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Die Verwandlung

Die Verwandlung

Titel: Die Verwandlung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. M. Sampson
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eigene Wunde– die an meinem Bein– ebenfalls verschwunden war. Meine Augen wanderten zur Brust des Jungen hinauf, bevor sie wieder zu seiner Taille zurückglitten. Ich hielt inne und schaute mit brennenden Wangen sofort wieder nach oben, zum Gesicht des Jungen. Dieser rieb sich mit der Hand die Augen und blinzelte.
    Es war Spencer. Der dämliche, kleine, stets so nette Spencer. Er zog verwirrt seine buschigen Augenbrauen zusammen, dann lächelte er und sagte: » Hi, Em Dub. «
    » Hi « , flüsterte ich. Als ich noch einmal über die vergangene Woche nachdachte, kam ich mir dumm vor, weil ich nicht früher darauf gekommen war. Als ich in der Cafeteria zum ersten Mal die Witterung des anderen Werwolfs aufgenommen hatte, war Spencer da gestanden und hatte mir eine Einladung gegeben. Er war auch auf Mikey Harris’ Party gewesen, und der Duft war mit ihm verschwunden, als er gegangen war, um hinter Dalton und Nikki herzujagen– zwei Leute, die er niemals eingeholt hatte, denn ebenso wie ich hatte er sich in jener Nacht verwandelt. Er war in die Wälder gelaufen, und ich war als betrunkene Wölfin hinter ihm her gehetzt.
    Ich hatte so viel Zeit damit verbracht, mich auf den süßen neuen Jungen zu konzentrieren, dass ich nicht ein einziges Mal innegehalten hatte, um in Betracht zu ziehen, dass der Duft möglicherweise überhaupt nicht von ihm ausging. Patrick war niemals der Richtige gewesen; darum hatte er in dem Lebensmittelladen auch nicht wie der Gefährte der Wölfin in mir gerochen. Nicht etwa, weil er der Mörder war.
    Spencer schaute sich im Garten um, und sein Blick verharrte bei der Leiche des Mörders. Er starrte ganz entgeistert, und ein Teil von mir wünschte sich, dass er von dem fürchterlichen Blutbad, das wir angerichtet hatten, wegsehen und mich wieder anlächeln würde. Ich fand, er hatte ein süßes Lächeln. Ein nettes breites Lächeln, das sein Gesicht erhellte und ihn freundlich und unschuldig erscheinen ließ.
    » Er ist tot « , sagte Spencer schlicht.
    » Ja. Wir… wir haben ihn letzte Nacht getötet. Wir… « Ich schluchzte kurz auf und musste mir auf die Lippen beißen. Plötzlich traf mich die Tragweite dessen, was geschehen war, mit voller Wucht. Schließlich und endlich war ich ein Monster. Eine bösartige Kreatur, wie ich sie aus Filmen und Büchern kannte.
    » Hey « , sagte Spencer leise. Er setzte sich auf und strich mir mit dem Finger übers Gesicht, um eine Träne wegzuwischen. » Nicht weinen. Wir mussten es tun, verstehst du? Er war hinter uns her. Wir mussten einander beschützen. «
    Ich hielt die Tränen zurück und sah in seine freundlichen braunen Augen. Er lächelte wieder; nicht das breite energische, sondern ein schmales beruhigendes Lächeln. In mir begann es zu kribbeln, und ich ergriff seine Hand. In einer Million Jahre hätte ich nicht für möglich gehalten, dass ich mich als die ganz normale Emily Webb traute, so etwas zu tun. Einem Jungen derart nah sein zu können, ohne mich in eine nervöse Quasselstrippe zu verwandeln. Doch mit Spencer zusammen zu sein, fühlte sich richtig an. So, als ob wir zusammengehörten. Und er hatte » wir « gesagt. Ich war nicht allein. Auch wenn Emily Cooke für immer gegangen war und Dalton weiß Gott wie lange im Krankenhaus bleiben müsste. Ich hatte jemanden gefunden, der so war wie ich, jemanden, der genau wusste, wie mein Leben letzte Woche ausgesehen hatte. Jemanden, mit dem ich über alles reden konnte, ohne irgendwelche Geheimnisse zu haben. » Spencer « , sagte ich. » Wie lange… weißt du das von mir schon? Weißt du, warum wir so sind? «
    Er schüttelte den Kopf, und sein langer Pony fiel ihm in die Augen. » Keine Ahnung « , entgegnete er. » Nachdem ich deine Verwandlung letzte Nacht miterlebt habe, hatte ich irgendwie gehofft, dass du über all das Bescheid wüsstest. «
    Das rang mir ein Lachen ab. » Ja, das Gefühl kenne ich. Es gibt so vieles, worüber ich reden möchte. Das Ganze kommtmir vor, als wären wir in einem Film oder so. Gleich setzt garantiert sanfte Musik ein, während der Abspann läuft. «
    » Ja « , meinte er. Er stand auf und stemmte die Hände in seine nackten Hüften. » Wir müssen uns überlegen, was wir mit ihm machen. Vielleicht… « Mit großen Augen blickte er an sich herunter. Sofort schossen seine Hände nach unten, um seinen entblößten Schritt zu bedecken, und er drehte sich von mir weg.
    Ich erhaschte einen Blick auf etwas mehr, als ich hätte sehen sollen, und eine Hälfte

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