber nicht, wenn das bedeutet, dass du mich die ganze Nacht lang in dem Glauben lässt, du wärst tot. «
    Ich drehte mich mit einem schwachen Lächeln zu ihr um, das sie nicht erwiderte. » Werde ich nicht, versprochen. «
    Sie räusperte sich und schaute weg. » Okay. Also, gleich nach der Schule. Ich muss jetzt nach Hause und mich ein bisschen hinlegen. «
    » Okay. « Den Rucksack gegen die Brust gepresst musterte ich die Schule. Die gemauerten Gebäude lagen ruhig da, erschienen beinahe leer zu sein. Der Himmel war mattgrau– wie so oft am Morgen–, und der kalte Wind blies durch die hohen Tannen, die die Schule umgaben. Auf der anderen Seite des Parkplatzes standen die Übertragungswagen, von denen einige am Aufbrechen waren, während andere ihre Kameras gerade erst aufbauten. Die Reporterin, die am Morgen im Fernsehen gewesen war, sprach mit einem dampfenden Kaffee in der Hand mit ihrem Kameramann und lachte. Neben der Eingangstür lehnten Blumen und Teddybären an einem mit Bändern verzierten Pfosten. An der Steinmauer waren Bilder von Emily C. und Dalton aus dem letzten Schuljahr befestigt worden. Beide sahen so glücklich aus. Vielleicht würde wenigstens Dalton die Chance erhalten, ein neues Foto machen zu lassen.
    Ich ging ins Sekretariat und gab der Sekretärin ein Schreiben meines Vaters. Sie notierte etwas in ihr dickes Buch und schickte mich los. Hinter ihr stand die Schulleiterin mit ihrer Stellvertreterin. Beide Frauen nickten ernst, während sie mit zwei Männern sprachen, von denen ich aufgrund der Dienstmarken an ihren Gürteln annahm, dass sie von der Polizei waren. Ich ließ mir beim Durchschreiten der ruhigen, leeren Gänge, die zu meinem Spind führten, Zeit. Die erste Stunde war schon halb vorüber, und das Letzte, was ich wollte, war, hineinzuplatzen und mich von allen anstarren zu lassen. Ich schloss meinen Rucksack ein und wanderte an Spinden und halb leeren Klassenzimmern vorbei, wo die Jugendlichen, die Dalton nicht nahestanden oder deren Eltern nicht überfürsorglich genug waren, um sie zu Hause zu lassen, dasaßen und sich mit Lesen, Schreiben und Arithmetik befassten. Ich blieb vor Zimmer 113 stehen. Mr. Woods Englischkurs. Megans erste Stunde. Ich weiß nicht, wie lange ich dastand, bis die Glocke ertönte. Dann zog ich mich mehr oder weniger in Richtung der Spinde neben der Tür zurück, die Augen

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