Die Verwöhnungsfalle - für eine Erziehung zu mehr Eigenverantwortlichkeit
sondern im Kontakt mit ihnen werden auch die entsprechenden Verwöhn-Vorschäden deutlich. So kumulieren und ergänzen sich Verwöhnen und Verwöhnt-werden-wollen zu einem wirkungsvollen Gesamtgeschehen.
Viele tragen so zur ›unerträglichen Leichtigkeit des Seins‹ in Gestalt der Verwöhnung bei, immer mit der Folge einer Reduzierung von Fähigkeiten und Verantwortungsübernahme für das eigene Leben. Dass sich dies in der Gesellschaft auch unter den Gesichtspunkten ›Wirtschaftsstandort Deutschland‹ und ›Sozialstaat‹ äußerst negativ auswirkt, ist selbstredend. Diese gesamtgesellschaftlichen Zusammenhänge werden ansatzweise von immer mehr Menschen erkannt. Eine Kurskorrektur scheitert jedoch häufig am fehlenden Mut von selbst durch Verwöhnung gezeichneten Zeitgenossen in erzieherischer oder politischer Verantwortung. 25 Denn wer gefallen und im Mittelpunkt stehen möchte, um eine Position nicht zu verlieren oder wiedergewählt zu werden, verwöhnt lieber, als die nötigen Konsequenzen zu verdeutlichen und für ihre Einleitung Sorge zu tragen. Jene Erzieher, Institutionsleiter oder Politiker jedoch, die sich der übernommenen Verantwortung stellen, befinden sich häufig ohne unterstützende Partner und können von daher wenig ausrichten.
Der Kindergarten-Beitrag zur Verwöhnung
Unter der Aufsicht des Staates und gefördert durch öffentliche Gelder bringen Kindergärten kräftig ihren Part ins breit besetzte Konzert der Verwöhnung ein. Hier ist es Bequemlichkeit, dort Gedankenlosigkeit oder Angst vor möglichen Konflikten, wo deutlich Position zu beziehen wäre. Vermeidung von Klarheit im Umgang mit Eltern und Kindern wäre die entsprechende Verwöhnkategorie. Dazu bietet der Alltag viele Situationen. Kindergärten, die Geburtstage regelmäßig mit Kuchen und anderen Süßigkeiten am Vormittag herausheben, verwöhnen, indem sie eine gesunde Entwicklung behindern und gleichzeitig vermitteln, dass ›Feiern und der Verzehr von süßen Speisen‹ eine Einheit bilden. Übervolle Spielecken, die Kreativität tötende Gesamtausstattung, fehlende Deutlichkeit beim Heranführen zur Mitverantwortung für Ordnung und Sauberkeit oder bei Streitereien vorschnell Konfliktlösungen einbringen, verwöhnen ebenso wie das Herstellen eines Muttertag-Geschenks, bei welchem die schwierigsten Handgriffe von Erzieherinnen gemacht werden, nur damit ein ansehnliches Etwas daraus wird. Wenn nicht regelmäßig klargemacht wird, dass die Mitbeteiligung der Eltern an den Kindergartenkosten in Bezug zu den Gesamtkosten minimal ist, wird einer Anspruchshaltung Vorschub geleistet, welche sich dann auch als fehlende Mitwirkungsbereitschaft bei kleineren Aktionen äußern wird.
Auch im Umweltbereich findet Verwöhnung statt. Ein übermäßiger Gebrauch von Trinkwasser bei Waschvorgängen bereitet nicht auf die weltweite Verknappung dieses Lebensmittels vor. Das Fehlen von gelben Wertstofftonnen, verbunden mit nicht durchgeführter Mülltrennung, drückt aus, dass wir für den Notfall doch noch eine Reservewelt in petto haben. Ausbleibende Absprachen mit den Eltern zur Art und Verpackung von Speisen und Getränken zum Kindergartenfrühstück fördern eine ungesunde Ernährung und produzieren Wohlstandsmüll. Inkonsequenz im pädagogischen Alltag ist ein weiteres Indiz für eine lebendige Verwöhnpraxis.
Können sich Eltern längerfristig, ob durch Unverbindlichkeit oder erklärten Zeitmangel, einem täglichen Minimalkontakt mit dem Kindergartenpersonal folgenlos entziehen, findet Elternverwöhnung statt. Werden wichtige Erziehungsthemen wie beispielsweise das der Verwöhnung nicht bei Elternabenden aufgegriffen, bleiben grundlegende Aspekte des Auftrages von Kindertagesstätten auf der Strecke. Gleichzeitig führt ein Ausbleiben von deutlichen Rückmeldungen zu störendem Verhalten der Kinder zu einer Behinderung ihrer Entwicklung. Denn: Alles, was nicht der Förderung von Sozialverhalten, Selbstbewusstsein und Handlungskompetenz dient, verhindert Zukunft durch Verwöhnung.
Verwöhnung als Lehrfach in der Schule
Ein Kongress in Düsseldorf brachte innerhalb eines Podiums-Statements zum Thema »Verwöhnte Schüler treffen auf verwöhnende Schule« das Problem auf den Punkt: »Verwöhnung in der Schule beginnt, wo auf das Verwöhntsein der Schüler nicht reagiert wird bzw. die Schule selbst Verwöhnstrukturen zulässt und/oder schafft.« Daher sind einerseits die Schülerinnen und Schüler und andererseits das ganze System Schule
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