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Die vierte Hand

Die vierte Hand

Titel: Die vierte Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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effektvoll ausschlachten - sie waren ungefähr so alt wie Collegestudenten. Sie befanden sich mitten in dem ständig größer werdenden Kerosinteppich, und um sie herum kamen Wrackteile, Einkaufstüten und Leichenteile an die ölige Oberfläche. Sie trugen allesamt Handschuhe, während sie dies und das aus dem Wasser fischten. Ihr Gesichtsausdruck war, nach den Worten von Sabina, »unbezahlbar«. Mary holte das Letzte aus ihrem Schlußkommentar heraus. »Die wichtigen Fragen bleiben unbeantwortet«, sagte Ms. Shanahan knapp. Sie trug ein Kostüm, das Patrick noch nie gesehen hatte, etwas Marineblaues. Das Jackett war, taktisch klug, geöffnet, desgleichen die beiden oberen Knöpfe ihrer blaßblauen Bluse, die stark einem Männerhemd ähnelte, nur daß sie seidiger war. Diese Kleidung würde ihr Markenzeichen werden, vermutete Wallingford.
    »Ging der Absturz des ägyptischen Passagierflugzeuges auf einen terroristischen Akt, ein technisches Versagen oder einen Pilotenfehler zurück?« fragte Mary sehr pointiert.
    Ich hätte die Reihenfolge umgekehrt, dachte Patrick -»terroristischer« Akt hätte eindeutig als letztes kommen müssen.
    Die Schlußeinstellung zeigte nicht Mary, sondern die trauernden Hinterbliebenen im Foyer des ›Ramada Plaza‹; die Kamera griff kleine Grüppchen von ihnen heraus, während Marys Kommentar mit den Worten »So viele Menschen wollen es wissen« schloß. Alles in allem waren die Einschaltquoten wohl gut; Wallingford wußte, daß Wharton zufrieden sein würde - nicht, daß Wharton wußte, wie er seine Zufriedenheit zum Ausdruck bringen sollte.
    Als Mrs. Clausen anrief, war Patrick gerade aus der Dusche gekommen. »Zieh dir was Warmes über«, ermahnte sie ihn. Zu seiner Überraschung rief sie von der Eingangshalle aus an. Am anderen Morgen würde er Zeit haben, den kleinen Otto zu sehen, sagte Doris. Jetzt sei es Zeit, zu dem Spiel zu gehen; er solle sich mit dem Anziehen beeilen. Was er, weil er nicht wußte, was ihn erwartete, auch tat.
    Es erschien ihm zu früh, um zu dem Spiel aufzubrechen, aber vielleicht war Mrs. Clausen gern zeitig da. Wallingford verließ sein Hotelzimmer und nahm den Fahrstuhl zur Eingangshalle, wo sie ihn erwartete; es kränkte seinen Stolz nur geringfügig, daß keiner seiner Medienkollegen ihn aufgespürt und gefragt hatte, was Mary Shanahan gemeint hatte, als sie Millionen von Menschen verkündete: »Patrick Wallingford ist nicht mehr bei uns.«
    Bestimmt waren schon die ersten Anrufe beim Sender eingegangen; Wallingford konnte nur darüber spekulieren, wie Wharton damit umging; vielleicht war aber auch Sabina dafür zuständig. Sie sagten nicht gern, daß sie jemanden gefeuert hatten - daß jemand gekündigt hatte, gaben sie ebenso ungern zu. Normalerweise fanden sie irgendeine verquaste Formulierung, so daß kein Mensch genau wußte, was eigentlich passiert war.
    Mrs. Clausen hatte die Sendung gesehen. Sie fragte Patrick: »Ist das die Mary, die nicht schwanger ist?«
    »Das ist sie.«
    »Dachte ich's mir doch.«
    Doris trug ihren alten Green-Bay-Packers-Parka, den sie auch angehabt hatte, als Wallingford sie kennenlernte. Beim Fahren hatte sie die Kapuze nicht auf, aber Patrick konnte sich vorstellen, wie ihr kleines hübsches Gesicht wie das eines Kindes darunter hervorlugte. Und sie hatte Jeans und Laufschuhe an, genau das gleiche also wie in der Nacht, in der die Polizei ihr mitgeteilt hatte, daß ihr Mann tot war. Wahrscheinlich trug sie auch ihr altes Packers-Sweatshirt, obwohl Wallingford nicht sehen konnte, was sie unter dem Parka anhatte.
    Mrs. Clausen war eine gute Autofahrerin. Sie sah Patrick kein einziges Mal an - sie redete nur von dem Spiel. »Bei manchen Four-Two-Teams kann alles passieren«, erklärte sie. »Wir haben die letzten drei Montagabendspiele hintereinander verloren. Ich glaube nicht, was alle sagen. Es spielt keine Rolle, daß Seattle seit sieben Jahren nicht mehr montagabends gespielt hat oder daß ein Haufen Seahawks überhaupt noch nie im Lambeau Field gespielt haben. Ihr Trainer kennt Lambeau - und unseren Quarterback kennt er auch.«
    Der Quarterback von Green Bay war wohl Brett Favre. Wallingford hatte im Flugzeug Zeitung gelesen (nur den Sportteil). So hatte er auch erfahren, wer Mike Holmgren war - früher Trainer der Packers, heute Trainer der Seahawks. Das Spiel war für Holmgren, der in Green Bay sehr beliebt gewesen war, eine Heimkehr.
    »Favre wird verkrampfen. Darauf können wir uns verlassen«, sagte Doris.

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