Die vierte Schlinge: Thriller (German Edition)
Blicke, und sie hörte mit einem Ohr den Kommentar, jetzt würde man doch allzu gern Mäuschen spielen. Großartig, Kingsley hatte wahrscheinlich herausgefunden, dass sie selber ein axtschwingender irrer Mörder sei.
Sie klopfte an Garnetts Tür.
34
G arnett kam hinter dem Schreibtisch hervor, als Diane sein Büro betrat. »Diane. Bitte setzen Sie sich.« Er deutete auf den Konferenztisch, als er sich einen Stuhl heranzog. Diane holte sich ihrerseits einen Stuhl und setzte sich an die andere Seite des Tisches. Er formte mit den Händen ein Dreieck und schien sich ausgesprochen unwohl zu fühlen.
»Diane, ich möchte nicht, dass Sie das jetzt falsch auffassen.«
»Douglas, ich bin stolz darauf, die Dinge immer richtig aufzufassen.«
Einen Moment lang schwieg er verblüfft. Er schaute Diane an, als ob hinter ihrer Aussage eine kodierte Botschaft verborgen sei. Vielleicht war es aber auch die Tatsache, dass sie ihn zum ersten Mal mit Vornamen angeredet hatte. Aber er benahm sich nun einmal wie ein Schuldirektor, der einen seiner Schüler zu sich bestellt hatte, und sie war entschlossen, ihm stattdessen von gleich zu gleich zu begegnen.
»Ja, natürlich. Es ist mir zu Ohren gekommen …« Er machte eine Pause.
Es war ihm zu Ohren gekommen. Dieser Satz klang ihr irgendwie vertraut. Hatte ihn nicht der Bürgermeister damals bei seinem Gespräch mit ihr benutzt? Vielleicht schien er sich deswegen so unbehaglich zu fühlen.
»Erscheinung und Auftreten sind äußerst wichtig.«
Okay, dachte sie, habe ich nicht genug Make-up aufgelegt … oder gar zu viel?«
»Sicher, Erscheinung und Auftreten sind wichtig, nebst vielen anderen Dingen. «
»Ich meine damit etwas ganz Bestimmtes. Wenn Sie in den Zeugenstand treten, müssen Sie nicht nur über jeden Verdacht erhaben sein, sondern auch so erscheinen.«
»Wie Cäsars Frau.«
»Wer?«
»Vergessen Sie’s. Was genau möchten Sie mir damit sagen?«
»Strafverteidiger suchen im Interesse ihres Mandanten nach dem kleinsten Anzeichen von ungebührlichem Verhalten, um den Charakter eines Zeugen in Zweifel zu ziehen.«
»Einige machen das. Worauf wollen Sie hinaus?«
»Es ist mir zu Ohren gekommen, dass Sie …«, Garnett schien nach den richtigen Worten zu suchen, »… mit Männern ausgehen, die halb so alt sind wie Sie.«
Diane warf den Kopf zurück und lachte – was wiederum Garnett äußerst verwirrte. Er sah sie stirnrunzelnd an. Sie wusste nicht, wo sie mit ihrer Erwiderung auf eine solch idiotische Aussage beginnen sollte.
»Ich will mich erst gar nicht zur Ansicht äußern, dass es den Charakter einer Frau in Zweifel ziehen soll, wenn sie mit einem jüngeren Mann ›ausgeht‹. Ich möchte hier nur etwas zum Wahrheitsgehalt dieser Unterstellungen sagen. Frank Duncan ist zwei Jahre älter als ich. Nun bin ich mir dessen bewusst, dass mein langer Aufenthalt im Dschungel zu etlichen Falten in meinem Gesicht geführt hat, die ich lieber nicht hätte. Dennoch, Douglas, glaube ich nicht, dass ich schon wie achtzig aussehe.«
Garnett öffnete den Mund, schloss ihn und öffnete ihn dann wieder. »Ich meine ja gar nicht Frank.«
»Er ist der einzige Mann, mit dem ich ›ausgehe‹.«
»Man hat Sie bei einem romantischen Dinner mit einem sehr viel jüngeren Mann gesehen, der darüber hinaus auch noch für Sie arbeitet.«
Garnett lehnte sich im Stuhl zurück. Ihm war anzusehen, dass er durchaus wusste, wie lächerlich es war, sie wegen einer solch nebulösen Sache in sein Büro zu bestellen. Sie konnte sich andererseits vorstellen, wie man ihn von dieser Sache informiert hatte. Wahrscheinlich hatte sie Izzys Boss als mannstolle Schlampe hingestellt, die ihren Untergebenen schöne Augen macht.
»Definieren Sie bitte, was Sie unter romantisch verstehen«
»Na ja, romantisch, Kerzenlicht …«
»Ich glaube, ich verstehe jetzt, wie das Ganze entstanden ist. Ich aß mit einem der Geologen zu Abend, die in meinem Museum arbeiten. Wir gehören demselben Höhlenforscherklub an und besprachen eine Höhlenbegehung. Dieses Gespräch fand im öffentlichen Restaurant des Museums statt. Es liegt ganz in der Nähe meines Büros, und ich besuche es deshalb ziemlich häufig. Abends stehen dort auf allen Tischen Kerzen. Es kam mir eigentlich bisher nie in den Sinn, sie auszublasen, denn dann hätte ich im Dunkeln gesessen.
Eine Woche früher hätte Ihr Informant mich sogar bei einem Kerzenlicht-Dinner mit meinem Chefkonservator beobachten können, der etwa genauso alt ist wie der
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