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Die Verwöhnungsfalle - für eine Erziehung zu mehr Eigenverantwortlichkeit

Die Verwöhnungsfalle - für eine Erziehung zu mehr Eigenverantwortlichkeit

Titel: Die Verwöhnungsfalle - für eine Erziehung zu mehr Eigenverantwortlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kösel-Verlag <München>
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Schritte zu mehr Anerkennung und Beachtung notwendig. Erreicht werden kann dieses Ziel durch das Erbringen positiver Beiträge für die Gemeinschaft. Schon nach kurzer Zeit wird die ursprüngliche negative Position nicht mehr existent sein, denn alles, was gut für andere ist, wirkt sich zwangsläufig auch förderlich auf den Initiator der Verbesserung aus. So werden Fehlentwicklungen abgebaut, persönliche Mängel ausgeglichen und neue Zugänge für ein optimierteres Zusammenleben geschaffen. Damit wird auch eine Grundvoraussetzung zur Erlangung von erzieherischer Kompetenz erbracht. Die damit einhergehende Erweiterung innerer Grenzen durch aktiv erbrachte Vorleistungen lässt dann auch wieder neue Motivation gegenüber den Aufgaben des Lebens entstehen.
    Zur Vergegenwärtigung: Ein Ich entsteht durch Ansprache und Anrede, die der leib-seelische Organismus im Kontakt mit wichtigen Bezugspersonen und im mitmenschlichen Milieu insgesamt findet. So entwickelt sich ein Ich gleichsam im Dialog mit anderen Ichs. Gegenseitig rufen sie sich so ins Leben. Die positiven oder negativen Konturen dieser Begegnungen eines Ichs mit unterschiedlichen Dus ergeben die Basis für ein Wir. Zeitlebens werden uns diese Ur-Erfahrungen prägen. Auf diesem Hintergrund ist die frühzeitige Fremdversorgung von Säuglingen und Kleinstkindern sehr kritisch zu betrachten, weil so das nach Zuwendung in einer verlässlichen Primär-Beziehung rufende Kleinkind auf dem Weg der Entwicklung eines stabilen Selbst reichlich Brüchen und Irritationen ausgesetzt ist. 81 »Wo das Ich durch Erziehungseinflüsse reduziert wird, tritt an seine Stelle das Spiel einer Rolle.« 82
    Eine Entwicklungsstörung ist der Narzissmus. Er drückt sich in einer übersteigerten Selbst-Suche, letztlich in der Selbst-Sucht aus. In allen sozialen Kontakten wirken sich die Folgen eines solchen Egoismus bzw. Egozentrismus aus. Auf Dauer werden solche Menschen gemieden und isoliert. Ein Ausweg wird dann in der Selbstgefälligkeit gesehen, frei nach der Devise ›Wenn mir schon niemand Beachtung schenkt, dann mache ich dies umso mehr‹. Dieses permanente Auf-sich-bezogen-Sein führt auch dazu, Gefühle, Nöte oder Bedürfnisse von anderen gar nicht mehr wahrzunehmen. Ebenso entwickelt sich eine immer umfassender werdende ›Blindheit‹ gegenüber Sachzusammenhängen oder sich ankündigenden Ereignissen. Viele Erziehungskonflikte, Beziehungsstörungen, Berufsprobleme oder Selbstverwirklichungsambitionen haben dort ihren Ursprung. ›Rote Karte für Autisten‹, so könnten die Ausführungen von Reinhart Lempp in seinem Buch Die autistische Gesellschaft über das Verlorengehen von Verantwortlichkeit für andere in einer ich-zentrierten Gesellschaft überschrieben werden.
    Besonders Mütter neigen zu ich-bezogenem Erziehungsverhalten, klammern sich an den eigenen Nachwuchs, weil so mögliche Entbehrungen in Kindheit und/oder Partnerschaft ausgeglichen werden sollen. In seinem Aufsatz »Das nervöse und schwer erziehbare Kind« führt der Individualpsychologe Kurt Seelmann aus: Da die strenge Erziehung häufig in den Händen des Vaters liegt, versuchen Mütter, »besonders solche, die selbst unter dieser Autorität leiden, unbefriedigt und unbeschäftigt sind, gewöhnlich das Gegenteil: Sie wollen milde sein und verwöhnen das Kind« 83 . Durch ein Agieren aus dem eigenen Mangel heraus wird besonders Kindern der Aufbau eines realistischen Selbstbildes verwehrt, was wiederum zur Entmutigung dem Leben insgesamt gegenüber führt.
    Alle, die ihren Aufgaben in Erziehung, Partnerschaft, Beruf und Freizeit besser gerecht werden wollen, müssen sich der Aufarbeitung eigener Defizite stellen. Denn nur ein stabiles Selbst ist in der Lage, gute Voraussetzungen für ein störungsarmes Miteinander zu erreichen bzw. bei anderen zur Selbstwerdung beizutragen. Fünf Leitfragen sollen diesen nicht einfachen, aber Erfolg versprechenden Weg zu mehr Eigenständigkeit und Selbstverantwortung erleichtern:
    ❯ Was will ich – will ich wirklich?
    ❯ Durch was könnten andere Menschen bei der Verwirklichung gestört werden?
    ❯ Was könnten andere Menschen von mir erwarten? Welche Bedeutung hat für mich das Zusammenleben in Gemeinschaften?
    ❯ In welchem Ausmaß und an welchen Punkten sollte/müsste ich daher meine Ziele korrigieren?
    ❯ Welche Hilfen könnte ich bei meinen Vorhaben durch andere Menschen oder Institutionen erfahren?
    Ein solch suchendes Freilegen des eigenen Selbst bzw. des

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